Angriffe auf Journalisten steigen: Bericht von Reporter ohne Grenzen – Medien | ABC-Z

Im vergangenen Jahr kam es wieder zu mehr Angriffen auf Journalisten – 89 registrierte Vorfälle zählt die Organisation Reporter ohne Grenzen. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr 2023. Der größte Teil, 75 Fälle, bezog sich auf körperliche Angriffe, bei denen Medienschaffende getreten und geschlagen wurden. Die Täter setzten auch Gegenstände wie Fahnenstangen ein, nutzten Pfefferspray, warfen mit Kaffeebechern, spuckten und schlugen ihre Opfer teils brutal zusammen.
Die meisten Attacken, nämlich 49, ereigneten sich in Berlin. Weit dahinter teilen sich Bayern und Sachsen mit jeweils acht registrierten Angriffen den zweiten Platz. Reporter ohne Grenzen registriert Vorfälle, wenn Journalisten und ihre Ausrüstung getroffen werden. Auch Übergriffe gegen Redaktionsgebäude werden gezählt. Um sie zu verifizieren, werden neben den betroffenen Journalisten auch die Polizei und anwesende Zeugen befragt.
Medienschaffende wurden demnach zumeist dann attackiert, wenn ihnen eine andere politische Haltung als die der Täter unterstellt wurde. Besonders auf Demonstrationen zum Nahost-Konflikt kam es 2024 zu Angriffen. Dort ereigneten sich 38 physische Übergriffe, die meisten davon auf Palästina-solidarischen Veranstaltungen. Allein der Bild-Reporter Iman Sefati und der Fotojournalist Yalcin Askin, die häufig zusammenarbeiten, wurden im vergangenen Jahr in 29 Fällen beleidigt, bedroht, getreten, geschubst und geschlagen. Womit 40 Prozent der registrierten Attacken gegen sie gingen.
Das Redaktionsgebäude des „Eichsfelder Tageblatts“ wurde Anfang Januar mit Hakenkreuzen besprüht
Journalisten verschiedener Medien berichten von der gewaltbereiten Stimmung, die der Presse gegenüber auf diesen Demonstrationen herrscht. Auch Morddrohungen fielen. Aus Sicht der Protestierenden berichteten Medien nach dem 7. Oktober 2023 einseitig zugunsten von Israel und zu wenig über das Schicksal der Menschen im Gazastreifen. Auch aus mehreren Redaktionen werde von einem stark verengten Meinungskorridor bei der Arbeit zu Israel und Palästina berichtet, so Reporter ohne Grenzen.
Einer der heftigsten Vorfälle fand Anfang letzten Jahres in Leipzig statt, als ein Journalist des Lokalsenders Sachsen Fernsehen zusammengeschlagen wurde. Selbst als er am Boden lag, traten die Täter weiter auf ihn ein, er kam ins Krankenhaus.
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Journalistinnen und Journalisten werden angegriffen, geschmäht und bedroht. Warum unternimmt die Politik bisher nichts? Eine Spurensuche.
Die Angriffe haben in den vergangenen Jahren zugenommen: Von 2016 bis 2019 lag ihre Zahl zwischen jährlich 13 bis 22. Mit dem Corona-Jahr 2020 verdreifachte sie sich und stieg in den weiteren zwei Jahren bis zum Rekord 2022 an, als die Zahl der registrierten Angriffe das erste und bisher einzige Mal sogar dreistellig wurde (103). Seit zehn Jahren erfasst Reporter ohne Grenzen die Angriffe, die neuste Erhebung erfasst den bisher zweithöchsten Stand.
Zu den Vorfällen im vergangenen Jahr trugen auch Rechte und Rechtsradikale bei, die in 21 Fällen handgreiflich wurden. Auf Veranstaltungen der AfD, Naziaufmärschen und rechten Demonstrationen ereigneten sich zwölf Angriffe. Ausführlich dokumentiert wurde der Fall des hessischen Landesvorsitzenden der Jungen Nationalisten Thassilo Hantusch, der bei einem Treffen der Neonazi-Partei Die Heimat Reporter des Medienprojekts Recherche Nord schlug. Das Redaktionsgebäude des Eichsfelder Tageblatts wurde Anfang Januar mit Hakenkreuzen besprüht.
Reporter ohne Grenzen geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Insgesamt 123 Hinweise auf Gewalt gegen Journalisten wurden im vergangenen Jahr an die Organisation herangetragen. Dass nur 89 davon auch registriert wurden, liegt oftmals an fehlenden Zeugen. Viele Fälle werden nicht polizeilich ermittelt und gerichtlich verfolgt.