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Aktiv im Einsatz für die Natur: Blühende Arche Noah für Insekten – Ebersberg | ABC-Z

Doch dieser Garten ist nicht nur eine Wohltat für das menschliche Auge, wenn nicht sogar die Seele, er stellt auch eine Zuflucht dar für Insekten aller Art, quasi eine Arche Noah. Überall krabbelt, summt und fliegt es. Das ist kein Zufall. Denn Gartenbesitzerin Maria Wollny und ihre Familie überlegen sich sehr genau, was sie wo pflanzen.

„Als wir vor 38 Jahren in dieses Haus mit dem alten Garten zogen, sah vieles noch ganz anders aus, da gab es vor allem Beeren und Haselnüsse“, erklärt Tochter Alexandra Baeten, die an der Gestaltung erheblich beteiligt ist. Zunächst sei auch das Gras dort, wo nun die Margeritenwiese ist, gemäht worden, als Spielplatz für Wollnys Tageskinder. Doch im Laufe der Jahre habe man einiges bewusst ersetzt, anderes ergänzt. „So ein Garten wird nie fertig. Wir haben viel ausprobiert!“, sagt Baeten. Nun zeige das Ergebnis, dass man selbst innerorts naturnah und kreativ gärtnern könne. Gerne möchte man damit auch andere inspirieren. Darum laden die Wollnys interessierte Besucherinnen und Besucher zum „Tag der offenen Gartentür“ am 29. Juni.

Dabei stehen sie gerne Rede und Antwort zu ihren Pflanzen. Vielleicht auf einem der zahlreichen Freisitze, neben denen die Gurken liebevoll beschirmt sind. Oder zum Mix aus Blumen und Kräutern, Säulenbäumen zwischen den Sträuchern. Dem Hochbeet, Marke Eigenbau vom Vater, mit Salat, Zucchini, Lauch, Mangold, Kohlrabi und Rote Bete. Oder der wilden Krokus- und Schlüsselblumenwiese unter dem Apfelbaum, die zur Freude von Bienen, Hummeln und Hornissen bis zum Herbst wachsen darf, wie sie möchte, bevor das Gras dann abgeschnitten wird – „natürlich mit dem Rasenmäher oder der Sense, keinesfalls mit einem Mähroboter“.

Kniehoch ist die Margeritenwiese. Eine Amsel macht es sich auf einem Klappstuhl bequem. (Foto: Christian Endt)

So etwas begrüßt Roswitha Holzmann, stellvertretende Leiterin der unteren Naturschutzbehörde, sehr: „Wildblumenwiesen schaffen eine große Auswahl an Pollen und Nektar.“ Denn es sei vor allem die Nahrung, die den Insekten fehle. Der Rückgang der Wildbienenarten etwa sei nach wie vor dramatisch. Das zeigen Studien, wie jene von  Eduardo E. Zattara an der Universidad Nacional del Comahue in Argentinien: Rund 25 Prozent weniger sind es seit den 1990-er Jahren. Was auch deswegen bedenklich ist, weil 85 Prozent der Ernteerträge weltweit von der Bestäubung durch Bienen abhängen.

Mit Landwirtschaft kennt sich Wollny aus, ist sie doch auf einem Hof im Landkreis Erding groß geworden. Das habe wohl auch ihre Naturverbundenheit ausgelöst. Über die Jahre sei „wie die Erkenntnis in der Gesellschaft“ ihr Bewusstsein gewachsen für die Bedeutung dessen, was man im eigenen Garten tut – oder lässt. Zum Beispiel den Einsatz von Pestiziden oder Kunstdünger.

Wenn es einmal sehr viele Läuse an den Rosenknospen gibt, nimmt Wollny schon mal den Schwamm und wischt sie mit einer Schmierseifenlauge einzeln ab. „Die Blüten tun mir so leid, ich will sie unbedingt befreien“, begründet die 74-Jährige ihr Tun.

Platz zum Wohlfühlen: Auch für Menschen gibt es reichlich Rückzugsorte im Garten der Wollnys.
Platz zum Wohlfühlen: Auch für Menschen gibt es reichlich Rückzugsorte im Garten der Wollnys. (Foto: Christian Endt)

Gerne behandelt sie ihre Pflanzen auch mit einem selbst hergestellten Sud aus Brennnesseln oder Beinwell. „Ein bisschen zerrupfen und in einen Eimer mit Wasser geben – nicht zu viel! Dann zudecken – am besten mit alten Holzbrettern – und stehen lassen, vorzugsweise im Schatten. Manchmal eine Woche, manchmal zwei. Ab und zu umrühren. Vor dem Gießen am besten verdünnen“, fasst Wollny ihr Rezept zusammen. Baeten ergänzt mit einem Lachen, dass das olfaktorisch natürlich nicht unbemerkt bleibe: „Zum Glück sind unsere Nachbarn aber ebenfalls naturverbunden, sie halten den Geruch aus.“

Die 54-Jährige ist nicht nur studierte Betriebswirtin, sondern auch gelernte Köchin. Darum finden sich zahlreiche Kräuter im Garten. Mit Katzenminze wurde dabei sogar an Mieze Martha gedacht. „Sie ist 16 Jahre alt und war früher meine Bürokatze auf Gut Sonnenhausen, jetzt darf sie hier ihre Rente genießen“, erklärt Baeten.

