Animieren und Zappeln: Maxim Emelyanychev dirigiert die Philharmoniker | ABC-Z
Wer am Freitag und Samstag abends nicht in der Isarphilharmonie war, hat eine ganze Menge verpasst: vierhändigen Schubert, explosiven Mozart, stahlfingrigen Prokofjew und witzige Musik von Alfred Schnittke. Und weil unangestrengter Humor etwas ist, was von einem Symphoniekonzert am allerwenigsten zu erwarten ist, wird dieses Programm der Münchner Philharmoniker länger im Gedächtnis haften als mancher Allerwelts-Tschaikowsky oder Traditions-Bruckner.
Schnittkes “Gogol-Suite” mischt erkennbare und scheinbare Zitate, steigert Tanzmusik ins Groteske und überrascht mit ungewöhnlichen Farben und Instrumentationseffekten. Und das alles ist ohne jede überflüssige Note sehr genau auf den Punkt gebracht, wie es der Anlass forderte: eine Schauspielmusik für eine Inszenierung des legendären Regisseurs Juri Ljubimow nach Motiven von Nikolai Gogol am Moskauer Taganka-Theater. Und im Unterschied zu ähnlichen Resteverwertungen können die acht kurzen Sätze tatsächlich für sich selbst stehen, weil sie sehr dicht komponiert sind.
Überraschung mit Schubert
Davor gab es eine sehr explosive Aufführung von Mozarts “Haffner”-Symphonie im historisch informierten Stil. Die Philharmoniker brauchten aber am Freitag einen Satz, um sich an den Stil des Dirigenten Maxim Emelyanychev zu gewöhnen. Schon im Andante wirkte der Klang plötzlich weniger flach, dann stellten sich die Musikerinnen und Musiker voll auf den 36-jährigen Zappelphilipp und seine etwas merkwürdige Zeichengebung ein.
Emelyanychev ist – unter anderem – durch seine kreative Begleitung der Rezitative in Teodor Currentzis’ Mozart-Aufnahmen am Hammerklavier bekannt geworden. Es ist daher nicht ganz überraschend, dass es ihn lockte, sich vor der Pause zum Solisten Alexander Melnikov ans Klavier zu setzen, um mit ihm Franz Schuberts Andantino varié D 823 vierhändig als Zugabe zu spielen: eine sehr geglückte Überraschung.
Melnikov hatte davor Sergej Prokofjews zweites Konzert interpretiert: so stahlfingrig, wie es komponiert ist. Aber eben auch so nuanciert und poetisch, wie es bei dieser dezidiert antiromantischen Krach- und Knallmusik möglich ist.
Emelyanychevs Debüt beim BR-Symphonieorchester mit Brahms und Schumann vor einem Jahr war weniger glücklich. Es scheint, als würde seine etwas fahrige und ganz auf den Moment konzentrierte Musiker-Animation viel besser zu den Philharmonikern passen. Die machen nach dem Jahreswechsel übrigens auch sehr originell weiter: mit einem Amerika-Schwerpunkt im Januar und März. Denn von melancholischen Slawen hören wir das ganze Jahr mehr als genug.