Alles zu Anspruch, Recht und Verbot | ABC-Z

Ein Spanischkurs in Valencia, Yoga an der Ostsee oder Hypnose in Hamburg – all diese Angebote können unter Bildungsurlaub fallen. Dennoch nutzen laut einer Schätzung des Ifo-Instituts aus dem Jahr 2023 bundesweit nur durchschnittlich 3,5 Prozent der Beschäftigten diese Möglichkeit. Was es darüber zu wissen gibt.
Viele Arbeitnehmer in Deutschland haben das Recht auf fünf Tage zusätzlichen Urlaub – das nennt sich Bildungsurlaub. Dieser dient der beruflichen und persönlichen Weiterbildung. In den meisten Bundesländern ist Bildungsurlaub erlaubt, Ausnahmen sind Sachsen und Bayern. „Viele Beschäftigte kennen ihr Recht auf Bildungsurlaub schlichtweg nicht“, sagt eine Sprecherin der Online-Plattform Bildungsurlauber auf Anfrage unserer Redaktion. Eine Sprecherin der Plattform Bildungsurlaub.de ergänzt, dass viele Mitarbeiter Angst hätten, dass ihr Antrag abgelehnt würde oder bei ihrem Arbeitgeber nicht gut ankomme.
Wer zahlt den Bildungsurlaub?
Der Arbeitgeber zahlt das Gehalt weiter und der Bildungsurlaub wird nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet. Allerdings müssen die Arbeitnehmer selbst die Kosten für den Kurs, Anreise und Übernachtungen bezahlen, einige Kosten können von der Steuer abgesetzt werden.
Welche Regeln gibt es in NRW?
In NRW haben die meisten Arbeitnehmer Anspruch auf bis zu fünf Tage Bildungsurlaub. Voraussetzung ist, dass sich der Arbeitsort in NRW befindet und der Beschäftigte seit mindestens sechs Monaten für das Unternehmen arbeitet. Auch Beschäftigte in Teilzeit dürfen Bildungsurlaub machen, dafür werden die Tage anteilig zur Arbeitszeit berechnet. Auszubildende dürfen während ihrer gesamten Ausbildungszeit fünf Tage Bildungsurlaub für politische Bildung nehmen. Landesbeamte haben keinen Anspruch auf Bildungsurlaub. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Einrichtung vom Land NRW anerkannt ist.
In NRW gibt es aber einen Haken: Der Veranstaltungsort des Seminars darf maximal 500 Kilometer von der Landesgrenze NRWs entfernt sein. Ausgenommen sind Gedächtnisorte und Gedenkstätten, die sich mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen.
Wie läuft der Antrag ab?
In NRW müssen Mitarbeiter mindestens sechs Wochen vor dem Beginn der Veranstaltung den Bildungsurlaub beantragen. Einreichen sollte man laut der Sprecherin von Bildungsurlaub.de ein schriftliches Anschreiben, einen gültigen Anerkennungsbescheid des Veranstalters, den groben Programmablauf des Seminars sowie eine Anmeldebestätigung.
„Auch wenn Arbeitnehmende nicht verpflichtet sind, ihre Seminarwahl zu begründen, kann es hilfreich sein, transparent zu formulieren, was man sich von der Weiterbildung erhofft“, sagt die Sprecherin von Bildungsurlauber. Also zu begründen, welche neuen Kompetenzen man gewinnen möchte und wie das den Berufsalltag beeinflusst. „Zudem macht es durchaus Sinn, den optimalen Zeitraum für den Bildungsurlaub gemeinsam zu finden.“ Denn so können betriebliche Bedürfnisse, wie Projektphasen oder Urlaubsanträge, berücksichtigt werden.
Darf der Arbeitgeber Bildungsurlaub verbieten?
„Bildungsurlaub steht Beschäftigten per Gesetz zu – es gibt nur wenige Gründe, aus denen ein Antrag abgelehnt werden kann“, sagt die Sprecherin von Bildungsurlauber. Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber diesen nur verbieten, wenn zwingende betriebliche oder dienstliche Belange oder Urlaubsanträge anderer Beschäftigter entgegenstehen. Gründe können also beispielsweise personelle Engpässe oder Fristen für Projekte sein. Erlaubt der Arbeitgeber die Freistellung nicht, muss er das innerhalb von drei Wochen schriftlich mitteilen. Außerdem ist in verschiedenen Bundesländern auch die Betriebsgröße entscheidend. In NRW müssen laut der Sprecherin von Bildungsurlauber Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern keinen Bildungsurlaub gewähren und in Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten darf im Jahr maximal zehn Prozent der Belegschaft Bildungsurlaub nehmen. „Wird der Bildungsurlaub abgelehnt, sollte man sich dies unbedingt schriftlich geben lassen“, so die Sprecherin von Bildungsurlaub.de. In so einem Fall sollte der Arbeitnehmer das Gespräch suchen und alternative Termine oder Angebote vorschlagen. Ob das „Nein“ gesetzeskonform ist, könne man beispielsweise durch den Betriebsrat, einen Rechtsanwalt oder eine Gewerkschaft prüfen lassen.
Muss der Bildungsurlaub einen Bezug zum Beruf haben?
In vielen Bundesländern braucht es keinen direkten Berufsbezug. „Dass die Weiterbildung allgemein der beruflichen und politischen Bildung dient, reicht in den meisten Bundesländern aus“, sagt die Sprecherin von Bildungsurlaub.de. „NRW gibt aber vor, dass der Bildungsurlaub dem Arbeitgebenden zumindest einen ‚mittelbar wirkenden Vorteil‘ bringen muss“, ergänzt die Sprecherin von Bildungsurlauber. Das heißt zum Beispiel: Wer Italienisch lernen möchte, aber kein Italienisch im Beruf benötigt, muss auf die freiwillige Zustimmung des Arbeitgebers setzen. „Seminare, welche die körperliche und mentale Gesundheit von Arbeitnehmenden fördern, zahlen jedoch auf das berufliche Potenzial ein, indem sie die Leistungsfähigkeit erhalten“, sagt die Sprecherin.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich über Angebote zu informieren. Seminare und Informationen finden Interessierte zum Beispiel unter www.bildungsurlaub.de oder www.bildungsurlauber.de. Auch die Volkshochschulen bieten Kurse für Bildungsurlaub an. In Düsseldorf gibt es beispielsweise Seminare zur Rhetorik, Work-Life-Balance oder Sprachkurse.
Wie nutzt man Bildungsurlaub sinnvoll?
Zu Bildungsurlaub zählen die unterschiedlichsten Angebote. „Die Wahl des Bildungsurlaubs sollte sich an den individuellen Bedürfnissen und Zielen orientieren“, sagt die Sprecherin von Bildungsurlauber. Wenn jemand mit Rückenschmerzen zu kämpfen habe, könne ein Yoga-Seminar eine gute Wahl sein. Gebe es Probleme im Team, sei vielleicht ein Kommunikationsseminar eine gute Investition. Und nach einer anstrengenden Projektphase könnte man von einem Stressmanagement-Kurs profitieren. Übrigens: Bildungsurlaub kann laut der Sprecherin von Bildungsurlaub.de auch im Ausland absolviert werden, wenn die Seminare anerkannt sind.