Maria Wollny und ihre Tochter Alexandra Baeten (von links) wissen genau, worauf sie im Garten achten müssen.
Maria Wollny und ihre Tochter Alexandra Baeten (von links) wissen genau, worauf sie im Garten achten müssen. (Foto: Christian Endt)

Für ihre Eltern hat der Garten eine doppelte Funktion, er ersetzt jedes Urlaubsziel. Auch wenn sie in ihrem Leben schon viel gesehen hätten, von Italien bis Israel und Kanada, „haben wir hier doch das Paradies, da muss ich nicht weg“, sagt Wollny. Zudem sei Gartenarbeit nicht nur ein Mittel gegen Langeweile – „es gibt immer was zu tun“ –, sondern gerade ab einem bestimmten Alter gut, weil man sich dabei bewege und bücke.

Anregungen für die Bepflanzung hole sie sich bei Vorträgen im Gartenbauverein, dem sie schon lange angehört. Oder aus dem Fernsehen, zum Beispiel in „Querbeet“-Sendungen.

Im Hochbeet wachsen Kräuter und Salat.
Im Hochbeet wachsen Kräuter und Salat. (Foto: Christian Endt)

Vielleicht kam der Tipp für die ungefüllten Rambler-Rosen daher, vielleicht waren sie auch ein Geschenk. Oder Wollny hat sie doch selbst gekauft. Wie die Säulenbäume, die man gepflanzt hat, weil für einen richtigen Kirschbaum kein Platz war. Oder die Fette Henne, die Kletterhortensie, die Hagebutten, die im Herbst die Vögel erfreuen. Die Glockenblumen säen sich selbst aus. Das Totholz, das an mehreren Stellen liegt, hat Wollny bewusst für die Insekten platziert.

Als man am Ende des Besuchs nochmals auf den „Tag der offenen Gartentür“ zu sprechen kommt, sagt Baeten, sie und die Mutter hätten es in der Vergangenheit selbst genossen, in große und kleine Gärten zu schauen und sich auszutauschen. Für die Teilnahme an der Aktion gebe es aber noch einen anderen Grund: „Nachdem die Mama aus einem Wirtshaus kommt und gern Leute um sich hat, holen wir die jetzt einfach zu uns.“

Tag der offenen Gartentür 2025: 29. Juni, 10 bis 17 Uhr. Familie Wollny, Bucher Str. 15, Kirchseeon. Flyer mit ausführlichen Informationen zu jedem der 11 teilnehmenden oberbayerischen Landkreise finden sich auf Tag-der-Offenen-Gartentuer-Oberbayern.

Was der Kreisfachberater empfiehlt

Der studierte Landschaftsarchitekt Alexander Ferres ist Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege. Er weiß, dass Insekten unverzichtbarer Teil des natürlichen Zyklus in der Natur sind. „Insekten erbringen eine wahnsinnige Bestäubungsleistung. Gäbe es die nicht, ginge der volkswirtschaftliche Schaden in die Milliarden.“ Zudem hielten Insekten andere „Schadinsekten“, wie etwa Blattläuse, im Zaum und dienten als Nahrung für Vögel.

Seine wichtigsten Tipps:

Lichtverschmutzung vermeiden. Beleuchtung im Garten reduzieren oder dafür sorgen, dass sie sich automatisch um 22 Uhr abschaltet. Der Schein führt zur Verwirrung nachtaktiver Insekten und stört sie in ihrer Lebensweise und Fortpflanzung.

Wilde Ecken ertragen. Man braucht einen gewissen Mut und muss als Gartenbesitzer auch mal Wildnis zulassen. Außerdem ist Vielfalt gefragt. Unsere Gärten sind zu arm, bestehen oft nur aus Rollrasen, Bambus und Kirschlorbeer.

Natürliche „Insektenhotels“ schaffen. Etwa durch Totholzstrukturen. Wenn ein Baum abstirbt, muss er nicht bodennah gefällt werden. Lieber ein 2 bis 3 Meter langes Stammstück stehen lassen und damit ein „Mehrfamilienhaus“ für Insekten schaffen. Schnittholz lässt man idealerweise in einer Ecke liegen. Oder ein Ast kommt einfach ins Blumenbeet. Von Pilzen besiedelt wird er zum Wohnraum für Insekten, die das Holz final zersetzen.

Kleine Wasserstellen anlegen, damit Wildbienen trinken können.

Käferhöhlen bauen. Dafür ein 20 bis 30 Zentimeter tiefes Loch mit Laub und kleinen Astabschnitte füllen, es sich dann selbst überlassen.

Ungefüllte Blumen setzen.

Für ganzjährige Blüte sorgen. Bei Blumen wie Obstbäumen und -sträuchern. Über verschiedene Johannisbeeren, die zu unterschiedlichen Zeiten Früchte tragen und blühen, freut sich auch der Mensch.

Komplett auf den Einsatz von Chemie verzichten. Stattdessen naturnah düngen. Unlängst sagte Hanno Schäfer, Professor für Biodiversität der Pflanzen an der TU München, bei einem Vortrag, dass 85 Prozent der Gärten überdüngt seien. Jährlich würden in deutschen Privatgärten 4400 Tonnen Pestizide eingesetzt, davon rund 800 Tonnen Insektizide.

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