Asteroid 2024 YR4 könnte den Mond treffen: Wahrscheinlichkeit steigt | ABC-Z

Berlin. Der Asteroid 2024 YR4 verfehlt die Erde – könnte aber nun den Mond treffen. Neue Berechnungen zeigen eine gestiegene Wahrscheinlichkeit.
Zusammenfassung
- Die Erde verfehlt er wohl deutlich, doch nun rückt bei der Flugbahn von Asteroid 2024 YR4 der Mond in den Fokus
- Die Einschlagswahrscheinlichkeit auf dem Mond steigt laut neuen Berechnungen
- Präzise Messungen des James-Webb-Weltraumteleskops haben die Unsicherheiten bei der Flugbahnbestimmung des Asteroiden um 20 Prozent reduziert
Er tauchte am 27. Dezember 2024 auf – registriert von einem chilenischen Observatorium, beinahe übersehen. Doch binnen weniger Tage rückte der neu entdeckte Asteroid 2024 YR4 in den Fokus globaler Aufmerksamkeit: Mit einer Einschlagswahrscheinlichkeit von über drei Prozent galt er plötzlich als reale Bedrohung für die Erde und avancierte zum ernstzunehmenden Fall für die Asteroidenabwehr.
Doch so schnell, wie die Aufregung gekommen war, ebbte sie auch wieder ab. Bereits Ende Februar gaben Wissenschaftler des Nasa Center for Near-Earth Object Studies (CNEOS) vorsichtige Entwarnung: Die berechnete Bahn wurde präzisiert und die Risikoeinschätzung nach unten korrigiert. Heute liegt die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags auf unserem Planeten bei nur noch 0,001 Prozent.
Auch die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hat den Himmelskörper von ihrer Risikoliste gestrichen. In einer Stellungnahme heißt es: „Der Asteroid 2024 YR4 stellt kein signifikantes Einschlagsrisiko für die Erde mehr dar.” Für die Erde war’s das also. Doch die Geschichte von 2024 YR4 endet hier nicht – sie beginnt erst.
Einschlag auf dem Mond? Neue Bahnprognose für Asteroid 2024 YR4
Denn während unser Planet offenbar glimpflich davonkommt, verschiebt sich der potenzielle Zielort ein Stück weiter ins All: Der Mond gerät zunehmend ins Fadenkreuz der Berechnungen. Die Wahrscheinlichkeit eines Aufpralls am 22. Dezember 2032 beziffert die US-Raumfahrtagentur Nasa aktuell auf 4,3 Prozent – zuvor waren es noch 3,8 Prozent.
Die entscheidenden Daten hierfür stammen aus Beobachtungen des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST). Unter der Leitung des Planetenforschers Andy Rivkin vom Johns Hopkins Applied Physics Laboratory wurde der Asteroid im April und Mai 2025 erneut präzise vermessen. Der Einsatz des Teleskops hat die Unsicherheiten bei der Flugbahnbestimmung laut Nasa um rund 20 Prozent reduziert – ein Quantensprung im Maßstab astronomischer Prognosen.
Zwar spricht auch jetzt vieles gegen einen tatsächlichen Einschlag. Sollte es dennoch dazu kommen, wären die Folgen überschaubar: Die Nasa betont, dass selbst im Falle eines Aufpralls die Umlaufbahn des Mondes unverändert bliebe, da lediglich ein Krater mit einem Durchmesser von etwa 1200 Metern entstehen würde – vergleichbar mit dem berühmten Meteor Crater in Arizona.
Größe, Krater, Einschlagsenergie: Wie gefährlich ist ein Asteroid auf dem Mond?
Mindestens ebenso faszinierend wie seine potenzielle Route ist das Objekt selbst. Die Infrarotmessungen des JWST ermöglichten erstmals eine exakte Schätzung seiner Größe: 60 Meter Durchmesser mit einer Abweichung von sieben Metern. Frühere Schätzungen hatten zwischen 40 und 90 Metern geschwankt.
Darüber hinaus gelang es dem Forschungsteam, eine weitere Eigenschaft zu bestimmen, die Rückschlüsse auf den Aufbau des Asteroiden erlaubt: seine Rotationsperiode. Mit 19,46 Minuten dreht sich 2024 YR4 ungewöhnlich schnell. Für sogenannte „Schutthaufen“-Asteroiden, also lose zusammengefügte Gebilde aus Geröll, wäre eine solche Rotationsgeschwindigkeit zu viel – sie würden unter der Zentrifugalkraft auseinanderbrechen. Die schnelle Rotation lässt daher nur einen Schluss zu: Es handelt sich um einen monolithischen Felsbrocken, kompakt, stabil und aus Silikatgestein gewachsen.
Dazu passt auch die jüngste Auswertung von Beobachtungen mit dem Gemini-North-Teleskop auf Hawaii. Diese weisen den Asteroiden dem sogenannten S-Typ zu – eine silikatreiche Klasse – und lassen auf eine abgeflachte, keilartige Form schließen.
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Nasa pausiert Beobachtung – nächste Annäherung 2028
Vorerst aber müssen die Teleskope ruhen. Seit Mai 2024 ist 2024 YR4 zu weit von der Erde entfernt, um weiter verfolgt zu werden – selbst für die hochsensiblen Sensoren des JWST. Erst im Jahr 2028 wird der Asteroid laut Nasa erneut in Reichweite kommen. Dann soll er erneut untersucht werden, um die Flugbahn weiter zu verfeinern und letzte Unsicherheiten auszuräumen.
Bis dahin bleibt 2024 YR4 ein Fall für Modelle, Simulationen und Orbitalrechner. Sein Kurs verdeutlicht, wie eng Beobachtung und Prognose inzwischen miteinander verflochten sind – und wie entscheidend präzise Daten für die Einschätzung kosmischer Risiken geworden sind.