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Aktienkurse tief im Minus: Warum Luxuskonzerne harte Zeiten erleben | ABC-Z


Aktienkurse tief im Minus

Warum Luxuskonzerne harte Zeiten erleben

Von Jannik Tillar

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Lange galten sie als Gewinneraktien, selbst in der Krise. Doch in den vergangenen Monaten gingen die Papiere von Luxuskonzernen wie LVMH oder Kering steil bergab. Ein Zwischentief? Experten sehen lang anhaltende, strukturelle Probleme für die Branche.

Luxus geht immer – das dachten jedenfalls viele Anleger, als die Aktienkurse von LVMH, Kering & Co. vor zwei Jahren mit der Inflation nach oben schossen. Und warum auch nicht? Wer viel Geld besitzt, dem sind Preissteigerungen egal – er oder sie kauft einfach immer. Dass diese Logik aber möglicherweise zu einfach war, zeigen aktuell die Märkte, die Luxusaktien in der Breite abstoßen.

Seit ihrem Zwischenhoch im März stehen große Marken wie LVMH, Kering, Richemont & Co. nahezu alle unter Wasser. An der Spitze steht dabei Gucci-Konzernmutter Kering mit einem Minus von 36 Prozent. Dahinter kommen Konzerne wie Zegna (minus 32,7 Prozent), Hugo Boss (minus 22,5 Prozent) und LVMH (minus 18,7 Prozent). Einzig Richemont hält sich mit einem Minus von 5,7 Prozent noch halbwegs stabil.

Zuletzt stuften die Analysten der Bank of America (BofA) gleich vier Werte auf einen Schlag herab. Im Einzelnen waren dies LVMH, Zegna und Kering (von Kaufen auf Halten) und Hugo Boss (von Halten auf Verkaufen). Die US-Bank ist damit aber nur eine von vielen Marktteilnehmern, darunter die Schweizer Großbank UBS, die vor anhaltenden Problemen im Luxusmarkt warnen – und hier vor allem durch fehlende chinesische Kunden.

Lange war es nämlich genau diese Klientel, die den Herstellern gute Umsätze ermöglichte. Die wachsende Mittelschicht wollte ihren neuen Wohlstand nach außen zeigen und schlug bei Gucci, Luis Vuitton und Prada zu. Das war kein Stereotyp, sondern gelebte Realität. Inzwischen stottert dieser Wachstumsmotor allerdings, da Chinesen nach vier Krisenjahren vorsichtig geworden sind. Ähnlich wie in Deutschland sparen die Menschen lieber, als ihr Geld auszugeben. Das liegt auch an der Zero-Covid-Strategie in China, die zwar Menschenleben gerettet hat – aber für Chinesen mit horrenden Kosten verbunden war, sobald sie krank wurden. Ein vergleichbares Gesundheitssystem wie in Deutschland gibt es nicht. Deshalb bauen Chinesen aktuell einen Puffer auf, um für die nächste Pandemie gerüstet zu sein. Dadurch leidet allerdings auch die Konsumlaune im Land.

Schwäche nach Sonderkonjunktur

Chen Lao, Analyst bei der Bank of America, bewertet Luxusaktien als einen von sechs Sektoren, die noch länger in der Krise verweilen könnten – auch wenn andere Teile der chinesischen Konjunktur durch die jüngste Zinssenkung bald wieder anspringen dürften. Lao schätzt, dass die Luxus-Umsätze in den nächsten beiden Jahren jeweils bis zu 15 Prozent fallen könnten. Das liegt auch daran, dass chinesische Konsumenten zunehmend im Urlaub beziehungsweise im Ausland konsumieren, und hier vor allem in Japan. Schon heute kaufen Chinesen 35 Prozent ihrer Luxusartikel im Ausland, bis 2025 könnten es sogar 50 Prozent sein. Das drückt auf die Umsätze in China selbst – und da Chinesen insgesamt weniger reisen als früher auch auf den gesamten Umsatz.

Luxusaktien haben außerdem ein zweites Problem: den Basiseffekt. Sie kommen aus einer Sonderkonjunktur, weil (global betrachtet) viele Menschen auf Ersparnissen aus der Corona-Zeit saßen und Konsum nachholten. Diese hohen Umsätze können sie nun nicht mehr halten. “Dieses Jahr ist unbeständiger und schmerzhafter, weil es auf übermäßiges Wachstum folgt”, sagte GAM-Investmentmanager Flavio Cereda im Gespräch mit dem Wirtschaftsinformationsdienst “Bloomberg”. Ähnlich sieht es UBS-Analystin Zuzanna Pusz, die zudem von einem “langfristig schwächeren” Markt ausgeht.

Allerdings gehen die Meinungen der Analysten hierzu auch schon wieder auseinander. “Der Sektor hat auf lange Sicht eindeutig Wettbewerbsvorteile, daher sind Abschwungphasen wahrscheinlich die beste Zeit für Käufe”, sagt Morningstar-Analystin Jelena Sokolova zu “Bloomberg”.

Wichtig sei nun, den Markt nicht mehr in der Breite zu betrachten, sondern auf einzelne Unternehmen zu schauen. Viele Marken tragen zwar das Luxuslabel, richten sich aber in der Realität doch an eine breitere Zielgruppe. GAM-Analyst Cereda betont, dass Marken für die oberen 0,1 Prozent, wie etwa Hermés, weiter interessant bleiben. “Man sollte keine Marken besitzen, die keine Strahlkraft haben, und man sollte sich auch nicht dem Statuskäufer aussetzen”, sagt Cereda zu “Bloomberg”. “Und man sollte sich auf keinen Fall dem Statuskäufer in China aussetzen.”

Dieser Text erschien zuerst bei capital.de.

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