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Auszeichnung für Kochels sanften Touristiker – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Wenn man Daniel Weickel fragt, wohin die Reise im Tourismus gehen solle, nennt er drei Schlagworte: einfach, natürlich, inspirierend. Der 39-Jährige ist seit sieben Jahren Tourismus-Chef in Kochel und wurde kürzlich zum „Touristiker des Jahres“ gekürt. Weickel präge „mit Leidenschaft, Kreativität und einem Blick über den Tellerrand“ das touristische Profil des Zwei-Seen-Lands, würdigte Landwirtschafts- und Tourismusministerin Michaela Kaniber (CSU) den 39-Jährigen bei der Verleihung des bayerischen Tourismuspreises, der in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben wurde. Weickel, der sich unter rund 40 Kandidaten durchgesetzt hatte, habe gezeigt, „wie man auch mit begrenzten Ressourcen Großes leisten kann“, sagte Kaniber.

Eine Woche später wirkt Weickel immer noch ein wenig aufgekratzt. Für ihn sei das eine „unglaubliche Anerkennung und ein Ansporn weiterzumachen“. Man könne auch mit kleinem Budget tolle Projekte umsetzen, wenn man kompetente Partner und die nötige Hartnäckigkeit habe, sagt er. Nun ist die Region um Kochel- und Walchensee geplagt vom hohen Ausflugsdruck, von Staus, Parkplatzmangel, Motorradlärm. Wie kann unter diesen Rahmenbedingungen Tourismusförderung gelingen, ohne Akzeptanz und Naturverträglichkeit aufs Spiel zu setzen?

Achtsamkeit für das fördern, was schon da ist, und keine neuen Attraktionen schaffen: So stellt sich Daniel Weickel nachhaltigen Tourismus vor. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Weickel hat dazu eine klare Meinung: „Wir machen keine Werbung für Tagestouristen, sondern setzen auf Übernachtungsgäste.“ Rund 65 000 Ankünfte pro Jahr verzeichnet die Statistik für das Gemeindegebiet, zu dem auch das Westufer des Walchensees gehört. Mit rund 250 000 Übernachtungen liegt Kochel auf Platz drei im Landkreis, hinter Bad Tölz und Lenggries. Die Übernachtungszahlen sind im Vergleich zum Vorjahr um rund drei Prozent gestiegen – ein positiver Trend, denn das Ziel sei, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu erhöhen und eine bessere Verteilung über das Jahr zu erreichen.

Weickel setzt auf sanften Tourismus und auf Nachhaltigkeit – ein inzwischen „leider inflationär gebrauchter Begriff“. Er versteht darunter, dass Entspannung, Information und Inspiration, die während des Aufenthalts gewonnen werden, im Alltag nachwirken. Kochel präsentiert sich unter dem Leitbild „einfach sein“. Das passe zum Ort, sei aber nicht negativ zu verstehen, betont er. Ihm geht es darum, „aufzuwerten, was schon da ist.“ Achtsamkeit fördern, aber keine neuen Attraktionen schaffen. Also etwa keine Sommerrodelbahn, „die zwar wirtschaftlich funktionieren würde, aber nicht ökologisch.“ Das Ziel müsse sein, einen Mehrwert für Gäste und Einheimische zu schaffen.

Umgesetzt hat Weickel das Leitbild im Themenweg „Ludwig II. – König der Berge“: Wanderungen und Informationen zu den Refugien des bergbegeisterten Märchenkönigs, die dieser besucht habe, „lange bevor er ein Schloss gebaut hat“. Herzogstand, das Forsthaus Altlach oder die Hochkopfhütte: Rückzugsorte des Königs, die ganzjährig offenstehen. Das sei „ein Schatz, der bereits da war, aber nun zugänglich gemacht wurde“.

Das gilt auch für das Konzept „Entdecke-Dich-Momente“, „ein Paradebeispiel für sanften Tourismus“, sagt Weickel. In einem Booklet sind zwölf Stationen im Zwei-Seen-Land zusammengefasst. Keine Geheimtipps, sondern bekannte Anziehungspunkte wie das Franz-Marc-Museum, die Kristall-Therme oder die Staffelalm. Zu jeder Station gibt es Aufgaben und Impulse, die zum Innehalten und bewussten Erleben einladen sollen. Auch eigene Reflexionen und Gedanken können notiert werden. Gastro-Tipps runden den Achtsamkeitsguide ab, außerdem Musik: Der Walchenseer Filmkomponist Louis Edlinger, der inzwischen in Berlin lebt, hat in einer achtminütigen Komposition den Sound des Zwei-Seen-Lands eingefangen, der mittels QR-Code im Booklet und bei Streamingdiensten kostenlos aufgerufen werden kann.

Weickel, der in Garmisch-Partenkirchen wohnt und dort aufgewachsen ist, ist ein Vollbluttouristiker. Sein Beruf sei „einer der schönsten überhaupt, weil man seine Heimatregion mitgestalten und etwas zurückgeben kann“, schwärmt er. Der zweifache Vater hat eine Ausbildung zum Kaufmann für Tourismus und Freizeit in Murnau gemacht. Sieben Jahre arbeitete er bei einer Garmischer Event-Agentur, dann wollte er zurück in den Tourismus. Mit 33 Jahren übernahm er die Leitung in Kochel, sattelte einen Bachelor-Abschluss als Tourismusfachwirt und eine Fortbildung zum „Nachhaltigkeitsmanager“ drauf.

In einem Podcast spricht er über touristische Themen

Mit seiner Lenggrieser Kollegin Maria Bader produziert er alle vier Wochen den Podcast „Die Voralpenflüsterer“ zu verschiedenen touristischen Themen. Kommunikation sei wichtig, auch um über Probleme zu sprechen, „für die wir keine Lösung haben“. Die größte Resonanz habe der Beitrag zum Thema Ausflugsverkehr gehabt, bei dem Landrat Josef Niedermaier (FW), Vertreter von ÖPNV und Naturschutz eingeladen waren.

Ein Problem, unter dem Kochel wie viele andere Tourismusregionen leidet, sind sinkende Bettenzahlen. Aktuell gibt es ein großes Hotelprojekt in Einsiedl am Walchensee für einen Neubau mit 128 Zimmern und acht Tiny Houses. Allerdings stocken die Planungen, weil es Probleme mit der Trinkwasserversorgung gibt. „Das Hotel wäre ein wichtiges Projekt, das ich für absolut verträglich halte“, betont Weickel.

Aber als Kommune sei man „Investoren ausgeliefert.“ Beispiel Verdi-Areal am Kochelseeufer, wo eine Privatklinik für Psychiatrie und Psychosomatik gebaut werden sollte. Der Deal zwischen Eigentümer und Asklepios-Konzern platzte, der Bauantrag wurde zurückgezogen. Für die Gemeinde wäre die Privatklinik „ein Jackpot“ gewesen, sagt Weickel, Kochel wäre wieder eine Art Kurort geworden.

Als wichtigste Aufgabe in den nächsten Jahren sieht er die Aufwertung des Kurparks und die Belebung von Leerständen im Ort. Es müssten „Begegnungsorte“ auch für die Einheimischen geschaffen werden, das habe man lange vernachlässigt. Die Ideen und die Arbeit gehen Weickel nicht aus. „Die eigene Achtsamkeit fällt da leider ein bisserl runter“, sagt er und lacht.

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