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Bayern: Kultusministerin Stolz will weniger Papierkram und Bürokratie an den Schulen – Bayern | ABC-Z

5000 Anregungen hat die Kultusministerin in ihren Regionalkonferenzen gesammelt. Dafür war Anna Stolz (Freie Wähler) durchs Land gereist, und die Ideen von Eltern, Schülern und Lehrkräften dazu, wie Bayerns Schulen besser werden können, sprudelten. Zum Schuljahresbeginn im September versprach Stolz, einiges davon umsetzen zu wollen, möglichst im laufenden Schuljahr, sicher aber in dieser Legislaturperiode. Am Mittwoch präsentierte sie nun eine erste Maßnahme, quasi als Geschenk kurz vor Weihnachten.

Stolz will die Bürokratie reduzieren. Wer sich intensiv mit Bayerns Schulen befasst, kennt die Klagen über zu viel Papierkram, zu viel Abfragen, zu viel Bürokratie seit Jahren. Und laut der Ministerin gingen allein zu diesem Thema 475 Vorschläge aus den Schulen ein. 80 Prozent davon seien auch umsetzbar, heißt es nun. Dieses Präsent müsste also in die Kategorie quick win fallen, ein leichter Sieg für die Ministerin, der ihr in den Schulen Pluspunkte einbringen dürfte.

Zeit wurde es. Denn je länger dieses Schuljahr andauerte, je mehr Arbeitskreise und Gesprächsrunden zu diversen Themen von ihr ins Leben gerufen wurden, desto lauter wurde der Wunsch bei Verbänden und Lehrern, dass Stolz auch mal liefern müsse.

Nun liefert sie und der Zeitpunkt ist klug gewählt, denn eigentlich will die Ministerin etwas von den Lehrern haben, und zwar mehr Zeit. Um dem Lehrermangel ohne Zwangsmaßnahme beizukommen, plädiert Stolz für Freiwilligkeit und will an die Teilzeit-Lehrer appellieren, doch mehr zu arbeiten. Dafür musste sie etwas bieten.

Konkret geht es um vier Bereiche, in denen Bürokratie abgebaut werden soll, um zu entlasten. „Unsere Schulleitungen und Lehrkräfte brauchen wieder mehr Zeit für ihre pädagogische Kernarbeit“, sagte die Ministerin. „Nicht alles, was einmal eingeführt wurde, muss auch heute noch unbedingt nötig sein.“

Dieser Satz passt am besten zu den nicht erst seit Corona verschrienen Kultusministerellen Schreiben, kurz KMS. Sie sollen künftig einheitlicher und kürzer werden sowie leichter zu verstehen. Das dürfte manchem Ministeriumsjuristen eine neue Art zu schreiben abverlangen – und an den Schulen wohl nur Gegenliebe auslösen. Außerdem soll es vom kommenden Schuljahr an eine Datenbank für KMS geben.

Darüberhinaus plant Stolz, die Zahl der statistischen Abfragen um ein Drittel zu reduzieren und die externe Evaluation der Schulen zunächst auszusetzen, um dann ein neues Konzept zu erstellen. Auch das ist so ein Thema, das viele Schulleiter nervt. Zusätzlich sollen Lehrer künftig leichter Überstunden abrechnen können. Bisher geschah das nach einem komplexen System quartalsweise, nun will der Freistaat monatlich bezahlen.

Bringt das wirklich die versprochene Erleichterung? Axel Fahl ist zufrieden. „Ich bin wirklich angetan“, sagt der Direktor der Nürnberger Johann-Pachelbel-Realschule am Telefon. Gerade von der KMS-Datenbank erhoffe er sich eine „gute Entlastung“. Denn viele dieser Schreiben verlören nicht ihre Wirkung, aber sind mitunter Jahrzehnte alt. „Die müssen Sie aber erst einmal suchen und wenn Ihr Vorgänger das nicht abgespeichert hat, dann finden Sie es nicht“, sagt Fahl.

Wie können Bayerns Schulen besser werden? Auf diese Frage erhielt Kultusministerin Anna Stolz Tausende Antworten und Ideen von Eltern, Schülern und Lehrkräften. (Foto: Matthias Balk/Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus)

Die ständige Abfrage von Statistiken durch das Ministerium bezeichnet er als „wirklich lästig“, auch wenn es übers Jahr gerechnet gar nicht so viel sei. Aber die meisten Anfragen kämen zum Schulbeginn, zum Halbjahr und kurz vor den Sommerferien, also dann, wenn sich ohnehin alles ballt und Entlastung besonders willkommen ist. Zudem würden auch Dinge abgefragt, die die Schule schon mehrmals gemeldet hatte. Weniger davon, käme ihm also sehr gelegen.

Beim Realschullehrerverband freut man sich über den Stopp der externen Evaluation

Begeisterung löste bei Fahl der „Entlastungstracker“ aus, den habe er gleich seinen Assistentinnen gezeigt, sagt der Realschulleiter. 165 Entlastungsvorhaben sind derzeit auf der Internetseite eingespeist, filterbar nach unterschiedlichen Kategorien und versehen mit Statusmeldung. Dort kann jeder nachlesen, ob eine Idee noch in der Umsetzung ist oder gar nicht machbar und warum. Stolz selbst habe die Idee gehabt, heißt es aus dem Ministerium. Die von ihr oft erwähnte Transparenz hätte sie damit eingelöst.

Beim Realschullehrerverband löst Stolz’ Stopp der externen Evaluation regelrecht Begeisterung aus, schließlich habe man das und die Vereinfachung der Überstundenabrechnungen „seit Jahren vehement gefordert“. Die Entlastung käme „zur richtigen Zeit und zeige, dass die Kultusministerin genau zugehört hat“ und Vorschläge „beherzigt. Dafür gebührt ihr Anerkennung.“ Auch die Vertreter von Eltern, Direktoren und Lehrern der Gymnasien wirkten am Mittwoch zufrieden: „Ein guter Anfang – weiter so!“, teilte der Philologenverband mit.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) schlägt dagegen andere Töne an: Klar, sie freue sich schon über das Geschenk, aber „wir lassen uns nicht blenden“, sagte Präsidentin Simone Fleischmann. Dass 500 Vorschläge allein zu diesem Thema eingingen, zeige doch, dass es „lichterloh brennt“ an den Schulen. Auch den Entlastungstracker sieht Fleischmann weniger euphorisch: Alles habe sich der Verband angeschaut und sehr wohl registriert, wo und wie oft „nicht umsetzbar“ unter Ideen stünde. Oder „in Umsetzung“ mit vagen Erklärungen. Was bliebe sind „Absichtserklärungen“ und die werde der Verband genau im Blick behalten. „Cool, dass es das jetzt gibt“, sagt Fleischmann, „aber die Frage ist, was die Lehrkräfte vor Ort wirklich entlastet und was überhaupt wie gemacht wird.“

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