Politik

Auch Kara-Mursa stimmte nicht zu: Kreml-Kritiker Jaschin: Ich wollte nicht ausgetauscht werden | ABC-Z

Einen Tag nach ihrer Freilassung erheben russische Politiker Jaschin und Kara-Mursa schwere Vorwürfe gegen den Kreml. Sie seien gegen ihren Willen aus Russland ausgewiesen worden. Jaschin erzählt, wie er gleich nach der Ankunft in Köln in seine Heimat zurückkehren wollte – und warum er sich doch dagegen entschieden hat.

Der russische Oppositionspolitiker Ilja Jaschin betrachtet seine Freilassung nicht als einen Gefangenenaustausch, sondern als “illegale Ausweisung gegen meinen Willen”. Das sagte der Politiker bei einer Pressekonferenz der ausgetauschten russischen Oppositionspolitiker in Bonn. Jaschin wurde im Zuge eines Deals zwischen Russland und dem Westen am Donnerstag aus der Haft entlassen und nach Deutschland gebracht.

“Vom ersten Tag hinter Gittern an habe ich gesagt, dass ich für einen Austausch nicht bereit bin. Ich habe öffentlich darum gebeten, nicht in die Austauschlisten aufgenommen zu werden”, sagte der 41-Jährige. “Dies war meine bewusste Haltung”. Vor seiner Inhaftierung habe er sich trotz Androhung der Verhaftung geweigert, Russland zu verlassen, “da ich mich als russischer Politiker und Patriot verstehe”, so Jaschin.

“Ich verstand meine Inhaftierung nicht nur als Kampf gegen den Krieg, sondern auch als Kampf für mein Recht in meinem Land zu leben und dort eine unabhängige Politik zu betreiben”. Es sei illegal gewesen, ihn gegen seinen Willen aus Russland auszuweisen. “Ich will Ihnen ehrlich sagen, ich will Ihnen sagen, wie es ist: Was ich jetzt am meisten will, ist nach Hause zurückzukehren”, so Jaschin.

Er sei zwar froh, in Freiheit zu sein, sein erster Gedanke nach der Ankunft in Deutschland sei es aber gewesen, ein Ticket zu kaufen und nach Russland zurückzukehren. Er habe sich aber dagegen entschieden, weil ein solcher Schritt die Chancen für weitere Auslieferungen politischer Gefangener aus Russland verringern würden. Ein Mitarbeiter des russischen Geheimdiensts FSB, der ihn eskortiert hatte, habe ihm zum Abschied gesagt: “Du kannst natürlich wie Nawalny nach Russland zurückkehren. Du wirst wie Nawalny verhaftet werden. Und du wirst wie Nawalny enden”. Ihm sei unmissverständlich klargemacht worden, dass seine Rückkehr nach Russland jeden Austausch russischer politischer Gefangener in absehbarer Zeit ausschließen würde.

Kara-Mursa: “Niemand hat uns nach unserer Zustimmung gefragt”

Der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa, der ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, sagte, er habe es, genauso wie Jaschin, “kategorisch abgelehnt”, ein Begnadigungsgesuch an Putin zu schreiben. Er verwies auf die russische Verfassung, die Ausweisung russischer Bürger ohne deren Zustimmung verbiete. “Niemand hat uns nach unserer Zustimmung gefragt”, so Kara-Mursa.

Der Politiker bedankte sich bei Kanzler Olaf Scholz und den Deutschen. “Es war keine einfache Entscheidung für Bundeskanzler Scholz”, sagte er. “Gestern wurden 16 Menschenleben gerettet”, hob Kara-Mursa bevor. “Ich glaube nicht, dass es auf der Welt etwas Wichtigeres gibt.” Der 42-Jährige fügte hinzu, er wolle “allen Menschen in Deutschland danken, die sich für Befreiung der politischen Gefangenen eingesetzt haben und es weiter tun”.

Kara-Mursa machte deutlich, dass er seinen Widerstand gegen Putin fortsetzt. Der Kreml-Chef sei “ein Diktator, ein Usurpator und ein Mörder”, der unter anderem für den Tod von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in russischer Lagerhaft sowie für den Tod zahlreicher ukrainischer Kinder verantwortlich sei.

Kara-Mursa sagte auch, man solle zwischen dem russischen Volk und seinem Präsidenten unterscheiden. “Es gibt viele Menschen in Russland, die gegen den Krieg sind und der Kreml-Propaganda keinen Glauben schenken”, erklärte Kara-Mursa. “Es ist falsch, das russische Volk mit der Politik der Regierung in Verbindung zu bringen”, ergänzte der Oppositionelle Andrej Piwowarow, der ebenfalls am Donnerstag ausgetauscht wurde.

Russland, Belarus und mehrere westliche Länder hatten am Donnerstag in einer beispiellosen Aktion unter Beteiligung des türkischen Geheimdiensts MIT auf dem Flughafen von Ankara insgesamt 24 Gefangene ausgetauscht. Im Gegenzug für die Freilassung politischer Gefangener und Kreml-Kritiker ließen Deutschland, die USA und Partnerländer einen verurteilten Mörder und unter Spionageverdacht stehende Häftlinge aus Russland gehen.

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