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ARD und ZDF ziehen für höheren Rundfunkbeitrag vors Bundesverfassungsgericht | ABC-Z

ARD und ZDF ziehen für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf 18,94 Euro vor das Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich dagegen, dass die Bundesländer bislang keinen entsprechenden Beschluss gefasst haben und damit eine fristgerechte Anhebung zum 1. Januar 2025 nicht mehr möglich ist, wie die öffentlich-rechtlichen Sender mitteilten.

Die Länderchefs wollen bei ihrem Ministerpräsidententreffen Mitte Dezember erneut beraten. Die Sender erhöhen mit der Verfassungsbeschwerde nun den Druck.

Aktuell beträgt der Rundfunkbeitrag monatlich 18,36 Euro. Insgesamt kommen so rund neun Milliarden Euro für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusammen. Die Erhöhung um 58 Cent hatten Finanzexperten – die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) – für die nächste Beitragsperiode von 2025 bis 2028 empfohlen. Die Bundesländer müssen sich dem Verfahren zufolge eng daran orientieren.

„Können eine Verletzung des Verfahrens nicht hinnehmen“

„Dieser Schritt fällt uns schwer, aber wir können eine Verletzung des Verfahrens nicht hinnehmen“, sagte Kai Gniffke, Vorsitzender der ARD und Intendant des SWR, laut Mitteilung. „Wir tragen Verantwortung über die nächsten vier Jahre hinaus für die dauerhafte Sicherung der staatsfernen Finanzierung und damit für journalistische Unabhängigkeit als Bestandteil der Rundfunkfreiheit. Die ist gesetzlich geregelt, und Gesetze sind einzuhalten. Recht und Gesetzestreue kennen nun mal keine Kompromisse.“

ZDF-Intendant Norbert Himmler teilte mit: „Die Unabhängigkeit unserer Berichterstattung steht und fällt mit der Unabhängigkeit unserer Finanzierung.“ Der Blick auf die Krisenherde der Welt und die wachsende Verunsicherung auch in Deutschland zeigten einmal mehr, wie wertvoll der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Garant verlässlicher Informationen für die Gesellschaft sei.

Senderchef Himmler führte weiter aus: „Die Verfassung gibt vor, dass er dafür angemessen finanziert sein muss. Da die Länder die Beitragsempfehlung der KEF nicht umsetzen, bleibt uns keine andere Möglichkeit, als erneut Beschwerde in Karlsruhe einzulegen.“

Bundesverfassungsgericht war schon einmal involviert

Der Ablauf zur Ermittlung des Beitrags, den Haushalte und Firmen zahlen, ist per Staatsvertrag genau festgelegt. Schon beim letzten Mal vor rund vier Jahren hatten die öffentlich-rechtlichen Sender das höchste Verfassungsgericht in Karlsruhe eingeschaltet, weil sich Sachsen-Anhalt gegen eine Erhöhung ausgesprochen hatte.

Die Richter ordneten einen Anstieg des Beitrags von 17,50 Euro auf aktuell 18,36 Euro an. Wann es eine Entscheidung der Karlsruher Richter zu der neuesten Verfassungsbeschwerde geben wird, ist unklar.

Warum die Länder um den Rundfunkbeitrag streiten

Auch dieses Mal hatten gleich mehrere Ministerpräsidenten – darunter von Sachsen-Anhalt, Bayern und Brandenburg – schon früh klargemacht, dass sie sich gegen eine Anhebung stellen. Manche der Kritiker fordern mehr Reformwillen der Medienhäuser, sie sprechen auch von verloren gegangenem Vertrauen durch den RBB-Skandal. Und es wird das Argument angeführt, dass die Öffentlich-Rechtlichen ausreichend Rücklagen hätten, die man erst einmal einsetzen könnte, bis Reformen wirken – dem widerspricht wiederum die KEF.

Befürworter einer Erhöhung sagen, Reformen würden erst mit der Zeit für Einsparungen sorgen. Deshalb müsse man den Häusern das Beitragsplus – auch mit Blick auf die Inflation – zugestehen. Das Problem: Alle Ministerpräsidenten und danach alle Landtage müssen einer Beitragserhöhung zustimmen. Sagt nur ein Land Nein, bleibt alles beim Status quo.

Änderung zum 1. Januar sehr unwahrscheinlich

Es gilt wegen der Kürze der Zeit bis Jahresende als so gut wie ausgeschlossen, dass der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 steigt. Zudem erneuerten erst jüngst wieder Ministerpräsidenten wie Reiner Haseloff (CDU) aus Sachsen-Anhalt und Markus Söder (CSU) aus Bayern ihr Nein.

