Aschaffenburg: Amtliche Tierärztinnen in Schlachthof-Skandal vor Gericht – Bayern | ABC-Z
In der kommenden Woche müssen sich zwei ehemalige amtliche Tierärztinnen in Aschaffenburg wegen des Vorwurfs der Verletzung von Dienstgeheimnissen vor Gericht verantworten. Die beiden Tierärztinnen waren zuständig für die Überwachung des Aschaffenburger Schlachthofes, der im Sommer 2023 im Zentrum eines Skandals um mutmaßliche Tiermisshandlungen stand. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, im Amt vorab von geplanten, unangekündigten Kontrollen des Schlachthofes erfahren und dieses Wissen an Unbefugte aus dem Schlachthof weitergegeben zu haben. Einer 50 Jahre alten Tierärztin legt die Anklagebehörde insgesamt fünf Fälle der Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen Geheimhaltungspflicht vor, ihrer 28 Jahre alten Kollegin einen Fall.
Angeklagt am Landgericht Aschaffenburg ist auch ein Inhaber eines der Zerlegebetriebe, die sich auf dem Schlachthof-Areal befanden. Ihm wird Beihilfe zur Verletzung von Dienstgeheimnissen vorgeworfen. Er wie die beiden Tierärztinnen sollen Mitglieder einer Chatgroup gewesen sein, in der Informationen rund um den Schlachthof intern verbreitet wurden. Den beiden bis 2023 bei der Stadt Aschaffenburg beschäftigten Tierärztinnen – die auch für das Untersuchen von Schlachttieren, die Kontrolle der Schlachtung sowie die spätere Fleischbeschau zuständig waren – wird vorgeworfen, infolge ihrer Tätigkeit von beabsichtigten Kontrollen der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) erfahren und dies an interessierte Dritte weiterverbreitet zu haben. Über die geplanten Kontrollen informiert waren ansonsten nur zuständige Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), die KBLV sowie das Ordnungsamt Aschaffenburg.
Um deren Erfolg nicht zu gefährden, unterliegt die Kenntnis über Termine von Kontrollen der Geheimhaltungspflicht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es aufgrund mutmaßlicher Verstöße dagegen den Kontrolleuren gar nicht möglich gewesen sei, die Lebensmittelsicherheit während der Schlachtung, Hygienevorschriften sowie etwaige Verstöße gegen den Tierschutz zu überprüfen. Eine Kontrolle der tatsächlichen Verhältnisse am Schlachthof sei folglich vereitelt worden. Die Angeklagten sollen somit einen möglicherweise nicht ausreichenden Gesundheitsschutz von Fleischessern ebenso in Kauf genommen haben wie nicht ausreichenden Schutz der Tiere im Schlachthof.
Im Juli 2023 hatte die Tierrechteorganisation Soko Tierschutz schwere Vorwürfe gegen den Schlachthof erhoben. Filmmaterial zufolge soll es dort zu Misshandlungen mit Elektroschockern gekommen sein. Auch sollen Rinder ohne vorgeschriebene Betäubung geschlachtet worden sein. Die Soko Tierschutz hatte Kontrollbehörden und Staatsanwaltschaft vielstündiges Material dazu übermittelt. In der Folge war der Schlachthof zunächst geschlossen worden.
Im vergangenen Juni hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, das Auswerten des Materials sei „äußerst zeitintensiv“ – die Ermittlungen zum Straftatbestand der quälerischen Tiermisshandlung dauerten insofern an. Juristisch weiter anhängig ist zudem ein Zivilverfahren der Stadt Aschaffenburg gegen die Schlachthof GmbH. Die Stadt ist Eigentümerin des Schlachthof-Geländes. Sie hatte der Betreiberin wegen möglicher Vergehen gegen das Tierschutzgesetz gekündigt und eine Räumungsfrist zugestanden. Weil das Unternehmen die Frist der Stadt zufolge verstreichen ließ, war Räumungsklage erhoben worden.