Bairische Sprachwurzel für Josef Hader: „Pointen kommen damit schneller auf den Punkt“ – Bayern | ABC-Z

Als der österreichische Ski-Matador Armin Assinger im Jahr 2009 mit der „Bairischen Sprachwurzel“ ausgezeichnet wurde, fand diese Ehrung im Nachbarland große Beachtung. Bei diversen Journalisten und Beobachtern rief sie aber auch ein wundersames Staunen hervor. Assinger rede doch nicht Bairisch, merkten sie reichlich befremdet an. Und doch irrten sie sich, denn die Linguistik ordnet die meisten Dialektformen in Österreich – mit Ausnahme der alemannisch geprägten Mundart in Vorarlberg – dem Sprachraum des Bairischen zu.
Das gilt ebenso für die feine Mundart, die der Kabarettist Josef Hader pflegt, der am Samstag im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg als zweiter Österreicher nach Assinger die Sprachwurzel entgegennehmen durfte. Er wird nun als 21. Preisträger in jener illustren Liste geführt, in der ruhmvolle Namen wie Gerhard Polt, Hans-Jürgen Buchner, Christian Stückl, Ilse Aigner, Luise Kinseher und Papst Benedikt XVI. vertreten sind.
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Niklas Hilber, der Vorsitzende des Vereins Bund Bairische Sprache, der die Sprachwurzel seit 2005 verleiht, begrüßte den Preisträger, indem er sich einer Finesse aus dem Werdenfelser Land bediente. „Griaß enk“, sagte er zu Hader, „schee, dass es kemma seids!“ Die Anrede der Einzelperson erfolgte also im Plural, wie man es in Mittenwald heute noch ab und zu hört. Und auch Hader bestätigte, dass er diese noble Kommunikationsform kenne. „Auch mein Vater hat seine Schwiegermutter so angeredet“, sagte er.
Haders Sprechen ist durch und durch österreichisch geprägt. Aufgewachsen in jenem Dreieck, in dem sich das Mühl-, das Wald- und das Mostviertel begegnen, besuchte er anschließend die Schule in der Wachau und seit dem 19. Lebensjahr lebt er in Wien, was in ihm eine gehaltvolle Dialektmischung heranreifen ließ. „Diese Mundart ist eine wichtige Basis für meine Arbeit“, sagte Hader nach der Preisverleihung. Sie sei kräftiger und zupackender als die Standardsprache und benötige weniger Silben. „Die Pointen kommen damit schneller auf den Punkt, sie funktionieren besser, man kann damit prägnanter formulieren.“ Nicht zuletzt halte das Publikum damit auch greislige Sachen besser aus, fuhr Hader fort, Bezug nehmend auf eine Äußerung seines Vorbilds Gerhard Polt.
Hader bereichere die Riege der Geehrten durch seinen Dialektgebrauch auf intellektuell höchstem Niveau
Hader verleihe dem Dialekt „ein überlebensnotwendiges Gewicht und internationales Ansehen“, sagte Sepp Obermeier, Ehrenvorsitzender des Bundes Bairische Sprache. Er sei ein „Preisträger mit Vorbildcharakter“, der die Riege der Geehrten durch seinen Dialektgebrauch auf intellektuell höchstem Niveau bereichere.
Der Sprachwissenschaftler Hermann Scheuringer sagte in seiner Laudatio, Hader werte das bairische Deutsch in dessen Wiener Variante auf, indem er virtuos mit den verschiedenen Sprachebenen seiner Muttersprache jongliere, nicht nur in Bühnensituationen, sondern auch im wirklichen Leben. In diesem Sinne plädierte Scheuringer für die Förderung der inneren Mehrsprachigkeit durch den Gebrauch der Dialekte, aber auch des süddeutsch geprägten Hochdeutschs, das in Altbayern, Österreich und Südtirol fast identisch sei.

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Bayern entspricht vielen Klischees und auch ihrem Gegenteil. Diese zu erforschen, hat sich der Autor seit fast 40 Jahren zur Aufgabe gemacht. Herausgekommen ist ein gschlampertes Verhältnis zu diesem Land, das immer noch Überraschungen birgt.
Noch immer werde Hochdeutsch auf Norddeutsch reduziert, Bairisch-Süddeutsch dagegen aufgrund von fehlender sprachkultureller Bildung oder Minderwertigkeitskomplexen sogar bei Einheimischen diskriminiert und unterdrückt. Während die Gesellschaft immer sensibler auf tatsächliche und vermeintliche sprachliche Diskriminierungen reagiere, sei das Abwerten von Dialekt und Dialektsprechern, insbesondere durch drittklassige Fernseh-Comedians, in Deutschland an der Tagesordnung.
Wie bedauerlich diese Herabsetzung ist, offenbarte sich nach der Preisverleihung beim gemütlichen Ausklang, als Hader und Scheuringer sprachliche, charakterliche und humormäßige Gemeinsamkeiten zwischen Bayern und Österreichern erörterten. Dort ging es unter anderem um die Feinheiten des Wienerischen, das im Satzbau in großen Teilen „tschechisiert“ sei, bedingt durch die Einwanderung der sogenannten „Ziegelböhmen“, die im späten 19. Jahrhundert viele Gründerzeitbauten errichteten.
Besonders in diesem Zwiegespräch offenbarte sich der Kern der Sprachwurzelverleihung, in die auch die Erkenntnisse der Soziolinguistik einfließen. Denen zufolge überlebt von zwei konkurrierenden Sprachen nur jene, die über das höhere Sozialprestige verfügt. Deshalb werde die Auszeichnung, wie der Verein mitteilte, an Persönlichkeiten wie Hader vergeben, „die in der Öffentlichkeit Dialekt reden und diesen damit sozial aufwerten“. Dass der hochdekorierte Hader, der erfolgreichste Kabarettist Österreichs, den Wert dieses Preises schätzt, ist daran zu erkennen, dass er ihn angenommen hat. Das tut er nicht immer, Beliebtheitspreise, so sagte er, lehne er grundsätzlich ab.




















