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Antisemitismus in Bayern: Ausstellung enthüllt bedrückende Realität – Landkreis München | ABC-Z

Eva Umlauf ist Kinderärztin, Psychotherapeutin und Buchautorin – und Auschwitz-Überlebende. Die 82-Jährige hat zeit ihres Lebens Antisemitismus erfahren und zuletzt sei der Judenhass „allgegenwärtig“ geworden, sagt sie. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 „treffen wir auf ganz offenen Antisemitismus“. So müssten inzwischen fast alle ihre Lesungen von der Polizei geschützt werden, sagt die Münchnerin. „Ich fühle mich nicht wohl, dass das so ist, aber es ist nötig.“

Ein bewegendes Interview mit Eva Umlauf, in dem sie über Antisemitismus in ihrem Alltag spricht, steht am Ende einer Ausstellung, die ab Montag in der Volkshochschule Taufkirchen zu sehen ist. „Judenhass heute“ heißt die Schau der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Bayern. Auf 14 Tafeln erfahren die Besucherinnen und Besucher unter anderem, was Antisemitismus ist, welche Erscheinungsformen es gibt, wie groß das Problem im Freistaat ist, und wie man sich als Zeuge judenfeindlicher Vorfälle verhalten kann. Am eindrücklichsten sind jedoch die persönlichen Berichte von Betroffenen wie Eva Umlauf, die über antisemitische Anfeindungen und deren Auswirkungen auf ihren Alltag sprechen.

Eine der Schautafeln geht auch auf das Massaker am 7. Oktober 2023 und die Folgen für Jüdinnen und Juden weltweit ein. So ist es laut der Rias infolge des Hamas-Angriffs und der militärischen Gegenoffensive Israels auch in Bayern zu einer „Welle antisemitischer Anfeindungen“ gekommen. Viele jüdische Menschen im Freistaat fühlten sich „nicht mehr sicher vor Gewalt, Bedrohungen und Beleidigungen“, heißt es in der Ausstellung. „Sie beklagen ein fehlendes Mitgefühl und mangelnde Unterstützung durch ihre nichtjüdischen Mitmenschen.“

Tatsächlich zeigt die Statistik, dass die Angriffe auf Jüdinnen und Juden in Bayern seit der Hamas-Attacke rapide zugenommen haben. Informationen des Innenministeriums zufolge lag die Zahl der antisemitischen Straftaten im Freistaat von Januar bis Oktober 2023 bei 272, ehe nach dem Massaker weitere 317 bis zum Jahresende hinzukamen – in nur drei Monaten. Vergangenes Jahr blieben die Zahlen dann hoch: Insgesamt wurden im Freistaat 542 antisemitische Straftaten gezählt.

„Die Zahlen steigen, aber der Antisemitismus war immer schon da“, sagt Eva Umlauf. Sie berichtet in der Ausstellung, dass ihr damals zehnjähriger Sohn schon vor fast 30 Jahren von einem Klassenkameraden auf dem Schulhof als „scheiß Jude“ beschimpft wurde. Derweil wird Tim Kurockin, ein 19-jähriger Jude aus Amberg, der aktuell in Berlin lebt, auf einer weiteren Tafel mit den Worten zitiert: „Es gibt leider kein Lösungsrezept, um Antisemitismus aufzuhalten, weil er von so vielen verschiedenen Seiten kommt.“ Zudem moniert er das fehlende Mitgefühl in Teilen der Gesellschaft. „Ich habe häufig gemerkt, dass nicht-jüdische Leute gar nicht verstehen, wie sehr es einen betrifft“, sagt Tim Kurockin. „Es fehlt häufig einfach mal so ein Nachfragen, wie es einem geht.“

Die Wanderausstellung der Rias ist bis Anfang April in Taufkirchen zu sehen. Dazu gibt es Vorträge. (Foto: Volkshochschule)

Mehr Sensibilität schaffen und über Antisemitismus aufklären will die Rias Bayern mit ihrer Wanderausstellung, die nun also bis Anfang April in Taufkirchen gastiert. Begleitet wird sie von drei Veranstaltungen in der Volkshochschule, beginnend mit einem Vortrag von Tobias Eisch. Der Kurator der Ausstellung spricht an diesem Montag um 19 Uhr bei freiem Eintritt über Antisemitismus in Bayern und die Entwicklungen seit dem 7. Oktober 2023. Am Freitag, 21. März, findet dann von 17.30 bis 20.30 Uhr ein Workshop unter dem Motto „Menschlich bleiben“ statt, bei dem der Umgang mit menschenfeindlichen Denkmustern thematisiert und zur Auseinandersetzung mit eigenen Vorbehalten angeregt wird.

Tags darauf am 22. März folgt schließlich noch ein Online-Vortrag der Aktivistin und Influencerin Tanya Yael Raab. Sie berichtet von ihrem Leben als queere, feministische Jüdin, klärt über Stereotype auf und reflektiert kritisch die deutsche Erinnerungskultur. Tickets für ihren Vortrag kosten sechs Euro, die Teilnahme am Workshop acht Euro.

Die Ausstellung „Judenhass heute“ der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern wird von 10. März bis 5. April in der Volkshochschule Taufkirchen im Ahornring 121 gezeigt. Ein Besuch ist bei freiem Eintritt während der Öffnungszeiten von Montag bis Freitag zwischen 13 und 18 Uhr möglich.

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