Ampel-Aus? SPD-Chefin Esken weist Lindners Grundsatzpapier „durch die Bank“ zurück | ABC-Z
Das Grundsatzpapier von Finanzminister Christian Lindner könnte das Ende der Ampel-Koalition eingeläutet haben. Die SPD-Vorsitzenden lehnen die vorgeschlagenen Punkte ab. Saskia Esken erklärte, auf die Regierungsarbeit werde das Papier keinen Einfluss haben.
Die SPD-Bundesvorsitzenden haben die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geforderten Maßnahmen für eine Wirtschaftswende zurückgewiesen. „Durch die Bank sind diese Punkte, die er dort aufgezählt hat, in der Koalition nicht zu verwirklichen“, sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Rande einer SPD-Dialogveranstaltung in Hamburg. Auch der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil lehnte die Ideen des FDP-Politikers ab.
Esken sagte, Lindner habe in seinem Grundsatzpapier nur die Position der FDP deutlich gemacht – „nicht innerhalb der Koalition, sondern im Allgemeinen.“ Auf die Regierungsarbeit der Ampel werde das Papier keinen Einfluss haben. „Die Motivation ist möglicherweise da, aber es wird nicht gelingen“, sagte Esken.
Der Co-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte, jeder habe das Recht, Vorschläge zu machen, wie man Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Stärke Deutschlands sichere. Das habe Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auch mit seinem Wirtschaftspapier gemacht. „Jetzt hat Christian Lindner das gestern auch gemacht und das ist völlig in Ordnung“, sagte Klingbeil.
Lindner wisse aber auch, dass Vorschläge nicht die Lösung für die wirtschaftlichen Probleme sein könnten, bei denen es darum gehe, „die Reichen werden jetzt reicher“ und die arbeitende Mitte solle weniger Lohn haben, länger arbeiten und später weniger Rente bekommen. „Das wird die SPD an keiner Stelle mitmachen“, sagte Klingbeil.
Ampel-Gegner in der FDP spüren Rückenwind
In Lindners Papier wird eine „Wirtschaftswende“ gefordert mit einer „teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“. Zu den Forderungen gehören unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, ein sofortiger Stopp aller neuen Regulierungen sowie ein Kurswechsel in der Klimapolitik. CSU-Chef Markus Söder forderte angesichts dieser Differenz zu SPD und Grünen Neuwahlen.
Auch Gegner der Ampel in den Reihen der FDP drängen zum Ausstieg aus der Koalition. „Das Papier ist ein Frontalangriff auf den Koalitionsvertrag“, sagte Uwe Henn, Mitinitiator der FDP-Basisinitiative Weckruf-Freiheit, am Samstag dem „Tagesspiegel“. „Es zeigt: Die Ampel-Parteien passen einfach nicht mehr zusammen. Die Koalition ist komplett dysfunktional.“ Lindner müsse die Regierung nun „sofort verlassen“.
Die FDP ist in der Forderung nach Neuwahlen uneins. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnte in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vor einem Bruch der Koalition. Er sei überzeugt, dass die Regierung „auch in den kommenden Monaten“ gute Kompromisse finden werde. „Unser Land braucht nach jeder Wahl für vier Jahre eine stabile Bundesregierung.“
Hingegen sagte Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) der ARD am Samstag: „Ich will auch eine Legislaturperiode zu Ende machen. Aber wir müssen auch die richtigen Entscheidungen treffen.“ Für sie und die FDP hänge jetzt alles von der Wirtschaft und dem Haushalt ab. Auch Lindners persönlicher Berater, der Ökonom Lars Feld, drängte SPD und Grüne im „Handelsblatt“ zu Zugeständnissen, um den Fortbestand der Koalition zu sichern.
Dröge: „Als würde man einem Auffahrunfall zuschauen“
Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge beklagte am Samstag einen mangelnden Teamgeist der Koalitionäre. Und sie zog einen drastischen Vergleich. „Auch ich sitze dann zu Hause vor dem Fernseher und denke, es ist so, als würde man einem Auffahrunfall zuschauen“, so die Grünen-Politikerin bei einer Landesdelegiertenkonferenz im niedersächsischen Gifhorn.
Dennoch mache es für die Grünen sehr viel Sinn, in dieser Bundesregierung zu sein. Zu Spekulationen über ein vorzeitiges Ende der Ampel-Koalition sagte die Fraktionschefin im Bundestag: „Ich finde, wir haben eine Verantwortung. Wenn man von den Wählern der Auftrag bekommt, eine Regierung zu bilden, dann sollte man das auch vier Jahre tun.“ Die Grünen werben ihr zufolge dafür, dass die Regierung Bestand hat.
dpa/sebe