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Ausblick auf das Kulturjahr 2025 in München: Persönliche Tipps der SZ-Redaktion. – München | ABC-Z

Ballettwoche des Bayerischen Staatsballetts, 10. bis 16. April

Kino: Edgar Reitz mal zwei

Edgar Reitz ist deutscher Autor und Filmregisseur und ehemaliger Professor für Film an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. (Foto: Harald Tittel/dpa)

Im Frühjahr 2024 traf ich Edgar Reitz zum Interview in seinem Münchner Zuhause. Der mit den „Heimat“-Filmen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gewordene Filmemacher kam da gerade von der Berlinale, wo man ihn mit einem Preis fürs Lebenswerk geehrt hatte. Im Gespräch sollte es aber nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft gehen: Reitz hatte gerade einen Dokumentarfilm fertiggestellt, darin thematisiert er seine lebenslange Liebe zum Kino und ein Wiedersehen mit älteren Damen, die er einst an einem Münchner Gymnasium unterrichtete.

Im Januar 2025 läuft „Filmstunde 23“ nun regulär in den Kinos an. Über seinen neuen Spielfilm wollte Reitz im Frühjahr 2024 nicht sprechen, der sei „noch nicht in trockenen Tüchern“, sagte er. Mittlerweile ist er es: Reitz drehte das historische Drama „Leibniz“ im Herbst, mit Stars wie Edgar Selge und Lars Eidinger vor der Kamera. Ein 92-jähriger Regisseur, der im neuen Jahr gleich zwei neue Filme vorstellen wird. Wenn das kein Grund zur Freude ist. Josef Grübl

Filmstunde 23, Regie: Edgar Reitz, Kinostart am 9. Januar; Leibniz (AT), Regie: Edgar Reitz, Kinostart noch offen

Klassik: Die Heuschrecken kommen

Dreimal war das Team von Christoph Brech in Hellabrunn, um Wanderheuschrecken zu filmen. Sie spielen in seiner Videokunst zum Konzertprojekt “Metamorphosis” der Münchner Philharmoniker eine zentrale Rolle. (Foto: Christoph Brech)

Christoph Brech erreicht man wie sooft in seinem mobilen Büro, in der Deutschen Bahn. Der Münchner Videokünstler hat ein arbeitsreiches Jahr hinter sich, 2025 wird wohl ähnlich turbulent. Unter anderem arbeite er gerade an einem besonderen Konzert-Projekt, gemeinsam mit den Münchner Philharmonikern. Bei „Metamorphosis – Change For Nature“ geht es um Fernambuk, das Holz, aus dem seit Hunderten von Jahren hochwertige Bögen für Streichinstrumente hergestellt werden.

Der Baum ist stark gefährdet. Die Phili-Musiker unterstützen zwei Wiederaufforstungsprojekte. Für das Kammerkonzert am 6. März in der Muffathalle werden Christoph Brech und sein Team Visualisierungen liefern. Zu Richard Strauss „Metamorphosen“, zu John Adams „Shaker Loops“ und dem 5. Satz aus Beethovens „Pastorale“. Was er schon mal verrät: Gedreht wurde in Hellabrunn, unter Aufsicht von Tierpflegern. Seine „Stars“ sind Wanderheuschrecken, die zum Takt von Adams Musik an Blättern knabbern. Jutta Czeguhn

Metamorphosis – ein multimediales Konzerterlebnis, 6. März, 19.30 Uhr, Muffathalle

Hip Hop: Das einzige Konzert

Wohnzimmeratmosphäre wollen “Dicht & Ergreifend” selbst in der Olympiahalle herstellen. (Foto: Janik Schöbel)

Ein offizieller Weltrekordversuch ist erst der Anfang, „und da kommt noch einiges“, raunen Dicht & Ergreifend. Wer die beiden bayerischen Hip-Hop-Lautsprecher kennt, ahnt, das ist nicht nur so dahingesagt. Normale Auftritte – die kennen Urkwell und Lef Dutti nicht. Weiß jeder, der sie auf der „Inzi-Dance-Tour“ während der Pandemie ihre eigene Konzertabsage via Polizei vorgaukeln sah. Was wird ihnen dann für ihr „einziges Konzert 2025“ einfallen, noch dazu in der Olympiahalle und zur Feier des zehnjährigen Bestehens?

Es kann nur bodenständig-größenwahnsinnig sein, wie ihre Rundbühne mitten in der Arena (zwecks der Wohnzimmeratmosphäre) und des „weltweit ersten 360-Grad-Massen-Stage-Dive“ fürs Guinnes Buch der Rekorde (zwecks des Weltruhms). Schon die Vorband ist eine Sensation: Kofelgschroa einmalig wiedervereint in Originalbesetzung. Michael Zirnstein

