Attentat von Magdeburg: Er kümmert sich um die Opfer und Hinterbliebenen – Politik | ABC-Z
Pascal Kober war schon zu Hause in Baden-Württemberg, als der Hinweis kam: In Magdeburg ist etwas Schreckliches passiert. Kober ist der Opferbeauftragte der Bundesregierung. Er griff sich schwarze Anzüge und fuhr nach Sachsen-Anhalt. In Magdeburg gibt es besonders viele Betroffene: die Angehörigen der Toten, die mehr als 200 Verletzten und ihre Liebsten, dazu die vielen Augen- und Ohrenzeugen, die einfach nur auf dem Weihnachtsmarkt einen schönen Abend haben wollten. Der Opferbeauftragte der Bundesregierung hat ihre Betreuung übernommen – auf Bitten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Justizminister Volker Wissing (parteilos).
Pascal Kober sitzt für die FDP im Bundestag. Als die Ampel im November zerbrach und die Liberalen die Regierung verließen, blieb er im Amt. Zu wichtig ist es für die Opfer, dass es hier keine Vakanz gibt. Sein Nachfolger Roland Weber, der schon der Opferbeauftragte des Landes Berlin ist, übernimmt Anfang Januar.
Kober ist seit 2022 Opferbeauftragter. Geschaffen wurde der ehrenamtliche Posten nach dem Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz im Jahr 2016. Damals fühlten sich Opfer und Angehörige nach der Tat im Stich gelassen von einem Staat, der dabei versagt hatte, den Anschlag mit dem Lastwagen zu verhindern. Kober drückte die Aufgabe seines Amtes einmal so aus: „Wenn wir Betroffene allein lassen, sie als Opfer nicht anerkennen und durch staatliches Handeln weiter viktimisieren, verlieren sie das Vertrauen in Staat und Gesellschaft. Durch unsere Hilfe erfüllen wir das Versprechen auf Wiedergutmachung und stärken so auch unsere Demokratie.“
Aus seiner Zeit in Mali kennt er die zerstörerische Kraft eines Traumas
Als erstes Zeichen bekommen Opfer Post von Kober. Das Papier enthält Kontaktmöglichkeiten und soll signalisieren, dass der Staat die Betroffenen nicht alleinlässt. Der Opferbeauftragte kann nach solchen Ereignissen zudem ein psychosoziales Beratungstelefon mit bis zu 50 Leitungen bereitstellen, das rund um die Uhr erreichbar ist. Er ist aber nicht nur Koordinierungsstelle in akuten Lagen, sondern eine dauerhafte Einrichtung. Betroffene können sich auch zwei Jahre nach einer Tat an Kobers Büro wenden. Der Opferbeauftragte hat dafür ein eigenes Referat im Bundesjustizministerium mit einer Referatsleitung und neun Mitarbeitern. Hinterbliebene können hier Geld vom Staat als sogenannte Härteleistungen beantragen, wenn die Tat amtlich als terroristisch eingestuft wurde.
Pascal Kober, 53, ist ein in sich ruhender Mann, der besonnen spricht. Er war evangelischer Pfarrer, bis er als Sozialpolitiker in der FDP Karriere machte. In den außerparlamentarischen Jahren der Partei wurde er Militärseelsorger und war auch auf Auslandseinsatz in Mali. Aus dieser Zeit kennt er Traumatisierungen und weiß, dass die zerstörerischen Symptome auch erst Jahre später auftreten können. Seit 2017 sitzt Kober wieder für die FDP im Bundestag, auch 2025 tritt er erneut an, auf einem guten Listenplatz im FDP-Stammland Baden-Württemberg. Schafft es seine Partei wieder in den Bundestag, schafft es Kober auch.
Nach drei Jahren in einem schwierigen Amt bleibt ihm ein tröstender Gedanke
Das Amt hat seine Grenzen. Kober kann zuhören, wenn Angehörige von Behördenbesuchen erzählen, die sie als retraumatisierend empfinden. Er kann trösten oder auch mal bei einer Behörde anrufen. Oder er kann erklären, warum eine Obduktion rechtsstaatlich notwendig sei, auch wenn das für die Familie belastend ist. Wenn Angehörige die juristische Aufarbeitung einer Tat als unzureichend empfinden, kann er jedoch schlecht über die Richter richten. Kober ist aber überzeugt, dass es gelingen kann, Enttäuschungen zu vermeiden, wenn der Staat sich Zeit dafür nimmt, sein Handeln gut zu vermitteln. Nach drei Jahren in einem schwierigen Amt bleibt ihm ein tröstender Gedanke: Die meisten Betroffenen finden ins Leben zurück.