Ausgangssperre und Besuchsverbot im Freibad: Kontroverse um Ankerzentrum in Bamberg geht weiter – Bayern | ABC-Z

Vor knapp zwei Monaten hat man sich an dieser Stelle eine sachlichere Debatte um das „Anker“-Zentrum in Bamberg gewünscht. Und tatsächlich beruhigten sich die aufgeheizten Gemüter etwas, als mehr Klarheit über die Zukunft des Flüchtlingsheims einkehrte: Es wird wohl bleiben.
Sie beruhigten sich – bis Klaus Stieringer kam. Zugegeben, der Stadtrat, Chef des städtischen Marketings und der örtlichen Arbeiterwohlfahrt (AWO) löste den Eklat nicht alleine aus. Er tat es gemeinsam mit seinen Parteifreunden von Bambergs unabhängigen Bürgern (BuB), die zu dritt im Stadtrat sitzen. Aber Stieringer hat eben eine einschlägige Vorgeschichte.
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Vor einigen Jahren hatten sich Kommentatoren auf Facebook in auffallend positivem Ton zur SPD eingelassen, deren Fraktionschef Stieringer damals war. Problem eins: Es handelte sich um Fake-Accounts. Problem zwei: Stieringer hatte damit erstmal kein Problem. Fake-Accounts gäben die Möglichkeit, „sich auch anonym unter dem Schutz der Persönlichkeitsrechte in den sozialen Netzwerken zu bewegen. Das finde ich okay“, sagte er im BR. Und drittens: Nach eigener Auskunft kannte er diejenigen, die hinter den Profilen steckten – „sogar gut“. Gegen den Verdacht, er selbst sei ein anonymer Schreiber, wehrte er sich stets. Zum Bruch des rot-grünen Rathausbündnisses führte sein Verhalten (und das seiner Fraktion) trotzdem, später sprach er von einem Fehler, trat zurück und aus der SPD aus.
Und nun? Sahen sich Stieringer und seine neue Fraktion ob der Verhandlungen über die Zukunft des „Anker-Zentrums“ dazu veranlasst, mit einem Forderungskatalog an die Öffentlichkeit zu treten. Von dort, aus der Öffentlichkeit, seien diese Erwartungen an sie herangetragen worden, rechtfertigten sie sich hernach. Der Schaden war da längst angerichtet, die abstrusen bis flüchtlingsfeindlichen Forderungen veröffentlicht in ihrem eigenen Namen, darunter – neben ein paar konstruktiven – diese: kein Zutritt für männliche „Anker“-Bewohner zu zwei nahegelegenen Schwimmbädern, zur – angeblichen – Sicherheit. Oder: „Festlegung von Ausgangssperren (19 bis 9 Uhr)“ für alle Bewohner. Ergo: Geflüchtete nachts einsperren.
Abgesehen von rechtlichen Einwänden stellt sich die Frage: Wie kommt man auf solche Ideen? Und noch verstörender, selbst wenn sie wirklich „aus der Öffentlichkeit“ stammen: Warum verbreitet man sie einfach so?
Auch bei der AWO – die selbst Flüchtlingsunterkünfte betreibt – war die Empörung groß, namhafte Mitglieder forderten Stieringers Rücktritt. Für ihn kommt das nicht infrage, bekräftigte er auf Facebook. Und distanzierte sich dort „klar von diesen Forderungen“. Also jenen zum „Anker“-Zentrum, die er selbst erhoben hatte, die aber „weder mit meinen Werten noch mit den Werten der AWO im Einklang stehen“. Wie das zusammenpasst? Die Forderungen existierten in der Bevölkerung, also dürfe man sie nicht ignorieren, sagt Stieringer am Telefon. Der Fehler sei gewesen, nicht von Anfang an deutlich zu machen, dass es nicht die eigenen seien. Könnte stimmen, diese Version, der Gegenbeweis fehlt. Selbst in diesem mildesten Fall ist das Vorgehen aber mindestens fahrlässig und naiv – und die Debatte vergiftet.