Bezirke

Ismaning: Versteigerung von Fundsachen im Festzelt – Landkreis München | ABC-Z

Die Koffer stehen aufgereiht nebeneinander. Für sie geht es aber nicht auf ein Gepäckband im Flughafen oder direkt in den Flieger, nein, sie stehen auf der Bühne im Festzelt des Ismaninger Volksfestes. Auf dem Gepäckband waren sie vielleicht einmal, manche von ihnen haben es aber auch nie erreicht. Die Koffer wurden von ihren Besitzern am Münchner Flughafen verloren, vergessen oder absichtlich zurückgelassen und kommen nun unter den Hammer. Sie, ihr Inhalt und andere Fundsachen, die sich am Flughafen München so ansammeln, werden versteigert.

Circa 470 Auktionsstücke sind es dieses Mal. Sie werden entweder einzeln oder als Paket versteigert und sind thematisch zusammengefasst: Es gibt Koffer voller Bücher, Kleidung oder Schuhe, aber auch Tierboxen, Kinderwagen mit Spielzeug, Akkus und Kosmetika können an diesem Samstag erstanden werden.

Alfred Mittermeier, Bruder von Michael Mittermeier und wie dieser im Hauptberuf Kabarettist, seit 2018 aber auch nebenberuflich Auktionator für den Flughafen, leitet die Versteigerung. Die Gebote fangen immer bei fünf Euro an, dann geht es in Fünfer- oder Zehner-Schritten nach oben. Das geht teilweise so schnell, dass Mittermeyer nach ein paar Sekunden schon bei Geboten von über 100 Euro angelangt ist. Die Arme schießen regelrecht in die Höhe.

Die Überraschungskoffer gehen besonders gut weg. Mehr als 400 Euro werden in Einzelfällen gezahlt. Was sich darin befindet, wird vorher nicht verraten, man muss sie blind kaufen. Dieses Unwissen scheint die Bieter zu reizen. Nur so viel gibt Mittermeier preis: „Schmutzwäsche, Bargeld, Drogen und Waffen wurden vorher rausgenommen.“ Die Koffer werden im Voraus sowohl von den Mitarbeitern des Fundbüros als auch von Zoll und Landespolizei auf gefährliche Gegenstände durchsucht. Auch persönlichen Daten der Vorbesitzer werden entfernt.

Als Auktionator in Aktion: der Kabarettist Alfred Mittermeier. (Foto: Catherina Hess)

Es gibt also keine bösen Überraschungen. Josef Rankl, der Leiter des Fundbüros am Flughafen Münchens, lacht, wenn er über den Inhalt der Koffer spricht: „Was der Mensch alles dabei hat; was für Geschichten und Dramen.“ Und Auktionator Mittermeier versichert: „Es kommt immer mal wieder was Skurriles.“ Eine Drohne, Wasserpistolen, Skier, Autorücklichter, ein Miniofen, Motorsägen. Da stellt sich die Frage: Wer nimmt das mit an einen Flughafen? Oder viel mehr: Wer lässt es da?

In 50 Prozent der Fälle würden die verlorenen Stücke abgeholt und fänden ihren Weg zurück zu ihrem Besitzer, heißt es vom Flughafen; doch manchmal sei es einfach zu teuer, den Koffer zurückzuschicken, vor allem ins Ausland. Es sei immer oberste Priorität, die Besitzer ausfindig zu machen und ihnen ihr Eigentum zurückzuführen, versichert Fundbüro-Mitarbeiterin Irene Beitel. Wenn diese jedoch nicht auffindbar sind, werden die Dinge eben versteigert.

Das wertvollste Stück ist ein Diamantring mit 14 Karat

Dabei kann es schon mal vorkommen, dass der Höchstbietende nicht immer so schnell feststeht. Fundbüro-Chef Rankl sagt: „Wenn sich zwei finden, die sich hoch steigern, dann geht’s da ab.“ Dann werde es auch fürs Publikum besonders interessant. Das ist auch bei dem teuersten Gegenstand des Tages in Ismaning der Fall, einem Ring von „United States Airforce Academy Jostens“. Er ist mit 14 Karat gestempelt und hat einen kleinen Diamanten in der Mitte. Zwei Frauen liefern sich ein Zweiergefecht und stacheln sich so gegenseitig in schwindlige Höhen. Mittermeier zählt die Gebote im Sekundentakt aufwärts. Als sie die 1000er-Marke reißen, geht es in 50-Euro-Schritten weiter. Schließlich erhält eine der beiden Frauen den Zuschlag für 1750 Euro. Applaus brandet auf.

Das Publikum im Zelt bietet eifrig mit.
Das Publikum im Zelt bietet eifrig mit. (Foto: Catherina Hess)

In Ismaning steigern fast alle mit: Eine ältere Besucherin, die sich mehr als nur eines der Modeschmuck-Pakete kauft. Ein Kind, das einen Controller ersteigert und sein Glück kaum fassen kann. Ein Mann, der ein Fahrrad kauft und den Helm, den er dazu bekommen hat, prompt im Festzelt anprobiert. Ein Koffer, der bis oben hin mit Fan-Artikeln des FC Bayern gefüllt ist, ruft gemischte Gefühle beim Publikum hervor, Buhrufe vermischen sich mit Jubel. Letztendlich geht der Koffer für satte 300 Euro über den Tisch.

Mittermeier lacht, als die erste Motorsäge aufgerufen wird: „Ich habe noch keine Versteigerung ohne mindestens drei Motorsägen erlebt.“ Diese müssten am Flughafen zurückgelassen werden, da sie wegen des Öls weder im Maschinenraum noch im Laderaum mitgeführt werden dürften. Auch an diesem Tag werden genau drei Motorsägen verkauft.

Doppelter Spaß: Diese Teilnehmer eines Junggesellenabschieds ersteigern einen Koffer voller Spielzug.
Doppelter Spaß: Diese Teilnehmer eines Junggesellenabschieds ersteigern einen Koffer voller Spielzug. (Foto: Catherina Hess)

Die technischen Geräte finden auch bei Fabian Kelter und seinen Freunden großen Zuspruch. Sie johlen laut oder stöhnen auf, wenn sie überboten werden. Die Gruppe aus dem Sauerland, die einen Junggesellenabschied im Ismaninger Festzelt feiert, erhält am Ende aber auch einmal den Zuschlag: für einen Koffer mit Spielzeug. Einen Teil verschenken sie noch, während die Versteigerung weiterläuft. Eine rote Fliegermütze aus dem Koffer zieht sich einer der Freunde aber selbst auf den Kopf. Die Gruppe ist sich einig: Die 85 Euro für den Koffer haben sich gelohnt.

Es bleibt nichts übrig in Ismaning, für alle Gegenstände findet sich ein neues Zuhause. Der Erlös, der sich auf mehr als 16 000 Euro addiert, geht zum Teil an karitative Zwecke aus der Gegend, zum anderen werden damit die Kosten der Versteigerung gedeckt.

Fundbüroleiter Rankl hat dann noch einen Tipp, damit der eigene Koffer nicht auf einer Auktion landet: Er empfiehlt einen DIN-A4-Zettel mit Namen, Handynummer und E-Mail-Adresse in den Koffer zu legen. Dann kommen die eigenen Sachen hoffentlich nie unter den Hammer.

Back to top button