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Bayerns Grüne wählen Jamila Schäfer und Toni Hofreiter als Spitzenkandidaten – Bayern | ABC-Z

Bayerns Grüne ziehen zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren mit einem neuen Gesicht an der Spitze in den Bundestagswahlkampf. Am Samstag wählten die Delegierten im oberfränkischen Hirschaid die Münchnerin Jamila Schäfer mit knapp 90 Prozent auf den Listenplatz 1. Die 31-Jährige hatte bei der Bundestagswahl 2021 als erste und einzige bayerische Grüne ein Direktmandat geholt. Sie zählte die Erfolge der Grünen in der Bundesregierung auf, die „mit sehr vielen Gesetzen das Leben der Menschen millionenfach besser gemacht“ hätten. Sie kritisierte „manche Populisten“, die einen Weg versprächen „zurück in eine Zeit, die es nie gegeben hat“. Die Grünen dagegen wollten den Menschen den „Glauben zurückgeben, dass es morgen ein bisschen besser sein kann, als es heute ist“.

Schäfer folgt auf Claudia Roth, die seit 2002 insgesamt sechsmal die bayerischen Grünen anführte, der erste Listenplatz ist einer Frau vorbehalten. Die wahrscheinlich Bunteste aller Grünen ist seit vielen Jahren Abgeordnete, zunächst im Europaparlament und dann im Bundestag, sie war Bundestagsvizepräsidentin, Parteivorsitzende und ist gerade Kulturstaatsministerin. Mit 69 Jahren verzichtete sie nun auf die erneute Bewerbung als Spitzenkandidatin, will aber auf Platz 3 ins Parlament einziehen. Den bekam sie auch, fast 92 Prozent der Delegierten stimmten für Roth.

Emotional wie immer warb sie in ihrer Rede für Gerechtigkeit, für Menschlichkeit und für Anstand in der Politik. „Ich möchte in einem Land leben, in dem die Unverletzlichkeit der Menschenwürde und das Grundrecht auf Asyl moralischer Imperativ sind“, sagte sie. CSU-Chef Markus Söder nannte sie einen „Brandbeschleuniger mit seiner pathologischen Hetze gegen uns Grüne“ – der warb unterdessen beim CSU-Parteitag in München für einen politischen Neuanfang ohne die Grünen. Roth kritisierte ihn scharf für seinen Kniefall in Warschau vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos. Bei ihm verkomme die große historische Geste von Willy Brandt zu einem „Social-Media-Funfact“. Dafür wurde sie von den Delegierten gefeiert.

Anton Hofreiter, 54, der schon dreimal im Duo mit Roth als Spitzenkandidat angetreten ist, wollte nicht ebenfalls weichen und setzte sich im Vorfeld gegen Dieter Janecek durch, der intern in Oberbayern gegen ihn angetreten war. Die Reihungen in den Bezirken gelten als wichtige Vorentscheidungen für die Landesliste. Janecek scheiterte und erhielt auch keinen anderen vorderen Platz, so dass er sich nun darauf konzentrieren wolle, das Direktmandat im Stimmkreis München-West/Mitte zu holen, das er bei der Bundestagswahl 2021 um 137 Stimmen knapp dem CSU-Mann Stephan Pilsinger überlassen musste.

Hofreiter, der parteiintern durchaus umstritten ist, etwa weil er früh Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert hatte, erhielt für seine Bewerbungsrede heftigen Beifall und wurde mit ebenfalls knapp 90 Prozent Zustimmung auf Listenplatz 2 gewählt. Auch er betonte die Erfolge der Grünen in der Bundesregierung und griff die CSU an, die jahrelang den Verkehrsminister im Bund gestellt habe und jetzt über die Unpünktlichkeit der Bahn klage. Deutlich kritisiert er auch „die Faschisten von der AfD und die Stalinisten vom BSW“. Diese „Gruppe von Landesverrätern“ wolle er nicht im Parlament haben.

Die Stimmung bei vielen Grünen-Delegierten steigt zurzeit, die Partei verspürt wieder mehr Zuspruch. Der BR-Bayerntrend sah die Grünen zuletzt bei 13 Prozent Zustimmung, das liegt nur knapp unter dem Bundestagswahlergebnis von 2014 und deutlich über anderen Umfragen jüngerer Zeit. „Wir werden so stark werden wie noch nie“, prophezeite gar die Landesvorsitzende Eva Lettenbauer. 24 000 Mitglieder hätten die Grünen in Bayern, so viele wie noch nie. Und noch nie habe es so viele Neueintritte gegeben wie in jüngster Zeit, sagte Kanzlerkandidat Robert Habeck, der nicht persönlich in Hirschaid war, aber per Film für sich und die grüne Politik warb.

Er kritisierte die Union, die die Klimaziele lieber verschieben als ernst nehmen wolle und betonte die Bedeutung der deutschen Außenpolitik. „Die Antwort auf America first ist nicht Germany first, sondern Europa united“, sagte Habeck. Es sein an der Zeit für die Grünen, mit Selbstbewusstsein und der Überzeugungskraft der Argumente auf die Leute zuzugehen. „Die Menschen warten darauf, dass ihnen ein Angebot gemacht wird, dass Zuversicht geschaffen wird“, sagte er.

Noch bis zum Sonntag reihen die Grünen ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Bundestagswahl. Auf den Plätzen 4 und 5 stehen die beiden Abgeordneten Sascha Müller (Wahlkreis Nürnberg-Süd/Schwabach) und Lisa Badum (Bamberg). Die erste Gegenkandidatur gab es um Platz 6, auf dem der Abgeordnete Karl Bär aus Miesbach von Verena Machnik aus Starnberg herausgefordert wurde. Bär setzte sich mit 68 Prozent klar durch.

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