Aiwanger will Windrad-Vetorecht der Kommunen abschaffen – Bayern | ABC-Z
Die Bayerischen Staatsforsten sollen bei Windenergie-Projekten in ihren Wäldern künftig nicht mehr auf die Zustimmung der jeweiligen Gemeinde angewiesen sein. Dies hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nach einer Sitzung des Kabinetts am Dienstag angekündigt. Windpark-Pläne im Staatswald könnten damit auch nicht mehr per Bürgerentscheid zu Fall gebracht werden, wie es Ende Januar in der oberbayerischen Gemeinde Mehring geschehen ist.
Dort hätten zehn von ursprünglich geplanten 40 Windrädern des umstrittenen Windparks Altötting entstehen sollen. Bei einem zweiten Bürgerentscheid am Sonntag sprachen sich die Bürger im nahen Marktl mit einer Mehrheit von 60 Prozent für vier Anlagen aus, die auf Marktler Flur gebaut werden sollen. Zuvor hatten Aiwanger, die Staatsforsten und der Projektentwickler Qair drei geplante Anlagen gestrichen, um die Anwohner zu besänftigen. Auch eine Abkehr von der sogenannten Kommunalklausel hatte Aiwanger dabei schon angedeutet, aber zugleich versichert, dass diese für den Windpark Altötting weiterhin gelten werde.
„Wenn man sich mit den Befürchtungen der Menschen vor Ort auseinandersetzt und mit ihnen in einen Dialog über die Bedeutung des Ausbaus der Windenergie geht, kann man auch für große Windprojekte im Freistaat eine Akzeptanz erreichen“, hatte Aiwanger nach der Abstimmung in Marktl noch am späten Sonntagabend mitteilen lassen. Ähnlich hatte er sich auch in den vergangenen Jahren gerne geäußert.
All die mühsamen Debatten will und kann sich Aiwanger in Zukunft aber ersparen, wenn der inzwischen von ihm selbst geführte Aufsichtsrat der Staatsforsten einen Beschluss aus dem Jahr 2011 revidieren würde. Das könne schon in den kommenden Wochen geschehen, sagte Aiwanger. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellte sich hinter die Pläne. „Wir haben da eine Mehrheit“, sagte er mit Blick auf den überwiegend mit Vertretern der Staatsregierung besetzten Aufsichtsrat.
Die bisher geltende sogenannte Kommunalklausel untersagt es den Staatsforsten, gegen den Willen der Gemeinden Standorte für Windräder festzulegen. Ihr Sinn habe sich aber „ins Gegenteil verkehrt“, wenn sich Gemeinden zunächst für ein Projekt aussprächen, aber dann „zum falschen Zeitpunkt irgendwann noch eine Bürgerinitiative hinterherkommt“ und alle teuren Planungen hinfällig mache. Investoren würden deswegen irgendwann „einen großen Bogen“ um den Staatswald machen und ihre Windräder stattdessen in privaten Wäldern aufstellen, wo die Kommunen keinerlei Vetorecht genießen.
Obwohl Aiwanger versicherte, dass Windräder im Staatswald weiterhin in „engster Abstimmung mit den betroffenen Kommunen“ geplant werden sollen, brachte ihm sein Vorstoß umgehend Kritik vom Bayerischen Gemeindetag ein. Schon „dass da Ankündigungen gemacht werden, ohne dass man mit uns geredet hat“, missfällt dessen Präsidenten Uwe Brandl (CSU) ausdrücklich. Wenn es nur darum gehe, Windpark-Pläne nicht von lokalen Bürgerinitiativen zu Fall bringen zu lassen, denn hätte es aus Brandls Sicht „natürlich ganz andere Möglichkeiten gegeben“ – etwa, indem man Projekte von überragendem öffentlichem Interesse wie Windräder oder auch Hochwasserdämme generell von Bürgerentscheiden ausnehme.
Zugleich signalisierte Brandl, dass die Gemeinden auf ihr Vetorecht verzichten könnten, wenn sie zugleich eine Art Erstzugriffsrecht auf die Windrad-Standorte für eigene Gesellschaften oder lokale Genossenschaften erhielten. Denn solche Projekte sollten nach Brandls Ansicht vorrangig dem Gemeinwohl dienen. Wenn die Wertschöpfung in der Region bleibe, schaffe dies das beste Mittel, um bei den Anwohnern Akzeptanz dafür zu schaffen.