Abschiebungen: Gericht lehnt Asylantrag abgeschobener jesidischer Familie ab | ABC-Z

Die in den Irak abgeschobene jesidische Familie hat nach einer Gerichtsentscheidung derzeit keine Möglichkeit zur Rückkehr nach Deutschland. Das Potsdamer Verwaltungsgericht wies die Klage der Familie aus Brandenburg gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unbegründet ab. Das Verwaltungsgericht sieht nach eigenen Angaben weder eine beachtliche individuelle Bedrohung wie Verfolgung durch die Terrormiliz “Islamischer Staat” noch hinreichende Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung von Jesiden als gegeben an.
Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit. Der Bundestag hatte 2023 Verbrechen des IS im Jahr 2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hält auf dieser Grundlage eine Rückkehr der Familie nicht für möglich. “Das Gericht hat unseren ablehnenden Bescheid bestätigt”, sagte ein Bamf-Sprecher. Die Anwälte der Familie können laut Potsdamer Verwaltungsgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils in Berufung gehen.
Abschiebung trotz Aufhebung der Ausreisepflicht
Die Familie mit vier minderjährigen Kindern, die seit mehreren Jahren in Lychen nördlich von Berlin gewohnt hatte, war am Dienstag vergangener Woche abgeschoben worden. Wegen eines Eilantrags hob das Verwaltungsgericht Potsdam die Ausreisepflicht zwar am selben Tag auf – die Entscheidung fiel aber, als die Familie bereits im Flugzeug saß. Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos) hatte daraufhin am Freitag mitgeteilt, er wolle die Familie in Abstimmung mit dem Bund zügig zurückholen, falls die gerichtliche Entscheidung Bestand habe.
Das Brandenburger Innenministerium sieht aber ebenfalls keine Möglichkeit, die Familie zurückzuholen. Eine Ministeriumssprecherin verwies zugleich darauf, dass die Anwälte der Familie in der vergangenen Woche beim Verwaltungsgericht Potsdam einen weiteren Eilantrag stellten, um die Familie nach Deutschland zurückzuholen. “Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, sodass hierzu derzeit keine näheren Angaben gemacht werden können”, sagte die Sprecherin.
Gerichtsverfahren dauerte zwei Jahre
Die Familie hatte im Jahr 2023 gegen die Ablehnung ihres Asylantrags durch das Bamf und gegen die Abschiebeandrohung geklagt. Mit einem Eilantrag wollte die Familie die aufschiebende Wirkung der Klage erreichen, das wies das Verwaltungsgericht 2023 ab. Damit war die Familie ausreisepflichtig – was auch zu ihrer Abschiebung führte. Im April dieses Jahres verhandelte das Gericht mündlich über die Klage auf Zuerkennung eines Schutzes. Über das zugehörige Urteil ist nun entschieden worden.
Die Brandenburger Linke sieht Chancen in einer Berufung. “Zumindest hätte die Pflicht bestanden, die Familie nach der Gerichtsentscheidung zur Aussetzung der Abschiebung mit dem Flugzeug unmittelbar wieder mit nach Deutschland zurückzubringen”, kritisierte Landeschef Sebastian Walter.
Fast 12.000 Abschiebungen im ersten Halbjahr
In Deutschland werden unter der schwarz-roten Bundesregierung immer mehr Menschen abgeschoben. Laut dem Bundesinnenministerium waren es im ersten Halbjahr 2025 mehr als 11.800 Menschen. Im ersten Halbjahr des Vorjahres waren es knapp 9.500. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte sich jüngst mit seinen Amtskollegen aus den Nachbarländern Österreich, Dänemark, Frankreich, Tschechien und Polen für einen härteren Kurs in der Migrations- und Asylpolitik ausgesprochen.