Badmómzjay richtet eindringliche Botschaft an ihre Fans | ABC-Z
Berlin. Badmómzjay gehört zur Spitze des Deutschrap. Bei ihrem Tour-Finale liefert sie einen Abend mit saftigen Punchlines und tiefen Gefühlen.
Handys leuchten in der Dunkelheit, dazu dramatische Musik. Badmómzjay schreitet im schwarzen Anzug mit Krawatte und Glitzerstock die Bühne ab. Mit 22 Jahren hat es die Berlinerin mit an die Spitze des Deutschrap geschafft. In den ersten Reihen jubeln Fans in ihrem Alter. Beim letzten Tour-Konzert am Sonntagabend in der Max-Schmeling-Halle feiern sie, dass eine von ihnen dort oben steht.
Jordan Napieray, wie Badmómzjay eigentlich heißt, begann im Kinderzimmer, Nicki Minaj zu rappen. In den sozialen Medien ging sie plötzlich viral. Heute verzeichnet sie über eine halbe Milliarde Streams auf Spotify sowie Gold und Platin. Als erste deutsche Rapperin war sie auf dem Cover der Vogue. Ein Karrierestart im Zeitraffer – doch nicht ohne Schattenseiten.
„Keiner sieht, seit zehn Jahren stecke ich im Survival Mode“, rappt sie im Intro ihres zweiten Albums. Ein Überlebenskampf in einem männlich dominierten Genre, in dem Frauen sich stets beweisen müssen: „Was ist jetzt mit Badmómzjay, ist nur ein kurzer Hype? (…) Wo ist jetzt die Hip-Hop-Polizei?“ Auch ihr Song „Zirkus“ greift die Rap-Szene frontal an. Zeilen wie „Alles voller Clowns, es ist wie im Zirkus, alle haben Fame, aber niemand Rhythmus“ heizen das Publikum an.
Auf Instagram gewährt Badmómzjay ihren Fans alltäglichere Einblicke. Sie zeigt sich im Hello-Kitty-Schlafanzug oder erzählt ihren „Besties“, dass sie zu spät zum Training kommt, während sie hastig ein Schokomüsli isst.
Viele ihrer Songtexte sind für ihre junge Zielgruppe ebenso nachvollziehbar. Zeilen wie „Wurde von locked in zuhaus zu ‚nem Vielflieger“ sind mehr als Prahlerei. Sie spiegeln die Überforderung einer Generation wider, deren Jugend während der Pandemie pausierte und die im Krisenmodus erwachsen wird: „Ich check keine WhatsApp, will nix wissen von den News“, heißt es in „Zimmer allein“. „Das Schlimmste ist, wenn du denkst, nur dir geht es so“, richtet sich Badmómzjay an diesem Abend an ihre Fans.
Ungewöhnlich für ein Hip-Hop-Konzert fühlt sich das Publikum in solchen Momenten an wie in einem Schutzraum für Gefühle. Badmómzjay gibt sogar „einen Shoutout an alle, die unter Panikattacken leiden und trotzdem gekommen sind.“ Sie verspricht: „Alle werden auf euch aufpassen und darauf achten, dass es euch gutgeht.“
Bei gefühligeren Songs leuchten auf den Rängen der luftig gefüllten Max-Schmeling-Halle die Handy-Lichter. Die oberen Plätze sind frei, es gibt noch Karten an der Abendkasse. Der Stimmung schadet das nicht. Es folgen satte Beats vom Mixtape „Levels“ – und das Berliner Publikum erweist sich als textsicher.
Badmómzjay: „Ihr seht slay aus“
„Sie ist authentisch“, sagt der 22-jährige John Quolke, ein Fan der ersten Stunde, „einfach ein mega Talent“. Es gebe keinen Song, der ihm nicht gefalle. Auch die 34-jährige Anna Bösel schätzt das breite Spektrum, das Badmómzjay bedient. Die „Auf-die-Fresse-Battle-Rap-Songs“ möge sie genauso wie melancholische Lieder: „Ein Song, mit dem ich viel verbinde, ist ‚Warum bin ich so?‘ Der spricht vielen Menschen aus der Seele, die mit Selbstzweifeln kämpfen. “
Fast alle Gäste folgten Badmómzjays Instagram-Aufruf, schwarze oder rote Outfits zum Konzert anzuziehen. Die meisten Männer haben zu Kapuzenpullover und Kappe gegriffen. Viele Frauen tragen große Kreolen, Zöpfe, Jogginghosen und enganliegende Oberteile. Wie eine beste Freundin ruft die Rapperin ihren Fans zu: „Ihr habt den Dress-Code eingehalten, ihr seht slay aus.“
Eine Freundin mit Geschäftssinn. Der „BaddieLook“, vielfach in Selfies festgehalten, wird erst durch die künstlichen Nägel komplett, die die Rapperin kürzlich auf den Markt gebracht hat. Mitten im Konzert holt sie ihre Stylistin auf die Bühne, die Tüten mit Produkten aus ihrer Kosmetik-Reihe an die erste Reihe verteilt.
Badmómzjay sorgt für Gänsehaut in Berlin
Für Gänsehaut hingegen sorgt Badmómzjays Auftritt in einem roten, enganliegenden Glitzerkleid mit Schleier. Dazu performt sie „die Songs, die uns allen am schwersten fallen“, in denen es um Verlust oder zerbrochene Beziehungen geht. Dabei tritt eine nahbare und eher introvertiert Jordan Napieray hinter der Rap Persona Badmómzjay hervor.
Der Text von „Ich komm‘ auf die Party und will sofort wieder gehen“ hat fast etwas Sozialphobisches: „Mag noch immer keine Menschen, vielleicht hab‘ ich ein Problem“. Ironischerweise brennt bei diesem tanzbaren Song die Luft am meisten – er bildet den krönenden Abschluss der Show.
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„Verloren hast du erst, wenn deine Stadt dich nicht liebt“, bedankt sich die Berlinerin bei ihrem Publikum. Ihre Botschaft: Man kann Badmómzjay und Jordan in einer Person sein. Mal genießt man es, wenn alle Augen auf einen gerichtet sind, mal das Gegenteil – und das ist voll okay. „Ich möchte, dass ihr euch so supportet, wie ihr mich supportet“, schließt die Rapperin – „und ich möchte, dass ihr euch gesehen fühlt. “