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USA: Es geht Donald Trump nur um sein Ego | ABC-Z

Sieben Tage im Leben des Donald Trump, die ratlos machen könnten: royaler Kitsch in London, ein sa­kral-politisches Hochamt für Charlie Kirk in Arizona, Gegnerverfolgung per präsidentiellem Erlass in Washington, dann eine UN-Generaldebatte in New York, bei der über nicht fahrende Rolltreppen und die Panne mit dem Teleprompter geklagt wird. Schließlich, zurück in Washington: Der Präsident will auf muslimische Staaten zugehen, ohne Israel unter Druck zu setzen.

Ganz so erratisch, wie Trumps Woche scheint, war sie dann aber doch nicht. Das Muster ist einfach und auch nicht neu: Der Präsident hält sich für den Nabel der Welt. Keine Ideologie, keine politische Überzeugung ist das Prisma, durch das Trump die Welt sieht. Es ist ausschließlich sein Ego.

In New York fragte der Präsident die versammelten Staats- und Regierungschefs, was der Zweck der Vereinten Nationen sei. Die Weltorganisation produziere nur leere Worte. Solche beendeten aber keine Kriege. Er hingegen habe in sieben Monaten sieben Kriege beendet. Kein anderer Staatsmann habe je etwas Vergleichbares geschafft. Es sei schade, dass er sich um diese Dinge habe kümmern müssen, und traurig, dass die UN es nicht einmal versucht hätten.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Man weiß nicht, was empörender ist: die unterwürfige Widerspruchslosigkeit, mit der die Staatengemeinschaft hinnimmt, dass Trump sich mit fremden Federn schmückt. Oder die Dreistigkeit, mit welcher der Präsident offensichtliche Fakten ausblendet: Das UN-System wird seit anderthalb Jahrzehnten gelähmt – und zwar von einem Autokraten, dem Trump Mitte August in Alaska den roten Teppich ausgerollt hat. Darüber ging er in seiner New Yorker Rede geflissentlich hinweg.

Gleichzeitig vollzog Trump dort eine „große Kehrtwende“ (Wolodymyr Selenskyj) in seiner Ukrainepolitik und stellte sich an die Seite Kiews. Fürs Erste nötigt er die Ukraine nicht mehr, Gebiete an Russland abzutreten. Sie könne ihr Land zurückerobern. Warum der Schwenk? Weil Wladimir Putin ihn hängen gelassen habe.

Der Präsident spürt, dass der Kremlherr ihn vorgeführt hat und ihm die Möglichkeit verwehrt, den gefährlichsten aller gegenwärtigen Kriege zu beenden. Und das, obwohl Trump ihm ein sehr „großzügiges Angebot“ (Marco Rubio) in Form einer faktischen Anerkennung der gegenwärtigen Frontlinien gemacht hatte. Diese Bloßstellung kann Trump nicht auf sich sitzen lassen.

Wie lange gilt ein Wort des US-Präsidenten?

Das ist der wahre Grund für seine Kurskorrektur – und nicht etwa die Eskalation Putins, der mittlerweile nicht mehr davor zurückschreckt, den Luftraum von NATO-Staaten zu verletzen. Trump bleibt mit Blick auf die Bündnissolidarität schwammig: Zwar sagt er, NATO-Partner dürften russische Kampfflieger bei neuerlichen Provokationen abschießen. Er macht aber seine Unterstützung von den „Umständen“ abhängig.

Das alles muss bei den Europäern große Bauchschmerzen hervorrufen. Dennoch loben sie seine neuen Kiew-freundlichen Töne. Was bleibt ihnen auch übrig? Die eigentliche Frage ist: Kann man den Präsidenten noch ernst nehmen? Welche Geltungsdauer haben seine Worte? Bis zum nächsten Telefonat mit Putin?

Sein Umfeld verfolgt gefährlichere Ziele

Die Egomanie Trumps in der internationalen Politik spiegelt sich innenpolitisch, auch wenn die Rahmenbedingungen andere sind. Das Attentat auf den rechtspopulistischen Aktivisten Charlie Kirk wird vom Präsidenten und den Seinen auf skrupellose Weise ausgeschlachtet: Populistische Bewegungen brauchen Märtyrer. Während Kirks Witwe Erika, die die Organisation ihres Mannes künftig führen will, sich auf ihr Christentum berief und dem Attentäter öffentlich verzieh, rief Trump kurz darauf der Menge in dem Stadion zu: „Ich hasse meine Gegner. Und ich will nicht das Beste für sie.“

Man muss Trump ernst nehmen, wenn er sagt, „bösartige“ Linksradikale seien direkt verantwortlich für den Terrorismus, den man heute sehe. Er fackelte nicht lange und stufte die Antifa als Terrororganisation ein, obwohl dieser jegliche Struktur fehlt. Das ist nicht nur Symbolpolitik: Präsidentenberater Stephen Miller kündigte an, jede Ressource des Sicherheitsapparats zu nutzen, um „diese Terrornetzwerke zu entwurzeln und zu demontieren“.

Trump bewundert zwar autoritäre Herrscher und hegt mitunter selbst diktatorische Phantasien. Über eine kohärente Weltanschauung verfügt er aber nicht. Im Grunde wird er von persönlichen Rachegelüsten gegen seine innenpolitischen Gegner geleitet. Seiner Kamarilla um J. D. Vance aber geht es um einen anderen Staat, um die schrittweise Errichtung eines autoritären Systems. Diese Leute nutzen Trumps Egomanie für ihre Zwecke, während der Präsident immer noch denkt, er sei die treibende Kraft.

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