Bezirke

Am Pilsensee: Tim Kosian angelt einen Riesen-Waller – Starnberg | ABC-Z

Es sollte eigentlich ein Zander werden. Also ruderten Tim Kosian und sein Vater an einem Freitagabend Ende August raus auf den Pilsensee, wie sie es immer mal wieder in den Sommermonaten machen. Diese Nacht aber werden die beiden wohl nie mehr vergessen. Denn sie angelten einen riesigen Waller, größer und schwerer als die Männer selbst. 2,51 Meter lang war der Raubfisch, den sie in ihr Boot hievten und 94 Kilogramm schwer – Vereinsrekord!

Tim Kosian sagt, er bekomme noch immer Gänsehaut, wenn er an diese Nacht denke. Der 21-Jährige spricht vom „Fang meines Lebens“. Und er hat schon einige Fische an Land gezogen, das Angeln gehört von klein auf zu seinem Leben. Vater Stefan Kosian ist im Vorstand des Fischereivereins Pilsensee-Wörthsee, seit elf Jahren ist auch Tim Kosian Mitglied, seit drei Jahren als Gewässerwart. „Für mich ist das der perfekte Ausgleich zum Alltag“, sagt der Automechaniker. In der Werkstatt sei es oft laut und stressig, am Wasser und in der Natur finde er Ruhe. Zudem esse er gerne Fisch, besonders gerne Zander.

Der Fürstenfeldbrucker nimmt an diesem Abend eine stabilere Angel mit, eine Woche zuvor hatte bereits ein großer Wels angebissen. Er befestigt einen Gummifisch als Köder am Haken und simuliert den Raubfischen damit eine schwimmende Beute. Kurz nach Mitternacht beißt schließlich der riesige Fisch an. Kosian sagt, er habe schon gemerkt, dass es ein großer Fisch war – wie groß, das habe er erst gesehen, als die Männer den Wels – gemeinhin als Waller bekannt – nach knapp einer Stunde ins Boot gehievt hatten. Kosian gab die Angel dafür seinem Vater in die Hand, „seine Hände haben vor Aufregung gezittert“. Er selbst griff dem Tier mit den Händen ins Maul. „Ich hatte vorne den Kopf und hinten im Boot lag der Schwanz.“

Das Gefühl, solch einen großen Fisch gefangen zu haben, sei unbeschreiblich gewesen, „ein bisschen Angst war auch dabei“. Mit einem kleinen Schnitt unterhalb der Kiemen direkt ins Herz tötet der Jungfischer das Tier waidgerecht, dann geht es zurück ans Land. Eine Alternative habe es nicht gegeben, sagt Kosian und erwähnt die Entnahmepflicht: Haben Fische ihre Mindestgröße erreicht, gilt das Zurücksetzen aus ethischen Gründen als rechtswidrig.

Auf dem Pilsensee angeln Tim Kosian und sein Vater gern in den Abendstunden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bis Vater und Sohn ihren Fang am Ufer des Pilsensees aus dem Boot auf eine Plane geschafft haben, graut bereits der Morgen. Die Männer aber sind kein bisschen müde, „wir waren voller Adrenalin“. Ein paar Angler, die frühmorgens raus aufs Wasser wollen, bestaunen den Riesenfang und gratulieren. „So einen großen Fang gab’s im Verein noch nie zuvor“, sagt Kosian. Auch bayernweit halte er mit dem Pilsensee-Koloss nun den Rekord, deutschlandweit läge er unter den Top fünf. Dass solch große Fische im Pilsensee leben, hätte auch Angler erstaunt, die seit 50 Jahren dort fischen. Kosian selbst war auch überrascht. „Wir wussten schon, dass es sehr große Fische gibt“, sagt er. „Aber dass sie so groß sind“, damit habe er nicht gerechnet.

Der Fisch, so Kosians Plan, soll bei einem Fest im Verein verspeist werden. Alle knapp 500 Mitglieder sollen etwas davon haben. Mit Beilagen sollte es reichen, auch wenn man „das fett gut wegtrennen muss“, wie er sagt. Der Waller habe ein festes Fleisch, „vergleichbar mit Huhn“, so Kosian. Er freut sich schon auf das Essen, bis dahin bleibe der Fisch noch bei einem befreundeten Chefkoch in der Kühlung. Der Kopf sei aus Platzgründen bereits abgetrennt, sodass die Fischer anhand der Rückenwirbel des Tieres dessen Alter abschätzen können. Demnach soll der Waller 37 oder 38 Jahre alt gewesen sein und damit etwas mehr als die Hälfte der durchschnittlichen Lebenszeit eines Europäischen Wels’.

Wie viele solcher großen Fische wohl in den Tiefen des Pilsensees leben? Kosian schätzt, „einen der Top Zehn“ erwischt zu haben. Der Wels profitiere vom Klimawandel und der Erwärmung der Gewässer. Dass nun ein Gigant weniger in sieben bis acht Metern Tiefe im See umherschwimmt, käme den Fischern gerade recht. Denn ein so großes Tier verspeise je nach Stoffwechsel und Kalorienverbrauch etwa 200 bis 300 Kilogramm Kleinfische im Jahr. Gibt es mehrere solcher großen Fische, summiere sich der Bedarf schnell auf eine Tonne. Das gefährde den Bestand anderer Fischarten, wie etwa der Forelle, die noch dazu mit dem Klimawandel zu kämpfen habe. Um die Bestände zu sichern, setzt der Verein zwar regelmäßig junge Fische ein. Doch das seien im Jahr nur etwa 300 Kilogramm.

Klar, der Waller fresse auch mal eine Ente oder einen jungen Biber, „grundsätzlich alles, was ihm vors Maul kommt“, wie Kosian sagt. Menschen müssten sich dennoch keine Sorgen machen. „Die sind schon neugierig und kommen mal näher“, sagt der Rekordangler. Doch gemeinhin habe der Waller – egal wie groß oder klein – mehr Angst vor dem Menschen, als dieser vor ihm. Tief unten im See aber, da gäbe es durchaus Kämpfe unter den Raubfischen, „das können wir uns gar nicht vorstellen, was da los ist“.

Back to top button