Analyse grönländischer Gene löst historisches Problem: „Erstaunlich gute Forschung“ | ABC-Z

Im Rahmen einer dänisch-grönländischen Studie wurde die bisher umfassendste Genanalyse in Grönland durchgeführt. Sie soll helfen, genetisch bedingte Krankheiten in Grönland besser zu behandeln.
Im Rahmen einer dänisch-grönländischen Studie wurden vor kurzem die Genome von 6000 Grönländern untersucht. Gegenüber der dänischen Wissenschaftsseite „Videnskab“ sieht Anders Albrechtsen, Professor für Bioinformatik an der Universität Kopenhagen, darin eine Möglichkeit, „bisher vernachlässigte genetische Krankheiten besser zu behandeln“. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.
„Viele Krankheiten, die in anderen Ländern weit verbreitet sind, sind in Grönland sehr selten“
Bisher habe sich die Genforschung vor allem auf Europäer konzentriert, was die Vorhersage von Krankheiten bei Grönländern erschwert habe. Die Studie zeigt, dass die genetischen Variationen in Grönland einzigartig sind.
„Die Grönländer haben einige sehr seltene Krankheiten, von denen man in Europa nie etwas hört. Außerdem sind viele Krankheiten, die in anderen Ländern weit verbreitet sind, in Grönland sehr selten oder gar nicht vorhanden“, sagt der Professor gegenüber „Videnskab“.
Ärzte können nun gezielter nach krankheitsverursachenden Mutationen suchen
Zum Beispiel gibt es in Grönland eine seltene Zuckerunverträglichkeit, von der vier Prozent der Bevölkerung betroffen sind, während sie in Europa kaum bekannt ist. Die Krankheit wird durch eine genetische Veränderung verursacht, die vor etwa 10.000 Jahren auftrat, als die Vorfahren der Inuit in Sibirien lebten.
Dank der neuen Erkenntnisse können Mediziner nun gezielter nach krankheitsverursachenden Mutationen suchen. „Die Tatsache, dass nur wenige Genvarianten für viele dieser Krankheiten verantwortlich sind, eröffnet große Perspektiven“, betont Albrechtsen. Mikkel Heide Schierup, Professor für Genetik und Bioinformatik an der Universität Aarhus, der nicht an der Studie beteiligt war, bezeichnete sie laut „Videnskab“ als „erstaunlich gute Forschung“.
Die Bevölkerung Grönlands
- Die Bevölkerung Grönlands beträgt etwa 56.000 Menschen. Etwa 89 Prozent der Einwohner sind in Grönland geboren, etwa 11 Prozent stammen von außerhalb.
- Rund 96,5 Prozent der Bevölkerung haben die dänische Staatsbürgerschaft.
- Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 identifizieren sich 92 Prozent der Einwohner als Grönländer, was etwa 51.300 Personen entspricht.
- Die restlichen etwa 5000 Personen setzen sich aus dänischen Staatsbürgern ohne grönländische Identität und knapp 2000 Ausländern zusammen.
- Von den Ausländern sind 37 Prozent Filipinos, 16 Prozent Thailänder und sechs Prozent Isländer.
- Weitere bedeutende Minderheiten sind Polen, Sri Lanker, Schweden, Chinesen, Norweger und Deutsche.
- Grönländer werden rechtlich als dänische Staatsbürger mit Wohnsitz in Grönland definiert, ethnisch jedoch als Kalaallit, wenn sie Inuit-Vorfahren haben und Grönländisch sprechen.
Neue DNA-Analyse enthüllt Migrationswellen in Europa
Genetische Analysen können nicht nur Krankheiten erkennen, sondern auch historische Ereignisse nachvollziehen. Mit einer neuen DNA-Analysetechnik haben Forscher jetzt drei große Völkerwanderungen im frühen Europa identifiziert. Die Methode „Twigstats“ ermöglichte die Analyse von mehr als 1500 Genomen und deckte Migrationswellen auf, die mit anderen Methoden nicht sichtbar waren.
Die erste Welle brachte zwischen 1 und 500 n. Chr. Menschen aus Südskandinavien und Nordeuropa ins Römische Reich, die zweite Welle führte bis etwa 800 n. Chr. Menschen aus Ost- und Mitteleuropa nach Skandinavien. Während der Wikingerzeit breitete sich die Bevölkerung Skandinaviens erneut aus.
Uralte DNA in Awaren-Gräbern zeigt gelungene Integration im Frühmittelalter
Auch eine andere genetische Studie im Fachblatt „Nature“ hat überraschende Unterschiede zwischen zwei Grabstätten der Awaren südlich von Wien enthüllt. Archäologen stellten genetische Unterschiede in den menschlichen Überresten fest.
Bei den Ausgrabungen in Mödling und Leobersdorf fanden sich Hinweise auf ethnische Vielfalt, da dort sowohl Personen mit ostasiatischen als auch mit europäischen Vorfahren bestattet wurden. Die Wissenschaftler analysierten Knochen von 722 Individuen aus mehr als 500 Gräbern. Ke Wang, einer der Hauptautoren der Studie, erklärte, dass der genetische Unterschied zwischen den Gruppen sehr deutlich und konsistent war.