Sport

Alexander Zverev vor Wimbledon: Ist er auf Rasen stärker geworden? – Sport | ABC-Z

Am Sonntag herrschte mal wieder Schaulaufen im Aorangi Park, wie das Trainingsareal in Wimbledon heißt. Zuschauer dürfen zwar auch während des zweiwöchigen Grand-Slam-Turniers, das an diesem Montag im All England Club beginnt, nicht in diese Zone, die Einlasskontrollen sind streng. Aber vor dem Start des Rasenklassikers sind nun mal noch alle Spielerinnen und Spieler da, keiner hat verloren, entsprechend hoch ist die Dichte an Prominenz. Wobei nicht nur aktive Tennisprofis zu erspähen sind.

Patrick Mouratoglou, der einstige Trainer von Serena Williams, plaudert angeregt mit Edoardo Artaldi, einstiger Manager von Novak Djokovic und nun in Diensten des Italieners Lorenzo Musetti, der unten, im offenen Gymnastikbereich, mit den Armen rudert. Der deutsche Frauen-Bundestrainer Rainer Schüttler und der Physio Alex Stober lümmeln im Schatten; im Hintergrund ist der Grieche Stefanos Tsitsipas beim Vorhandschlagen zu entdecken; Laura Siegemund übt auf Court 1, neben ihr Arthur Rinderknech, der Franzose donnert Aufschläge ins noch blitzegrüne Feld. Von dessen erstem Gegner indes fehlt jede Spur.

Alexander Zverev taucht am Sonntag auch nicht im Platzbelegungsplan auf, aber man muss sich zumindest keine Sorgen machen. An diesem Montag wird der 28-Jährige auf dem Centre Court antreten, im dritten Match des Tages. Am Samstag hatte er sich ja blicken lassen, sogar bestens gelaunt war er auf der Pressekonferenz. Trotz seiner Bilanz in Wimbledon.

Dreimal nur, man glaubt es kaum, erreichte er dort das Achtelfinale, weiter kam der Weltklassespieler nie an der Church Road. Zverev und Rasen, das war lange eine Kombination wie Markus Söder und Robert Habeck. Erst vor einem Jahr flammte eine zarte Liebe Zverevs zu den acht Millimeter langen Halmen der Sorte Perennial Ryegrass (Weidelgras) auf, ehe Zverev eine Knieverletzung deutlich einbremste und er am Amerikaner Taylor Fritz trotz 2:0-Satzführung scheiterte.

Vom Frust damals blieb immerhin kein Trauma zurück, wie Zverev nun deutlich machte. „Ich glaube, die Leute vergessen, dass ich immer noch die Nummer drei der Welt bin“, sagte er und holte wie ein Verteidiger vor Gericht zu einem Plädoyer aus: „Ich hatte vielleicht hier und da ein paar Niederlagen, die normal waren, manche vielleicht auch unerwartet. Alles in allem habe ich das Gefühl, dass meine Form in den letzten Wochen und Monaten wieder zurückgekommen ist. Ich freue mich auf dieses Turnier. Ich denke, ich kann hier gut spielen.“ In Stuttgart hatte er das Finale erreicht (und wieder gegen Fritz verloren) und in Halle das Halbfinale, ergo: Zverev kann Rasen. Nur ist es für ihn eben so: „Ich habe nie gelernt, wie man sich auf dem Belag bewegt. Das braucht Zeit.“

Zverev weiß, dass sich die Blicke in Deutschland noch eine Weile auf ihn richten werden – auf wen auch sonst?

Dass sich die deutschen Blicke immer noch vornehmlich auf ihn richten, liegt daran, dass in der absoluten Weltspitze keine anderen deutschen Kollegen vertreten sind. Seit Jahren nicht. In Wimbledon stehen diesmal gar nur noch Jan-Lennard Struff und Daniel Altmaier in Runde eins, der schlechteste Männerwert seit 1983. Zverev gibt zu, dass ihm Entlastung im Spitzenbereich helfen würde, nur: „Ich glaube nicht, dass jetzt in den nächsten paar Jahren jemand so nachkommt, dass ich weniger Druck spüren würde. Der wird bei mir noch bleiben.“ Die demografische Lage hatte er prompt parat. „Die ältere Generation ist deutlich über 30, die jüngere Generation ist unter 20. Und in diesen zehn, 15 Jahren dazwischen haben wir nicht viel“, erklärte er fachkundig.

Die deutschen Männer haben zwar gerade etwa im 17-jährigen Justin Engel ein großes Talent. Zverev bremste aber die Erwartungen und meinte zackig, mediale Vergleiche mit Boris Becker seien „dämlich“, denn: „Mit 17 hat Boris Wimbledon gewonnen, Justin Engel spielt hier nicht.“ Zverev wäre aber nicht Zverev, würde er das Thema Druck in eigener Sache entdramatisieren. „Aber am Ende des Tages bin ich 28, ich habe gelernt, da wegzuhören und dass es einem egal ist“, sagte er und grinste die Reporter an: „Ich liebe euch alle, aber ich höre euch nicht zu.“

Back to top button