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Traditionsgeschäft in Freising: Schreibwarenladen feiert 250. Jubiläum – Freising | ABC-Z

Der Schreibwarenladen J. G. Wölfle an der Oberen Hauptstraße in Freising ist ein Traditionsgeschäft. Doch in regelmäßigem Abstand berichten Zeitungen über familiengeführte Läden, die ihre Türen für immer zusperren. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: weil die Online-Konkurrenz zu groß ist, sich die Suche nach einem Nachfolger als erfolglos erweist oder das Konsumverhalten der Menschen anders geworden ist. Weniger oft berichten Zeitungen hingegen über Geschäfte, die auf eine jahrhundertelange Geschichte zurückblicken und trotzdem optimistisch in die Zukunft schauen können – vor allem deshalb, weil es von dieser Sorte immer weniger gibt.

Das Geschäft, das früher der Familie Wölfle gehörte, gibt es seit vielen Jahren. Er ist eng mit der Geschichte der bayerischen Universitäten verbunden. Eigenen Angaben zufolge wurde der Laden mit dem Namen „Krüll’sche Universitäts-Buchhandlung“ 1775 in der Universitätsstadt Ingolstadt gegründet, so ist es auch in der Historie auf der Website des Geschäfts zu lesen. Ursprünglich handelte es sich um eine Buchhandlung mit Verlag. Im Jahr 1800, unter Kurfürst Max IV. Joseph, wurde die Universität Ingolstadt nach Landshut verlegt und auch die Buchhandlung zog dorthin.

Seit 1830 gibt es die Filiale in Freising. Sie wurde später größer als das Landshuter Stammgeschäft – vielleicht auch deshalb, weil König Ludwig I. inzwischen die Verlegung der Hochschule von Landshut nach München, wo sie in Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) umbenannt wurde, befohlen hatte. Im Jahr 1837 kaufte Johann Georg Wölfle das Geschäft in Landshut und die Filiale in Freising. Mehrmals im Laufe der Geschichte des Ladens wechselten die Namen der Inhaber, mehrmals änderten sich auch die Sparten: Es gab nicht nur Schreibwarenartikel, sondern auch Bücher oder Antiquitäten. Der Name „J. G. Wölfle“ aber blieb.

Maximilian und Kreszentia Seiderer erwarben das Geschäft im Jahr 1920. Tochter Klothilde Schnell (geborene Seiderer) und ihr Mann Erwin Schnell übernahmen das Geschäft im Jahr 1932. Es folgten Wolfgang Schnell, der knapp vierzig Jahre lang Chef war, und seit 2007 sein Sohn Eberhard Schnell. Dieser sagt, er ist stolz darauf, dass sein Laden zu den ältesten der Stadt gehört – und er dieses 250. Jubiläum noch vollenden konnte.

Denn Schreibwarenläden haben es nicht leicht, vor allem dann, wenn sie familiengeführt sind. Die Gründe sind vielfältig: Große Gewinnmargen sind in der Branche in Zeiten von hohen Energie- und steigenden Personalkosten schwer zu erreichen. Supermärkte und Drogerieketten bieten inzwischen ein großes Sortiment an Büro- und Schulbedarf oft zu niedrigeren Preisen. Viele Produkte werden aufgrund der Digitalisierung nicht mehr nachgefragt: Oder hat noch jemand Tusche zu Hause?

„Unsere Arbeit und die Waren werden nicht genug wertgeschätzt“, sagt Schnell und verweist auf das Konsumverhalten der Menschen, die zwar Traditionsgeschäfte vermissen, wenn sie geschlossen haben, aber dort zu wenig einkaufen, wenn es sie noch gibt. Was Schnells Kollegen dazu sagen? „Die gibt es nicht mehr“, sagt er und meint das nicht ironisch.

Hinzu kommt ein Thema, das seit Jahren die Stadtdebatte in Freising dominiert: die verkehrsberuhigte Zone in der Oberen Hauptstraße. Ja, die Altstadt sei dadurch schöner geworden, und ja, „es kann sein, dass die Gastronomie davon profitiert“, sagt er. Eine Hilfe für sein Geschäft sei die neue Verkehrsplanung aber nicht: „Wir brauchen auch Kunden, die zu uns fahren können“, sagt er. Die Lieferung der Ware sei dadurch schwieriger geworden, zum Beispiel, weil sich manche Spediteure nicht an die Zeiten halten oder weil der Wochenmarkt die Beförderung erschwert.

Eberhard Schnell gehört zu einer Generation, für die es selbstverständlich war, den Laden der Eltern zu übernehmen. Er wuchs im Schreibwarenladen der Familie auf und durfte den Um- und Neubau des Geschäftshauses miterleben. Früher wurden dort auch Bücher verkauft, außerdem gab es noch zwei Hauptbetriebszeiten im Jahr: den Schulanfang und Weihnachten. Geblieben ist hauptsächlich Ersteres.

Wie es dieses Jahr gelaufen ist? Mit Sicherheit kann es Schnell bisher nicht sagen, denn inzwischen kommen die Leute auch nach dem Ende der Schulferien, weil sie die Materialliste für den Unterricht nicht vorab bekommen. Das Problem dabei ist: „Je später die Leute kommen, desto schwieriger können wir zeitgerecht auf die Veränderungen zum neuen Schuljahr reagieren“, sagt er.

Auch auf eine andere Frage gibt es derzeit keine Antwort: wie viele Jahre wird der Laden unter den jetzigen Bedingungen noch durchhalten? So genau weiß es Schnell nicht. Optimistisch ist er allerdings schon lange nicht mehr, wie andere Inhaber traditionsreicher Läden in der Region übrigens auch. Bedauerlicherweise, wie manche finden.

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