Politik

Archäologe in Rheinland-Pfalz soll Funde bewusst falsch datiert haben | ABC-Z

Der Fund menschlicher Schädel aus dem fünften Jahrhundert vor Christus bei Koblenz galt bislang als außergewöhnlich – jetzt gibt es deutliche Hinweise auf eine Fälschung. Von dem „Verdacht, dass ein Landesbeamter möglicherweise bewusst und über Jahre hinweg archäologische Funde manipuliert hat“, spricht die rheinland-pfälzische Innenstaatssekretärin Simone Schneider (SPD).

Gegen den Mitarbeiter der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) werde deshalb disziplinarrechtlich ermittelt. Der Archäologe werde zurzeit angehört, es gelte weiter die Unschuldsvermutung. Der Mann soll allein gehandelt haben. Ihm drohe das Ende des Beamtenverhältnisses.

Gefundene Schädel waren viel jünger als in der Dokumentation angegeben

Mindestens 21 gefundene Schädel oder Schädelfragmente seien falsch datiert worden, wie naturwissenschaftliche und anthropologische Überprüfungen eines externen Instituts in Mannheim Anfang dieses Jahres ergeben hätten, sagten Schneider und die Generaldirektorin der GDKE, Heike Otto. Bei zwei Fragmenten habe die chronologische Einstufung ins fünfte Jahrhundert vor Christus ungefähr gepasst. Die anderen seien erheblich jünger gewesen, stammten entweder aus dem Mittelalter oder aus der Neuzeit.

Auslöser der Überprüfung sei eine vertrauliche Anfrage einer nicht genannten Universität aus dem vergangenen Jahr gewesen. Dort seien Zweifel an der schon mehrere Jahre alten Dissertation des Mannes über die Funde aufgekommen. Der Fall soll jetzt mithilfe externer Fachleute aus Köln und Schleswig-Holstein aufgeklärt werden.

Eine Universität hatte vertraulich Zweifel an der Datierung angemeldet

Die vermeintlich archäologisch herausragenden Funde, insbesondere ein Schädel, seien unter anderem in Koblenz und auch außerhalb von Rheinland-Pfalz ausgestellt worden, berichtete das Innenministerium. Der Schädel sei auch Teil einer Ausstellung im Jahr 2017/18 zum 70-jährigen Bestehen des Bundeslandes im Landesmuseum Mainz gewesen.

Es müsse davon ausgegangen werden, dass andere Wissenschaftler ihre Forschungsarbeiten auf diesen öffentlichkeitswirksam vorgestellten und publizierten Funden aufgebaut haben, ergänzte Schneider. Um weiteren wissenschaftlichen Schaden abzuwenden, werde deshalb die Öffentlichkeit informiert.

„Die Geschichte von Rheinland-Pfalz muss aber nicht neu geschrieben werden“, sagte Schneider. Die Funde ließen sich räumlich und zeitlich klar eingrenzen. Die Schädel und Fragmente seien bei mehreren sogenannten Notgrabungen im Raum Koblenz gefunden worden. Dabei gelte es, schnell archäologische Funde zu sichern, wenn etwa Erde abgebaggert werde, erläuterte Otto.

Um weitere Fälschungen auszuschließen, würden alle herausragenden Funde der GDKE noch einmal genau angesehen, kündigte Otto an. „Wir fangen mit Koblenz an.“

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