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Bayer ruft oberstes US-Gericht an – Wirtschaft | ABC-Z

Die Rechtsstreitigkeiten um den Unkrautvernichter Glyphosat treten in eine entscheidende Phase. Am Freitag hat Bayer über seine Tochterfirma Monsanto beim US Supreme Court die Überprüfung des Falls von Kläger John Durnell beantragt. Es geht um Milliarden – und um die grundsätzliche Frage, ob Bayer auf der Verpackung des Pestizids vor möglichen Gesundheitsschäden hätte warnen müssen. Einzelstaatliche Gerichte und Bundesberufungsgerichte haben bislang unterschiedlich geurteilt – mal zulasten, mal zugunsten von Bayer. Ende März etwa hatten Geschworene im US-Bundesstaat Georgia entschieden, dass Glyphosat für die Krebserkrankung von Kläger John Barnes verantwortlich ist und ihm gut zwei Milliarden Dollar zugesprochen: 65 Millionen Schadenersatz für gesundheitliche und finanzielle Schäden und zwei Milliarden Strafschadenersatz, um das Verhalten des Konzerns zu ahnden.

Nach Einschätzung der US-Umweltbehörde EPA stellt Glyphosat bei einer der Kennzeichnung entsprechenden Verwendung kein Risiko für den Menschen dar. Sollte das oberste Gericht am Ende entscheiden, dass Bundesrecht generell über einzelstaatliches Recht geht, wären mit einem Schlag Tausende Klagen vom Tisch, weil Menschen ihre Klage mit dem fehlenden Warnhinweis begründeten. Rund 68 000 Fälle sind noch offen. Die Rechtsstreitigkeiten haben Bayer bislang schon rund zehn Milliarden Dollar gekostet und den Aktienkurs schwer belastet. Ein Urteil zugunsten des Konzerns käme einem Befreiungsschlag für Bayer gleich. Allerdings sind noch viele Fragen offen: Der Supreme Court muss die Klage überhaupt erst einmal annehmen, schon das kann Wochen dauern.

2022 war Bayer bereits zwei Mal mit seinem Antrag auf Prüfung beim Supreme Court abgeblitzt. Nach einem Bericht der Legal Tribune gibt das Oberste Gerichtshof nur wenigen Anträgen statt, 2022 seien es nur 1,4 Prozent gewesen. Dieses Mal rechnet sich der Konzern bessere Chancen aus, gerade, weil es widersprüchliche Urteile von Bundesberufungsgerichten gab.  Im August 2024 entschied ein Bundesberufsgericht im Fall des Klägers David Schaffner zugunsten von Monsanto und stellte fest, dass Klagen wegen angeblich unterlassener Warnung in einem Bundesstaat ausgeschlossen seien und Bundesrecht vorgehe. „Die widersprüchlichen Entscheidungen der Bundesberufungsgerichte dazu machen eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten erforderlich“, teilte der Konzern damals mit.

Sollte das Oberste Gericht dieses Mal die Klage annehmen, würden bis zur Entscheidung einige Monate vergehen. Fiele dann das Urteil zulasten von Bayer aus, wäre das für das Unternehmen eine Katastrophe: Die Rechtsstreitigkeiten könnten sich über Jahre hinziehen und würden Bayer wohl weitere Milliarden kosten. Per Ende 2024 beliefen sich laut Geschäftsbericht die Rückstellungen für den Verfahrenskomplex Glyphosat auf 5,9 Milliarden Dollar. Im Sommer 2018 hatte Bayer den US-Konzern Monsanto, der für Glyphosat verantwortlich zeichnet, für gut 60 Milliarden Dollar übernommen. Wenig später brach die Klagewelle los.

Der Fall John Durnell wurde in erster Instanz im Oktober 2023 vor einem Gericht in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri verhandelt. Die Geschworenen sprachen Durnell damals 1,25 Millionen Dollar zu. Die Jury war der Auffassung, dass es eine Krebswarnung hätte geben müssen.  Bayer legte im August 2024 Berufung ein, im Februar bestätigte das Gericht das frühere Urteil. Das Oberste Gericht Missouris lehnte Anfang April eine Überprüfung ab, sodass Bayer nun die Prüfung vor dem Obersten Gericht der USA beantragte.

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