Arsenal in der Premier League – Die Gangsterbande entführt drei Punkte – Sport | ABC-Z
An den Trikots ließ sich das berühmte North London Derby zwischen Tottenham Hotspur und dem FC Arsenal diesmal nicht erkennen. Erstmals seit 38 Jahren durfte Arsenal als Gastmannschaft am Sonntag nicht in den eigenen roten Stammtrikots gegen die Spurs antreten, die Gunners mussten auf das schwarze Ausweichtrikot zurückgreifen. Dabei gehörte es stets zu den Gepflogenheiten dieser Stadtrivalität, dass beide Vereine in den direkten Duellen in ihren Heimtrikots auflaufen, Tottenham also überwiegend in Weiß und Arsenal in Rot. Doch diesmal hatte die Premier League zusammen mit dem Schiedsrichterverband entschieden, Arsenals Trikot enthalte in dieser Saison „zu viel weiß“ – und sehe dem Spurs-Leibchen zu ähnlich.
Bis auf die Trikotfarbe war im Tottenham Hotspur Stadium allerdings fast kein Unterschied zu den vorherigen Auflagen auszumachen. Das Match beinhaltete die gewohnte Verbissenheit, Intensität und Spannung. Auch die Atmosphäre auf den Rängen war packend und laut wie immer. Zusätzliches Prestige hatte das Wiedersehen durch den Ausgang der Vorsaison erhalten, als sich die Spurs-Anhänger diebisch über eine eigene Pleite gegen Manchester City in einem Nachholspiel freuten – weil diese dazu beitrug, dass letztlich City, und nicht das ungeliebte Arsenal, die Meisterschaft gewann.
Arsenal war also besonders auf Revanche aus. Und in den schwarzen Trikots wirkten die Gunners auch wie eine Gangsterbande, die einmal schnell für 90 Minuten ins Nachbarrevier einbrach und drei Punkte entführte. Die Mannschaft des (passenderweise ebenfalls in Schwarz gekleideten) Trainers Mikel Arteta war Tottenham dann zwar in nahezu allen relevanten Statistiken unterlegen. Kaum Ballbesitz, viel weniger Torschüsse. Aber dafür drückten die Gunners im entscheidenden Moment voll ab, in Person des Innenverteidigers Gabriel. Der wuchtete in der 64. Minute einen Eckball von Bukayo Saka per Kopf aus kurzer Distanz zum Siegtreffer ins Netz.
Tottenham sucht noch immer einen Nachfolger für Harry Kane
Durch das 1:0 bleibt Arsenal nach vier Spieltagen dem bisher punkverlustfreien Schon-wieder-Tabellenführer Manchester City auf den Fersen, der nach frühem Rückstand den FC Brentford durch zwei Tore von Erling Haaland 2:1 besiegte. City hat jetzt zwölf Punkte, Arsenal zehn, nächsten Sonntag kommt es in Manchester zum Spitzenspiel. Für die Gunners ist es dabei eher kein Nachteil, zuerst auswärts agieren zu müssen. Auf fremdem Platz hinterlässt die Mannschaft derzeit einen abgezockten Eindruck, seit dem vergangenen Jahresende ist sie ungeschlagen.
Tottenham wiederum spielt unter dem Coach Ange Postecoglou einen Dauerhochgeschwindigkeitsfußball, der bisweilen so rasend vonstattengeht, dass es an Ruhe und Cleverness bei der Chancenverwertung mangelt. Den Spurs fehlt gewissermaßen ein Torjäger wie Harry Kane, der einst für Ewigkeiten den Angriff des Vereins prägte, bis er im Sommer 2023 bekanntlich für etwa 100 Millionen Euro zum FC Bayern gewechselt ist.
Sein Abschied bot den zurückbleibenden Spielern eine Bewährungschance, die sie teilweise auch nutzten – aber konstant kann den „Killer“ Kane niemand ersetzen. Wohl auch nicht der neue Rekordklubeinkauf Dominic Solanke, 26, vom AFC Bournemouth, den sich die Spurs in diesem Transferfenster stolze 65 Millionen Euro kosten ließen. Dem Engländer gelang es trotz guter Chancen auch in seinem zweiten Spiel für Tottenham nicht, seinen ersten Treffer zu erzielen – und seinem Team damit zumindest einen Punkt zu retten, der dem Spielverlauf angemessen erschien.
Mit nur einem Ligasieg aus den ersten vier Spielen treten die Spurs auf der Stelle, immer mehr muss sich der von sich überzeugte Postecoglou nun überlegen, wie lange er seinen erlebnisreichen Stil noch durchziehen kann. Tottenham spielt unter ihm zwar wagemutig wie immer, was die Fans honorieren. An den häufig schwachen Ergebnissen des Klubs in der Vergangenheit hat das allerdings bisher zu wenig geändert. Immerhin wird es auch im Rückspiel gegen den FC Arsenal ein bisschen anders aussehen. Dann muss Tottenham, zur Kompensation sozusagen, im eigenen Auswärtstrikot antreten, es ist hellblau.