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80 Jahre Mattel: Barbie-Hersteller muss sich Vorwürfe gefallen lassen – Wirtschaft | ABC-Z

Zur Feier des Jahres ist alles in Rot getaucht. In das für Mattel typische Rubinrot, um präzise zu sein. Schließlich wird an diesem Vormittag auf der Spielwarenmesse in Nürnberg eine limitierte „Ruby Anniversary Collection“ präsentiert, inklusive Barbie-Puppe, Polly-Pocket-Ringe-Box, Uno-Karten, einem lächelnden Fisher-Price-Spieltelefon und einem Hot-Wheels-Modell. Die Jubiläumskollektion bildet jene Marken ab, die Mattel groß und bekannt gemacht haben. Der mit 5,5 Milliarden Dollar Umsatz 2023 und 33 000 Beschäftigten nach Lego zweitgrößte Spielwarenhersteller mit Sitz im kalifornischen El Segundo zelebriert seinen 80. Geburtstag. Die Feierlichkeiten würden noch glanzvoller ausfallen, gäbe es nicht immer wieder hässliche Vorwürfe.

Die Erfolgsgeschichte beginnt, wie den Legenden nach so viele in den USA, in einer umgebauten Garage. Harold, Spitzname: Matt, Matson und das Ehepaar Ruth und Elliot Handler bastelten in einer solchen von 1945 an zunächst Puppenmöbel und Bilderrahmen. 1947 landeten sie mit einer Ukulele für Kinder ihren ersten Verkaufsschlager, ein Jahr später ließen sie Mattel als Markennamen eintragen. Der große Durchbruch gelang 1959 mit der Erfindung der Barbie-Puppe. Ganze Generationen von Feministinnen arbeiten sich seither an ihr ab, weil sie ein weibliches Schönheitsideal nicht nur fördert, sondern sogar überzeichnet. Doch dergleichen Kritik perlt an der Kundschaft weitgehend ab – mit Barbies macht Mattel nach wie vor Riesengeschäfte und der an den Kinokassen außergewöhnlich erfolgreiche Film „Barbie: The Movie“ befeuerte diese noch zusätzlich. Ihren Lover, Kumpel oder was auch immer namens Ken hat Barbie übrigens seit 1961.

Barbies gibt es inzwischen in allen möglichen Hautfarben und Körperformen und – Stichwort: Inklusion – auch im Rollstuhl. „Die Mattel-Macher haben Themen wie Diversität und Inklusion ernsthaft und frühzeitig bespielt“, sagt Spielwaren-Expertin Sibylle Dorndorf, langjährige Chefredakteurin des Fachmagazins Toys. „Was Mattel aber besonders auszeichnet, ist die ausgezeichnete und sehr konsequente Pflege ihrer Marken.“ Allein die Traditionsmarken Barbie, Hot Wheels und Fisher-Price seien jede für sich „mehr als eine Milliarde Dollar wert“, rechnete Mattel-Manager Steve Totzke bereits im Vorjahr auf der Nürnberger Spielwarenmesse vor. „Dann haben wir aber auch noch ein Dutzend Marken, die im Bereich hundert Millionen angesiedelt sind.“ Und auch der Name Mattel rücke „immer mehr in den Vordergrund“.

Eigentlich gilt die Spielzeugbranche als schnelllebig

Dass der seit 1960 börsennotierte US-Spielwarenriese zahlreiche Markenprodukte im Portfolio hat, die sich seit Jahrzehnten in den Kinderzimmern behaupten, ist allein schon bemerkenswert. Denn die Spielzeugindustrie gilt als schnelllebig; der weit überwiegende Teil dessen, was gerade in Nürnberg zu sehen ist, wird in wenigen Monaten vom Markt verschwunden sein. Mattel wuchs vor allem in den 1980er-Jahren und galt zeitweise als größter Spielzeughersteller der Welt. Viele der Produkte von damals hielten sich als sogenannte Longseller.

Die schöne, bunte Spielwarenwelt weist jedoch auch dunkle Flecken auf. Wiederholt haben Menschenrechtsorganisationen die Zustände in den Werken kritisiert, in denen Mattel-Spielzeug produziert wird. Vergangenen Herbst veröffentlichte die in Münster ansässige Christliche Initiative Romero (CIR) gemeinsam mit den Nichtregierungsorganisationen China Labor Watch und Action Aid aus Frankreich einen auf verdeckten Recherchen basierenden Report über die Zustände in jenen chinesischen Fabriken, in denen vor allem Barbie-Puppen produziert werden. Von systematischer Verletzung von Frauenrechten und sexueller Belästigung ist darin die Rede.

Man habe, heißt es in der Zusammenfassung des „Toys Report 2024“, Strukturen vorgefunden, „wie sie in sogenannten Ausbeutungsbetrieben herrschen: niedrige Löhne, exzessive Überstunden, Mobbing am Arbeitsplatz, Gesundheits- und Sicherheitsprobleme am Arbeitsplatz, fehlende Möglichkeiten zur Organisation und fehlende Arbeitnehmendenvertretung“. Hinzu kämen Verstöße gegen das chinesische Arbeitsrecht wie nicht eingehaltene Sozialversicherungsvorschriften und arbeitsrechtliche Missstände.

„Wir nehmen diese Vorwürfe sehr ernst, und es wird eine gründliche, zusätzliche unabhängige Untersuchung durchgeführt, damit wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld bieten können“, versichert eine Mattel-Sprecherin auf SZ-Nachfrage. Mattel habe „sich verpflichtet, ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen und dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im gesamten Unternehmen, auch in unseren Produktionsstätten, fair und mit Respekt behandelt werden“. Im Zuge dessen würden die Spielwarenfabriken regelmäßig überprüft, „um die Einhaltung der Sicherheits- und Arbeitsplatzstandards zu gewährleisten“.

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