Pakistan: Was wir über den Bergunfall von Laura Dahlmeier wissen | ABC-Z

Olympiasiegerin Laura Dahlmeier ist bei einem Bergunfall in Pakistan verunglückt. Die Suche nach ihr bleibt schwierig. Warum Rettungsversuche bisher scheiterten.
© Sven Simon/imago images
Hinweis der Redaktion: Laura Dahlmeier ist inzwischen für tot erklärt worden. Unsere aktuelle Berichterstattung dazu finden Sie hier.
Auf knapp 6.000 Metern Höhe ist die ehemalige Biathletin und Olympiasiegerin Laura Dahlmeier im pakistanischen Karakorum-Gebirge verunglückt. Rettungsversuche waren bisher erfolglos. Was ist genau passiert und wieso dauert die Suche nach ihr so lange? Die wichtigsten Informationen im Überblick
Was ist passiert?
Laura Dahlmeier ist am 6.096 Meter hohen Berg Laila Peak im pakistanischen Karakorum-Gebirge schwer verunglückt. Wie ihr Management mitteilte, war sie gemeinsam mit einer Seilpartnerin im sogenannten alpinen Stil unterwegs, also ohne zusätzliche Hilfe durch Träger oder feste Lager, nur mit leichter Ausrüstung. Das Unglück ereignete sich bereits am Montagmittag in etwa 5.700 Metern Höhe, als Dahlmeier von einem Steinschlag getroffen wurde.
Die Biathlon-Olympiasiegerin hat sich nach ihrer erfolgreichen Karriere noch einer anderen Sportart gewidmet: dem Bergsteigen. Sie ist staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin, aktives Mitglied bei der Bergwacht und gilt als erfahrene und risikobewusste Bergsteigerin. Sie war bereits seit Ende Juni mit Freunden im Karakorum unterwegs. Am 8. Juli hatte sie bereits erfolgreich den 6.287 Meter hohen Great Trango Tower bestiegen – ein anspruchsvolles Ziel. Der Laila Peak war als nächster Gipfel auf ihrer Tour geplant.
Wie geht es Laura Dahlmeier?
Das ist derzeit unklar. Unmittelbar nach dem Unfall konnte die
Seilpartnerin noch mit Dahlmeier sprechen.
Demnach war Dahlmeier zu dem Zeitpunkt verletzt, aber am Leben. Das teilte ein Vorsitzender des Alpenvereins vor Ort mit. Der Seilpartnerin sei es nicht möglich gewesen, zu ihr zu klettern, meldete das pakistanische Portal Dawn. Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt unterhalb von Dahlmeier an dem Berg. Sie konnte erfolgreich zum Basiscamp absteigen.
“Es herrscht weiterhin keine Klarheit über Dahlmeiers Zustand”, sagte Karrar Haidri, Vizepräsident des Alpinclubs von Pakistan, der Nachrichtenagentur AP. “Sie hat schwere Verletzungen erlitten, aber sie hat Sauerstoff bei sich.” Verletzte Bergsteiger hätten bekanntlich schon tagelang überlebt.
Die Suche nach der 31-Jährigen wurde am Dienstagabend wegen der einbrechenden Dunkelheit zunächst unterbrochen und erst am darauffolgenden Tag, also später als geplant, teilweise wieder aufgenommen. Behörden in Pakistan teilten der Nachrichtenagentur dpa mit, dass Dahlmeier bislang nicht genau habe lokalisiert werden können.
Bisher konnte die Rettungsmission nach Angaben der Expeditionsfirma jedoch nur am Boden stattfinden. Helikopter seien aufgrund der schlechten Wetterbedingungen nicht gestartet. Vier erfahrene Kletterer und zwei Bergträger seien in zwei Teams auf dem Berg unterwegs, um die 31-Jährige zu bergen.
Die Sorge wächst: Auf rund 5.700 Metern herrschen eisige Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, und die Region ist von Schnee bedeckt. Am Dienstagmorgen hatte ein Hubschrauber das Unglücksgelände überflogen. “Lebenszeichen waren nicht zu erkennen”, teilte das Management mit. Dahlmeier sei “mindestens schwerst verletzt”.
Warum ist der Rettungseinsatz so schwierig?
Bisher konnten Rettungskräfte nicht zu Dahlmeier vordringen, weil die Unglücksstelle schwer zugänglich ist. “Es wurde festgestellt, dass eine Bergung per Hubschrauber nicht möglich ist”, sagte Areeb Ahmed Mukhtar, ein hochrangiger lokaler Beamter im Bezirk Ghanche. “Die Bedingungen in der Höhe, in der sie verletzt wurde, sind extrem schwierig.” Zudem besteht weiter Steinschlaggefahr.
Nun koordiniert ein internationales Bergrettungsteam die Bergung, auch dort in der Umgebung befindliche erfahrene Bergsteiger fungieren als Unterstützung. Wie die Expeditionsfirma bestätigte, gehören drei US-Amerikaner sowie ein deutscher Bergsteiger zum Rettungsteam. Dabei handelt es sich pakistanischen Behörden zufolge um den Extremkletterer Thomas Huber.
Schwierig ist der Einsatz wegen eines weiteren Grundes: Der Berg- und Sportexperte Stefan Nestler nannte das Gebiet im ARD-Interview “eine politisch total brisante Gegend”. Es sei dort nur dem pakistanischen Militär erlaubt, Rettungsflüge auszuführen. Dafür seien jedoch Genehmigungen nötig. Deshalb könne es lange dauern, bis sich Helfer auf den Weg machen.
Wie sind die Gegebenheiten des Berges?
Der Laila Peak liegt unweit des K2, dem zweithöchsten Berg der Welt. Mit seiner markanten, schmalen Gipfelform gilt der Laila Peak als einer der schönsten Berge der Region und lockt damit jedes Jahr ambitionierte Alpinistinnen und Alpinisten an.
Bergsteigerlegende Reinhold Messner, der als erster Mensch alle 14 Achttausender bestiegen hat und die Region sehr gut kennt, bezeichnete den Laila Peak als “sehr steilen Berg, sehr schwierig zu klettern”. Aber alle würden bestätigen, “dass sie [Dahlmeier] eine exzellente Bergsteigerin ist”. Die 31-Jährige habe nach seinen Informationen auch “alles dabeigehabt, um die Tour sauber abzuschließen”. Bei Steinschlag oder einer Lawine, so Messner, sei jedoch die Möglichkeit, “sich zu retten, relativ gering. Die Natur ist so hart.”
Auch der deutsche Bergsteiger Stefan Nestler sieht schwierige Bedingungen im Karakorum. “In diesem Sommer war es dort außergewöhnlich heiß und trocken, mit der Folge, dass an fast allen großen Bergen über Steinschlag berichtet wurde: am Nanga Parbat, am K2, an den großen Achttausendern”, sagte er dem Radiosender Bayern 1. Viele der üblichen Expeditionen hätten deshalb gar nicht stattfinden können.