Dicht & Ergreifend, 25. Oktober, Olympiahalle

Pop: Oben ohne

Ohne T-Shirt, wie eh und je: Iggy Pop beim 57. Montreux Jazz Festival (Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Es war Anfang der Neunziger im „Wom“ in der Kaufingerstraße. Gerüchteweise hatte ich von dieser Band gehört, aus einer Vergangenheit, die auch schon ungeheure 20 Jahre zurücklag. Dann fand ich diese CD. Auf dem Cover ein Typ mit nacktem Oberkörper, der aus einer silbernen Hose wuchs, gestützt auf seinen Mikrofonständer, der Blick aus furchtlosen kajalschwarzen Erobereraugen in eine Zukunft jenseits des Bildes gerichtet. „Raw Power“ – ein Erweckungserlebnis in jedem Song den Iggy and The Stooges aus der Kompaktanlage in mein Jugendzimmer droschen. So sollte sich Leben anfühlen – wie ein Sprung von der Bühne ohne Angst und T-Shirt. Laut oder leise: Iggy Pop blieb über die Jahrzehnte ein weiser Begleiter, dessen mildes Grinsen versprach, dass man etwas Besseres als den Tod überall findet. Ich habe ihn nie live gesehen. Jetzt lagen sie unterm Weihnachtsbaum: Karten für die schillerndste Echse des Rock’n’Roll, im Sommer auf Tollwood. Ein Geschenk der Ehefrau, die weiß, dass zwei Herzen am schönsten im Off-Beat schlagen. Christian Jooß-Bernau

Iggy Pop, Dienstag, 24. Juni, 19 Uhr, Musik Arena, Tollwood

Kunst: Völlig losgelöst

Michael Najjar: “Orbital Ascent” aus der Serie “Outer Space” (2016), zu sehen in der Ausstellung “Civilization. Wie wir heute leben” in der Kunsthalle München (11. April bis 24. August 2025). (Foto: Michael Najjar)

Die Erde ist ihm nicht genug. Elon Musk will zum Mars. Wer ihn nur für einen Spinner gehalten hat, musste sein Urteil längst revidieren. Als Schatten des mächtigsten Mannes der Welt, des US-Präsidenten Donald Trump, ist er an einer Schaltstelle der Macht angekommen, dass einem Himmel Angst werden kann. Nicht um den Himmel und den Weltraum, sondern um den Planeten, auf dem wir leben. Und so könnte die Ausstellung „Civilization. Wie wir heute leben“, die die Kunsthalle München zur Feier ihrer 40-jährigen Bestehens vom 11. April an zeigen wird, zu der Ausstellung des Jahres werden. Auch weil sie einen mahnenden Blick zurück wirft.

Sie folgt den sichtbaren Spuren der Menschheit rund um den Globus aus der Perspektive von 150 international renommierten Fotografinnen und Fotografen. Beleuchtet Kulturen aller Kontinente und die großen Errungenschaften der Menschheit bis hin zu kollektiven Fehlschlägen. Zu welcher Kategorie Musks Pläne dereinst wohl gehören werden? Evelyn Vogel

Civilization. Wie wir heute leben, Kunsthalle München, 11. April – 24. August 2025

Literatur: Sprachen der Liebe suchen

Essays über Themen wie „Zuhause“, „Allein“ oder „Zeit der Verlust“ haben ihn bekannt gemacht – jetzt kuratiert der Schriftsteller Daniel Schreiber das Literaturfest München. (Foto: Florian Hetz)

„Sprachen der Liebe. Wie wollen wir leben?“ Eine interessante Frage, bei deren Antwort Wunsch und Realität allerdings oft weit auseinanderklaffen. Daniel Schreiber macht den Themenkomplex, bei dem die Assoziationen von Roland Barthes bis zur Paartherapie reichen, als Kurator zum Motto des nächsten Literaturfests.

Der therapeutische Ansatz passt nicht schlecht, hat man beim Literaturfest doch gerade eine Trennung hinter sich: Erstmals wird es nicht im Verbund mit der Münchner Bücherschau, sondern solo im April stattfinden. Für Literaturfans hat der Jahreskalender damit ein neues Zentrum. Es beginnt 2025 mit einer Literaturwoche zahlreicher Münchner Institutionen gegen Antisemitismus (20. bis 27. Januar), endet mit der bewährten Bücherschau (13. bis 30. November) – und lässt dazwischen im Frühjahr nicht nur die Blumen, sondern hoffentlich auch die Herzen aufblühen.

Mit Bestsellerautor Daniel Schreiber werden die Münchner dann die Liebe in all ihren Sprachen suchen: „Denn eine leidenschaftliche Beziehung zur Welt ist unsere einzige Möglichkeit, neue Perspektiven einzunehmen“, so Schreiber, „und die einzige Möglichkeit, unserer Welt in Zeiten wie diesen wirklich zu begegnen und sie vielleicht sogar zu ändern.“ Antje Weber

Literaturfest München, 2.-11. April, diverse Orte, Programmdetails Ende Februar, Vorverkaufsbeginn 1. März

Theater: Schöne Überraschungspakete

Im Münchner Volkstheater sind jedes Jahr zum Festival „Radikal jung“ Produktionen von jungen Regisseurinnen und Regisseuren zu sehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Wer hätte gedacht, dass Trauer so schön sein kann. Mario Banushis „Goodbye, Lindita“, uraufgeführt am Griechischen Nationaltheater Athen, ist ein ergreifendes Poem ohne Worte, und das war eine der Produktionen, die 2024 zum Festival „Radikal jung“ eingeladen waren. Eine absolute Überraschung, etwas, das selten so in München zu sehen ist. Obwohl nicht absehbar, so ist das Festival für junge Regie am Volkstheater doch reich an solchen Entdeckungen. Die Vorfreude auf die neue Ausgabe beginnt deshalb in dem Moment, in dem die vorhergehende zu Ende geht.

