Para-Deux in Karlsfeld: Inklusion im Reitsport – Dachau | ABC-Z

Es ist schon sehr heiß am Samstagmittag auf dem Gelände des Fenzlhofs etwas außerhalb von Karlsfeld. Während das Publikum es sich im Schatten einiger Bäume am Rande des Dressurvierecks auf Bänken gemütlich gemacht hat, müssen die Reiterinnen und ihre Pferde sich beim Para-Deux in der prallen Sonne genau konzentrieren. Diese neue inklusive Wettkampfform findet bei dem Turnier zum ersten Mal in Süddeutschland statt. Dafür gesorgt hat eine Ampermochingerin, die auch selbst teilnimmt.
Seit sie im vergangenen Jahr in Köln beim ersten Para-Deux in Deutschland dabei war, wollte Jenny Schlichenmayer auch selbst einen solchen Dressur-Wettbewerb veranstalten. Am vergangenen Samstag war es dann so weit. Die Pferdefreunde Dachau luden auf der Reitanlage Fenzl dazu ein. Der Begriff für den Wettbewerb leitet sich vom französischen „Pas de deux“ aus dem Ballett ab, der auch für Aufführung mit zwei Pferden im Reitsport benutzt wird.
Beim Para-Deux bewegt sich allerdings nur jeweils ein Pferd mitsamt Reiter oder Reiterin auf dem Platz. Das Besondere ist der Teamaspekt. Zuerst treten die Teilnehmerinnen mit Handicap an und danach ihre Teamkolleginnen ohne Einschränkungen. Gezeigt wird jeweils die gleiche Dressur, wobei die Noten der Partner am Ende zusammenzählen. Eine solche Art der Inklusion gebe es sonst nicht im Reitsport, erzählt Schlichenmayer. Sonst werde immer zwischen Para-Wettbewerben und Reitturnieren für Sportlerinnen und Sportler ohne Einschränkungen unterschieden.
Bei Schlichenmayer wurde vor rund 20 Jahren die Autoimmunkrankheit „Systemischer Lupus erythematodes“ (SLE) diagnostiziert. Das bedeutet, dass ihr Immunsystem körpereigene Zellen angreift, wodurch Entzündungen in ihren Muskeln, Gelenken und auch Organen hervorgerufen werden können. Infolge dieser Erkrankung musste die passionierte Reiterin im Alter von 32 Jahren in Frührente gehen. Dann kam vor über drei Jahren noch eine Lähmung des rechten Beins dazu. Doch sie kämpfte sich wieder zurück in den Sattel ihres treuen Ponys Colin.
Ihr Pferd hat Schlichenmayer selbst ausgebildet, sie verstünden sich beinahe blind. „Er hat einen großartigen Charakter“, sagt die 47-Jährige. Auch dank der Hilfe von Spendern, Freunden und Familie schafft sie es schließlich sogar in den bayerischen Kader der Dressurreiter mit Handicap. Die Frau mit den kurzen grauen Haaren lässt sich eben nicht so leicht unterkriegen. Das gilt ebenfalls für das Thema Inklusion. Sie sei deshalb sehr froh, dass die Organisation des Para-Deux-Turniers so gut funktioniert habe und sich genügend Interessierte gefunden haben.
Sechs Paarungen gehen in Karlsfeld an den Start. „Alle Teams haben sich schon über Whatsapp fleißig ausgetauscht“, erzählt Schlichenmayer. Die Initiatorin tritt gemeinsam mit ihrer Teampartnerin Stefanie-Dorothea Herrmann an. Die hat relativ spontan zugesagt, musste sich für den Anlass aber erst noch ein älteres Pferd leihen. Deshalb ist Herrmann vor ihrer Prüfung auch ein wenig nervös, ob denn alles klappen wird mit „Krümel“, der eigentlich Deep Black heißt. Um auch einheitlich aufzutreten und vielleicht auch mit der Hoffnung auf ein wenig Glück, haben Colin und Krümel vor ihrem Wettkampf jeweils ein vierblättriges grünes Kleeblatt aufgemalt bekommen.

Jede Reiterin wird gemeinsam mit ihrem Pferd vor ihrer Dressur vorgestellt, wobei es auch jeweils eine kurze Erklärung zu den Behinderungen gibt. Dann wird eine Glocke geläutet und die Prüfung beginnt. Das Publikum wird ganz still, während in dem aufgebauten Viereck auf dem Reitplatz die Gangart gewechselt, in unterschiedlich großen Kreisen und sogar rückwärts geritten wird. Im Hintergrund ist leise Musik zu hören und ein paar Vögel zwitschern in die Mittagshitze hinein. Nur ein Helikopter stört einmal die Ruhe.
Trotz aller Konzentration kann ein kleiner Fauxpas natürlich vorkommen. So verwechselt Angelika Kohnle, die zum ersten Mal bei einem Para-Deux dabei ist, kurz ihre Pläne für den Teamwettbewerb und die danach anstehende Einzelprüfung. Doch sie findet auf ihrem Pferd Lysa Georg schnell wieder den richtigen Weg und bekommt noch eine zufriedenstellende Wertung. Die allgemeine Stimmung ist entspannt, die neue Wettkampfform scheint gut anzukommen.

Schlichenmayer reitet ruhig und routiniert ihre Aufgabe und bekommt dafür nicht nur einigen Applaus von den Zuschauenden, sondern auch die Note 8,5 von den Wertungsrichtern. Eine großartige Leistung, für die Colin gleich gelobt wird. „Hast du super gemacht!“, ruft Schlichenmayer, während sie ihr Pferd umarmt. Für ihre Teamkollegin läuft es nicht ganz so gut, aber Herrmann ist mit einer 7,0 auch zufrieden. Sie sei schließlich zum ersten Mal mit Krümel eine solche Dressur geritten. Am Ende schafft es das Kleeblatt-Team dann auch auf den zweiten Rang. Den ersten Platz holen sich Lavinia und Lucia Rötzer auf Rosine.
Nach dem Para-Deux muss Colin erst einmal mit nassen Handtüchern abgekühlt werden. Das Pony soll sich gut ausruhen, schließlich steht später am Nachmittag ja noch die Einzelwertung der Para-Reiterinnen an. Bei dieser kann sich das eingespielte Duo Schlichenmayer-Colin dann sogar den ersten Platz sichern.