Die Länderchefs hatten im Oktober eine Reform des Rundfunks mit Änderungen in der Senderstruktur beschlossen. Die Finanzfrage hatten sie jedoch wegen Differenzen verschoben. Sie stellten aber in Aussicht, dass sie den Weg, wie der Beitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio festgelegt wird, verändern wollen. Von einem „Systemwechsel“ war die Rede. Man werde zu einem anderen Finanzierungsmechanismus über die Beiträge kommen.

Am Rundfunkbeitrag an sich wird nicht gerüttelt, auch soll die KEF-Empfehlung weiterhin zentral bleiben. Ebenso soll es weiter Mitwirkungsrechte der Landesregierungen und der Landtage geben.

Die Gewerkschaften jubeln

Die Gewerkschaften begrüßten die Entscheidung von ARD und ZDF, die Erhöhung des Rundfunkbeitrags einzuklagen. Es sei „offensichtlich“, dass die Empfehlung der Gebührenkommission KEF „aus rein populistischen Erwägungen von der Ministerpräsidentenkonferenz nicht übernommen wurde“, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Mika Beuster. „Die Klage in Karlsruhe ist deshalb der einzig mögliche Schritt gegen die politische Übergriffigkeit von sieben Länderchefs, die eine Umsetzung der KEF-Empfehlung blockieren.“ Statt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Bollwerk gegen Desinformation und Propaganda auszubauen, so der DJV, werde der Qualitätsjournalismus im Programm der Sender destabilisiert. „Das ist ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit, der nicht von Dauer sein darf“ so Beuster.

Es sei „richtig, dass ARD und ZDF sich zum Rundfunkbeitrag nun an das Verfassungsgericht wenden“, sagte der für Medien zuständige Bundesvorstand der Gewerkschaft Verdi, Christoph Schmitz-Dethlefsen. „Für die Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen“ gebe es „klare Vorschriften – und die werden von den Länderchefs derzeit missachtet. Wenn die Politik ihre Verantwortung nicht wahrnimmt, muss das höchste Gericht entscheiden, dafür leben wir in einem Rechtsstaat.“

Liminski: „Ob das klug ist, steht auf einem anderen Blatt“

Der Medienminister von Nordrhein-Westfalen, Nathanael Liminski (CDU) stellte indes fest, die Klage sei „ein legitimes Mittel der Rundfunkanstalten. Ob sie klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Am Ende geht es um nicht weniger als die Akzeptanz für einen pflichtfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und Akzeptanz erreicht man nicht durch Urteile.“ Es sei den Sendern „wohlbekannt“, so Liminski, „dass wir in diesen Wochen im Länderkreis eine gemeinsame Lösung entwickeln, die eine auskömmliche Finanzierung langfristig absichern soll. Die Klage zum jetzigen Zeitpunkt spiegelt Misstrauen gegenüber der gewählten Politik. Sie weckt zudem Zweifel an der Entschlossenheit der Sender, die im System vorhandenen Einsparpotentiale wirklich zu heben. Diese falsche Entscheidung zur falschen Zeit ist Wasser auf die Mühlen der Gegner eines breit verankerten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Angesichts der Rücklagen und der bisherigen Rechtsprechung war für die Sender weder finanziell noch rechtlich Gefahr in Verzug. Vor dem Hintergrund hätte ich mir aufseiten der Anstalten mehr Weitsicht und Verantwortung gewünscht.“

Söder: Mehr als neun Milliarden Euro sind „mehr als auskömmlich“

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisiert die Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF ebenfalls. „Den Rundfunkanstalten würde mehr Zurückhaltung in eigener Sache guttun“, sagte Söder. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine tragende Säule unserer Demokratie, aber er darf die Akzeptanz und den Rückhalt in der Bevölkerung nicht verspielen. In Zeiten knapper Kassen ist eine erzwungene Gebührenerhöhung das falsche Signal.“

Alle müssten maßhalten – auch die Rundfunkanstalten, sagte Söder. „Rundfunkbeiträge von mehr als neun Milliarden Euro pro Jahr sind mehr als auskömmlich.“ Vor einer Erhöhung der Beiträge seien erst entschlossene Reformen und Sparbemühungen nötig. „Wir haben im Länderkreis dazu strukturelle Reformen beschlossen, die erst wirken sollten. Eine Gebührenerhöhung über eine Klage ist das falsche Signal und kostet weiteres Vertrauen. Es geht um ein Gespür für die allgemeine Lage. Die Klage lässt dieses Gespür leider vermissen“, so Söder.

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