Auktionsjahr 2024 in London | ABC-Z
Von dem belgischen Surrealisten René Magritte stammte im vergangenen Jahr nicht nur das teuerste Los bei Kunstauktionen weltweit mit seinem Gemälde „L’empire des lumières“ – vermittelt für mehr als hundert Millionen Dollar bei Christie’s in New York. Magritte stellte auch das teuerste Los in London: Sein „L’ami intime“, ein Mann mit Weinglas und Baguette im Rücken, wurde für 29 Millionen Pfund bei Christie’s in der King Street zugeschlagen und schaffte es damit auch in die internationalen Top Ten.
Traditionsgeschäft mit Alten Meistern
Die internationalen Auktionshäuser konzentrierten sich an der Themse am Ort ihrer Gründung wieder verstärkt auf britische Kunst und das Traditionsgeschäft mit Alten Meistern. Im Sommer erging bei Christie’s der Zuschlag für eine Darstellung Tizians der Heiligen Familie auf der Flucht nach Ägypten bei 15 Millionen Pfund. Im Dezember kam ein von Sotheby’s als „Entdeckung des Jahres“ gefeiertes Renaissance-Gemälde Sandro Botticellis, „The Virgin and Child enthroned“ zur Auktion. Gebote von acht Konkurrenten trieben den Zuschlagspreis auf 8,6 Millionen Pfund.
Zu den am höchsten bewerteten Künstlern gehörten zudem die Briten Lucian Freud, Francis Bacon und David Hockney. Bei Sotheby’s wurde Hockney Gemälde „L’Arbois, Sainte-Maxime“ mit 11,5 Millionen Pfund zum drittteuersten Auktionslos 2024 . Teurer waren bei dem Unternehmen nur Jean-Michel Basquiats „Portrait of the Artist as a Young Derelict“ mit 15 Millionen Pfund und Pablo Picassos „Homme à la pipe“ mit 11,7 Millionen. Zur Frieze-Woche im Oktober konnte Christie’s außerdem Freuds „Ria, Naked Portrait“ für zehn Millionen Pfund vermitteln.
Extrem rare Porzellangefäße
Auf den sechsten Platz schaffte es bei Sotheby’s in London ein Paar chinesischer Porzellangefäße mit Fischdekor aus dem 16. Jahrhundert, eingereicht aus einer Familiensammlung in Deutschland. Ein 1926 in der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ publiziertes Foto zeigt die heute extrem raren Gefäße als Teil der Sammlung Haus Rosselhöh in Wiesbaden. Die obere Taxe lag bei einer Million Pfund, doch zehn Sammler lieferten sich ein zwanzigminütiges Bietgefecht, das der Hammerschlag erst bei 8,3 Millionen Pfund beendete. Weltweit wechselte kein anderes chinesisches Kunstobjekt 2024 bei einer Auktion zu einem höheren Preis den Besitzer.
Neben Asiatika interessierte Naturgeschichtliches. Christie’s hatte in der britischen Hauptstadt zwar kleinere Dinosaurierskelette als Sotheby’s in New York im Angebot, doch ein Allosaurus-Duo und ein Stegosaurus erzielten bei dem Auktionsunternehmen von François Pinault während der Londoner Classic Week im Dezember immerhin zehn Millionen Pfund.
Insgesamt gab es ein Minus
Zum Jahresende meldet Christie’s einen weltweiten Umsatz von 5,7 Milliarden Dollar, dazu trugen Auktionsverkäufe 4,2 Milliarden bei, ein Rückgang von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im obersten Segment des Kunstmarkts besteht zwar weiterhin Appetit auf hochwertige und marktfrische Werke, doch sie wird immer häufiger diskret auf dem privaten Markt verkauft.
42 Prozent seines weltweiten Auktionsumsatzes erreichte Christie’s in den Vereinigten Staaten. London bleibt der wichtigste Standort des Unternehmens in Europa und trug 787 Millionen Dollar zum Auktionsergebnis bei, Paris 415 Millionen. Der Anteil der Neukunden bei Londoner Auktionen soll sich bei Christie’s um ein Drittel vergrößert haben. Sammler aus Europa, dem Nahen Osten und Afrika sorgten für 32 Prozent des Auktionsumsatzes. Das nachlassende Engagement in Asien reflektieren die 26 Prozent, die bei Christie’s Käufer dort und im pazifischen Raum beigetragen haben. Die USA führen deutlicher denn je, was Sammlerausgaben und Auktionsumsätze von New York bis Los Angeles angeht – ein Trend der sich im kommenden Jahr fortsetzen dürfte.
Emotionaler Bezug zum Land
Zum teuersten Londoner Los bei Phillips wurde vergangenes Jahr David Hockneys sommerliches Ölbild „Path Through Wheat Field, July” mit 2,7 Millionen Pfund. Der Künstler malte es 2005, als er in seine Heimatregion Yorkshire zurückkehrte. Auch das zweitteuerste Los des drittgrößten internationalen Versteigerers hat einen emotionalen Bezug zu Großbritannien: Andy Warhols Siebdruck „Portrait of Princess Diana” in Blau aus dem Jahr 1982 stieg auf 1,95 Millionen Pfund. Die folgenden drei Plätze belegten die Malerinnen Yayoi Kusama und Cecily Brown mit Preisen über der Millionengrenze.
Phillips setzte nach eigenen Angaben weltweit 843 Millionen Dollar um. Aus Auktionsverkäufen kamen 721 Millionen Dollar. In London wurde allerdings keines der Top-Ten-Lose des Hauses zugeschlagen, zu denen neben den New Yorker Spitzen in Genf versteigerte Juwelen und Uhren sowie ein in Hongkong versteigerter Basquiat gehörten.
Bei Bonhams avancierte eine Moscheelampe aus emailliertem Glas, die im 14. Jahrhundert ein mamlukischen Emir in Auftrag hab, zum Londoner Spitzenlos. Sie erzielte im November 4,2 Millionen Pfund. Für ein monumentales Gemälde in Brauntönen von dem 2016 verstorbenen indischen Maler Sayed Haider Raza, „La Terre“, fiel der Hammer bei 2,7 Millionen Pfund. Mit Indien und dem Nahen Osten sind auch die Regionen, von denen sich der internationale Auktionshandel im kommenden Jahr größeres Wachstum verspricht, genannt.