Bayrou verliert Vertrauensfrage: Französische Regierung muss zurücktreten | ABC-Z

Die französische Nationalversammlung hat am Montagabend in Paris der Minderheitsregierung von Premierminister François Bayrou das Vertrauen verweigert. Nur 194 Abgeordnete gaben ihm ihre Stimme, 364 sprachen ihm das Misstrauen aus. Der 74 Jahre alte Regierungschef muss nun laut Verfassung den Rücktritt seiner Regierung einreichen.
Bayrou hatte vor dem Votum des Parlaments seinen politischen Kurs und seine Sparpolitik in einer 44 Minuten langen Rede verteidigt. „Das größte Risiko bestand darin, kein Risiko einzugehen, die Dinge unverändert weiterlaufen zu lassen, Politik wie gewohnt zu betreiben, ohne die notwendigen mutigen Entscheidungen zu treffen, bis das Unwiderrufliche eintritt und wir am Abgrund stehen“, sagte er. An die Abgeordneten, die ihm später nicht das Vertrauen aussprachen, richtete er: „Sie haben die Macht, die Regierung zu stürzen, aber Sie haben nicht die Macht, die Realität auszulöschen.“ Diese werde unerbittlich bleiben, „die Ausgaben werden weiter steigen, und die ohnehin schon unerträgliche Schuldenlast wird immer schwerer und immer teurer werden.“
Bis der französische Präsident Emmanuel Macron einen neuen Premierminister nominiert und mit der Regierungsbildung beauftragt hat, bleibt die Regierung geschäftsführend im Amt. Aus dem Elysée-Palast hieß es, der Präsident wolle „schnell“ vorankommen. Bereits am Mittwoch droht das Land durch eine Protestwelle unter dem Motto „Alles blockieren“ lahmgelegt zu werden. Für die kommende Woche haben Gewerkschaften zu Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen aufgerufen. Damit wollen sie gegen geplante Kürzungen und Einsparungen protestieren.
Vorgezogene Wahlen schließt Macron aus
Es ist bereits das fünfte Mal, dass Macron seit seiner Wiederwahl im Frühjahr 2022 die Regierungsspitze neu besetzen muss. Bayrou hat die Vertrauensabstimmung selbst erzwungen, weil er sich eine parteiübergreifende Zustimmung zu seiner Sparpolitik wünschte. Doch er verfehlte die erforderliche Mehrheit von 280 Stimmen. Sozialisten, Grüne, Kommunisten und die Abgeordneten der Linkspartei LFI verweigerten ihm das Vertrauen. Auch die Rechtspopulisten um ihre Fraktionsvorsitzende Marine Le Pen stimmten gegen die Sparvorhaben der Minderheitsregierung. Le Pen hofft auf Erfolg in ihrem am 13. Januar 2026 beginnenden Berufungsprozess im Strafverfahren um veruntreute EU-Steuergelder in Millionenhöhe, um bei den nächsten Wahlen antreten zu können.
Macron hat ausgeschlossen, die Nationalversammlung aufzulösen und vorgezogene Wahlen einzuberufen. Nach der Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen im vergangenen Jahr hatte er überraschend das Parlament aufgelöst. In der Wahl verlor das Regierungslager die Mehrheit. Seitdem ist die Nationalversammlung in drei Blöcke gespalten: die Rechtspopulisten, das linksgrüne und das Regierungslager. Umfragen zufolge dürften sich die Mehrheitsverhältnisse bei möglichen Neuwahlen nicht wesentlich ändern.