„Radikal jung“ wird es auch in diesem Jahr geben, die von einer Jury ausgewählten Produktionen sollen vom 26. April bis zum 4. Mai auf den Bühnen des Münchner Volkstheaters zu sehen sein. In guten Jahren gibt es in München aber noch ein weiteres Theaterereignis, auf das sich blind vertrauen lässt. Und 2025 ist ein gutes Jahr. Im Herbst folgt das biennal stattfindende, internationale Performance-Festival „Spielart“. Wann gibt es das sonst schon, dass man sich auf der Stelle mit der Geschichte Taiwans oder der des Kongo beschäftigen will, weil eine Performance aus diesen Regionen der Welt so beeindruckend war? „Spielart“ ist verteilt auf mehrere Spielstätten in München und ist im Herbst geplant. Yvonne Poppek

Radikal jung, 26. April bis 4. Mai, Münchner Volkstheater; Spielart, 17. Oktober bis 1. November, diverse Orte

Kabarett: Gags für Generationen

Das Kabarettduo Pigor und Eichhorn. (Foto: Thomas Nitz)

Man könnte den Eindruck bekommen, die Österreicher hätten uns im Kabarett endgültig abgehängt, so viele Stars der Szene schicken sie uns im nächsten Frühjahr: Von den Altmeistern Alfred Dorfer, Josef Hader, Florian Scheuba und Robert „Kaiser“ Palfrader über die Entdeckungen Benedikt Mitmannsgruber, Bernie Wagner, Christoph Fritz und Malarina bis zu den musikalischen Kapazundern Wiener Blond, 5/8terl in Ehrn und der Schlagertherapie.

Mit den jungen deutschen Comedians ist da schwer dagegenzuhalten. Und Kabarett-Veteran Sigi Zimmerschied, auf dessen neues Programm „Kein Thema – eine deutsche Antwort“ man gespannt sein darf (Premiere: 10. April, Lustspielhaus), zählt nicht wirklich: Er schreibt seine Programme meist in Österreich. Doch halt, es gibt Eigenes, das man gesehen haben muss: den ersten gemeinsamen Auftritt des „Anstalt“-Vor-und-Schnelldenkers Max Uthoff mit seiner Tochter Toni zum Beispiel, ein satirisches Experiment zu 40 Jahren Altersunterschied. Neues gibt es auch von Deutschlands besten Chansons-Kabarettisten Pigor & Eichhorn. Ihr Programm läuft unter dem Titel „La Groete – Sag nicht Kleinkunst!“ als Show zum gleichnamigen Buch. Das wird grandios. Oliver Hochkeppel

Max & Toni Uthoff, Samstag, 26. April, 19.30 Uhr, Theater Leo 17; Pigor & Eichhorn, Sonntag, 11. Mai, 19.30 Uhr, Lustspielhaus, www.lustspielhaus.de

Kinder: „Kuckuck“ für Weltentdecker

Das Spiel mit Tönen und Materialien gehört beim Theaterfestival Kuckuck dazu: Im vergangenen Jahr erzählten Anna Rosenfelder und Janne Wagner “Geschichten aus dem Matschklumpen”. (Foto: Richard D. Dvorak/richard@dvorak.photos)

Die Zeit der ersten Male ist für Kleinkinder allgegenwärtig: die erste Sandburg, der erste Besuch im Kindergarten, der erste Spielnachmittag bei einem neuen Freund oder einer neuen Freundin – und eben das allererste Mal im Theater. Genau hier setzt das „Theaterfestival Kuckuck für Anfänger“ an, das auch im Jahr 2025 gemeinsam von Schauburg, dem Figuren-Theater-Forum im Stadtmuseum und der Familienbildungsstätte Elly Heuss-Knapp ausgerichtet wird. Zehn Produktionen aus Belgien, Dänemark/Schweden, Österreich, Deutschland, Finnland, Frankreich/Kanada, Italien und den Niederlanden sind eingeladen, ein Intensivpaket von Erfahrungen mit allen Sinnen für die Jüngsten ab sechs Monaten bieten.

Es sind Stücke, die auf vielfältige Weise die Neugierde von Babys und Kleinkindern für Tanz, Musik, Licht, Bewegungen und Objekte aufgreifen und eine erste Faszination für das Theater wecken. Als Erwachsene erhält man dabei die Chance, die Kleinsten bei diesen Ausflügen in die Welt zu begleiten – und wenn man Glück hat, sie durch ihre Augen noch einmal selbst neu zu erleben. Wenn das kein Grund zur Vorfreude ist. Barbara Hordych

Kuckuck, Theaterfestival für Anfänge(r), 14. bis 24. März 2025, diverse Spielstätten; das Programm geht Ende Dezember online, der Vorverkauf startet am 11. Januar 2025

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