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Balkonkraftwerke: Die aktuellen Regelungen – Stil | ABC-Z

Das Konzept ist bestechend schön: Ein paar Platten aufs Dach schrauben, eine Leitung anschließen, einen Wechselrichter montieren – und schon laufen Wasch- und Spülmaschine, Ofen und Toaster mit Sonnenstrom vom eigenen Dach oder Balkon. Bei Mini-Solaranlagen am Balkon zum Beispiel lässt sich der Wechselrichter an der Rückseite eines Solarmoduls installieren. Ein solches System funktioniert und spart viel Geld, das man ansonsten für Strom ausgeben müsste. Allerdings sollten Mieter, Wohnungseigentümer oder Hausbesitzer sich vor dem Kauf von Balkonkraftwerken oder Photovoltaik-Modulen kurz Zeit nehmen, um das Projekt durchzudenken. Denn in manchen Fällen können solche Anlagen zu rechtlichem Ärger führen.

Grundsätzlich lässt der Gesetzgeber den Nutzerinnen und Nutzern von Solarenergie sehr viel Spielraum. Das Solarpaket I, das Ende Mai 2024 in Kraft trat, erlaubt den Bau von Solaranlagen, etwa an Balkonfronten, mit einer Leistung von bis zu 2000 Watt Peak (Wp) und einer maximalen Wechselrichterleistung von derzeit insgesamt bis zu 800 Voltampere (VAC). Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft dürfen Balkonkraftwerke nicht pauschal ablehnen. „Mieter und Eigentümer haben nun grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung zur Installation eines Balkonkraftwerks, und wegen dieses Gesetzes müssen Nachbarn einiges tolerieren“, erläutert Luisa Peitz, Referentin Recht bei Haus & Grund Deutschland. „Rein optische Bedenken sind nun grundsätzlich kein Grund mehr, die Installation von Paneelen zu verhindern.“

Allerdings gibt es zwei Ausnahmen. Die eine greift bei Sicherheitsbedenken. Können sich bei heftigem Sturm Paneele aus der Verankerung lösen und etwa auf die Straße oder das Auto der Nachbarn donnern? Könnte Schnee abrutschen und Menschen oder Gebäude gefährden? Juristin Peitz verweist hier auf den Paragrafen 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der das Eigentum vor unzulässigen Einwirkungen durch Dritte schützt.

In vielen Fällen verhindert jedoch Ausnahme zwei private Photovoltaikanlagen: Hier geht es um Blendwirkung. „Die Gerichte unterscheiden hier sehr unterschiedlich“, berichtet Peitz. Es gebe etwa ein Urteil, demzufolge eine Blendwirkung durch Paneele an 60 Tagen pro Jahr als zumutbar betrachtet wurde (Az. 8 U 166/21). An einem anderen Gericht wurde ein Fall verhandelt, in dem die Nachbarn an 130 Tagen pro Jahr je zwei Stunden lang durch die Reflexion der Paneele gestört wurden  (Az. I-9 U 35/17). „Das muss der Nachbar nicht dulden“, sagt Peitz.

Um Ärger zu vermeiden, empfiehlt die Juristin künftigen Eigentümern von Solaranlagen, sich erst einmal zu informieren. Frage eins: Besteht Denkmal- oder Milieuschutz? Oder sind sonstige öffentliche Genehmigungen erforderlich? Auch technische Faktoren wie Statik, Befestigung und Schneelasten im Winter sollten umfassend geprüft sein, bevor eine Anlage auf Dach oder Balkon kommt. Der vorgeschriebene Abstand zu den Nachbarn unterscheidet sich je nach Bundesland – das lässt sich aber mit dem zuständigen Bauamt klären. Und letztlich bleibt auch noch eine uralte Konfliktlösungsmethode: reden. „Ich würde empfehlen, mit den Nachbarn zu sprechen; je mehr man sich absichert, umso besser.“ Zudem könnte man sich vom Unternehmer bestätigen lassen, dass durch die Art und Weise der Installation eine Blendwirkung ausgeschlossen ist. Falls das die Nachbarn nicht überzeugen sollte: Einfach ein Paneel probehalber anschrauben und testen. Und wenn mal alle Bedenken aus dem Weg geräumt sind, und die Anlage installiert ist, dann mit großem Genuss der Waschmaschine bei der Arbeit mit Sonnenstrom zusehen.

Die Autorin findet es wunderbar, ein E-Auto mit Strom vom Dach zu laden.
Die Autorin findet es wunderbar, ein E-Auto mit Strom vom Dach zu laden. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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