Bezirke

Bayerns Gesundheitsministerin will sich mehr um Kliniken kümmern und Daten erheben – Bayern | ABC-Z

Wenn sie mit den Menschen gerade in ländlichen Gebieten rede, sagt Judith Gerlach, dann höre sie: Zuerst habe der Bäcker dicht gemacht, dann der Metzger, der Bus fahre zu selten. Wenn jetzt noch das Krankenhaus schließen müsse – dann bestehe die Gefahr, dass diese Menschen sich „abgehängt“ fühlen, dass sie glaubten, nicht überall in Bayern sei das Leben gleichermaßen lebenswert. So erklärt es die Gesundheitsministerin von der CSU am Donnerstag im Landtag bei ihrer Regierungserklärung zur Zukunft der Kliniken in Bayern. Und sie landet nach wenigen Minuten bei einem zentralen Punkt: Wer das Gefühl habe, dass niemand seine Ängste und Bedürfnisse sieht und etwas dafür tut, der werde empfänglich für vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme.

Einfach ist die Lage der Kliniken wahrlich nicht: ständige Defizite, Personalmangel, der medizinische Wandel hin zu mehr ambulanten Leistungen und eine politische Reform: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant ein neues Finanzierungsmodell für die Kliniken, mehr Straffung und Spezialisierung soll entstehen, das drängt die Standorte, sich zu neu aufzustellen. Das wird wohl zu Schließungen und Fusionen führen. Gerlach will diesen Prozess jetzt aktiver begleiten. Am Dienstag hat sie bereits im Kabinett einen Sieben-Punkte-Plan vorgestellt, um die Träger bei anstehenden Strukturveränderungen zu unterstützen – also letztlich auch bei der Frage, welche Kliniken im Freistaat auf Dauer erhalten werden und welche womöglich schließen müssen.

Geplant ist eine landesweite Datengrundlage über das in jeder Region zu erwartende medizinische Leistungsangebot samt Notfallversorgung. Auch verlässliche Prognosen der lokalen Patientenzahlen sollen kommen. Der Freistaat finanziert zudem regionale Gutachten zur Anpassung von Versorgungsstrukturen. Gerlachs Haus will moderieren und etwa über Regionalkonferenzen Druck auf Träger und kommunale Gremien ausüben, damit sie die notwendigen Strukturanpassungen ausarbeiten. Vorgegeben werden zugleich „Leitplanken“ für unbedingt vorzuhaltende Leistungen, etwa in der Notfallversorgung oder der Geburtshilfe.

Auch im „Dauerkrisenmodus“, sagt Gerlach, sei man nicht „zur Untätigkeit verdammt“. Zunächst schmälert sie aber erst mal ihre eigene Rolle: Kliniken seien keine nachgeordneten Behörden, sondern eigenverantwortlich agierende Unternehmen. Der Freistaat könne also weder anordnen, wo welche Häuser stehen, noch Träger zwingen, eine unwirtschaftliche Station zu schließen. „Ich sage das deshalb so deutlich, weil stellenweise so getan wird, als könne der Freistaat das, als wäre es gar seine Pflicht.“ Aber, versichert sie: Der Freistaat tue „alles in seiner Macht Stehende“ für eine zukunftssichere Klinikversorgung. Etwa durch die „bayernweite Matrix“, damit die Träger nach einheitlichen Grundsätzen entscheiden können, wo welche Angebote notwendig sind.

Dafür soll es politische Rückendeckung geben, das sei auch Ministerpräsident Markus Söder besonders wichtig, sagt Gerlach. Umstrukturierungen in einem so sensiblen Bereich lösten Ängste und Unsicherheit aus, selbst wenn sie durch Daten unterlegt seien. Daher will man schmerzliche Entscheidungen in Regionen im Kabinett bestätigen. „Meines Wissens gibt es so etwas bisher nicht und es ist auch ungewöhnlich, zugegebenermaßen. Aber besondere Situationen erfordern eben besondere Maßnahmen“.

Direkt kontern auf Gerlach darf Andreas Winhart von der AfD; das ist das Prä der Partei als Oppositionsführerin seit der Landtagswahl. Winhart nennt die Reform „ein pures Desaster“ für Bayern, die Staatsregierung leiste dazu „aktive Sterbehilfe“. Er fordert eine Klage gegen das Lauterbach-Gesetz, eine Bestandsgarantie für alle öffentlichen Kliniken und ein Stabilisierungsprogramm – ohne auf die Finanzierung einzugehen. Johannes Becher, Fraktionsvize der Grünen, reagiert darauf. Die AfD gebe vor, man habe „den großen Geldsack“. Das Lauterbach-Gesetz, so Becher, werde es nicht jedem recht machen. Wenn es eine „eierlegende Wollmilchsau“ gäbe, hätten frühere Bundesregierungen diese längst beschlossen. Deshalb sei der Berliner Vorstoß fast schon zu spät dran, „es pressiert“. Bayern habe die meisten Kliniken in der Republik, dass die Ministerin jetzt erst diese Daten erhebe, verwundere Becher, sagt er: Auf welcher Grundlage sei denn bislang Gesundheitspolitik in Bayern gemacht worden, etwa bei der Förderung von Investitionen?

Ruth Waldmann (SPD) erklärte zu Lauterbachs Vorhaben: „Ohne die Reform machen reihenweise Krankenhäuser schlapp.“ Die CSU habe die Entwicklungen verschlafen, biete lediglich „Luftnummern“. Gerlach simuliere jetzt aktives Handeln, nachdem es mit den Kommunalverbänden wegen der Kliniken „gescheppert“ habe. Anders sieht man das in den Regierungsfraktionen. Florian Streibl (FW) wirft Lauterbach einen „Testballon ohne große Datengrundlage“ vor, Bernhard Seidenath (CSU) „eine Politik aus dem Elfenbeinturm“. Und weil die geplante Reform erst zum Jahr 2027 greife, brauche es zuvor Geld vom Bund. Sonst drohe „ein unkontrolliertes Krankenhaussterben“.

Back to top button