Abschiebung nach El Salvador: USA lässt Immigranten in Terrorgefängnis einsperren – Politik | ABC-Z

Auch er war übernacht in diesem Monsterknast in El Salvador verschwunden, wie in einem schwarzen Loch. Kilmar Armando Abrego Garcia, geboren in dem mittelamerikanischen Land, aber längst wohnhaft in Maryland, USA. Beamte der Einwanderungsbehörde nahmen den Metallarbeiter am 12. März aus seinem Auto heraus auf der Straße fest. Sein Aufenthaltsstatus habe sich geändert, informierte das Heimatschutzministerium seine Frau Jennifer Vasquez Sura am Telefon.
Sie hatte zehn Minuten Zeit, den fünf Jahre alten Sohn abzuholen, der mit im Fahrzeug saß. Das Kind leidet unter Autismus und hängt an seinem Vater. „Innerhalb eines Augenblicks haben unsere drei Kinder ihren Vater und ich die Liebe meines Lebens verloren“, sagte Jennifer Vasquez Sura kürzlich bei einer Pressekonferenz. Am 15. März wurde ihr Mann nach San Salvador geflogen, obwohl ein US-Gericht schon 2019 entschieden hatte, dass er nicht dorthin ausgewiesen werden dürfe. Er war damals zu Unrecht beschuldigt worden, Mitglied der Bande MS-13 zu sein. Gegen ihn liegt nichts vor.
:Trumps Chaos und die Frage, wer davon profitiert
Erst rief der Präsident zum Aktienkauf auf, dann verkündete er seine Zollpause – und die Börsenkurse kannten kein Halten mehr. Mehrere Demokraten werfen ihm deshalb nun Marktmanipulation vor.
Dennoch wurden Abrego Garcia und mehr als 200 Männer aus Venezuela schwer bewacht in drei Flugzeuge gesetzt. Den Venezolanern werfen die Grenzschützer vor, zur venezolanischen Gang Tren de Aragua zu gehören. Öffentliche Beweise gibt es auch dafür keine, es gab nicht mal Anhörungen. Donald Trump spricht von Staatsfeinden und beruft sich auf den sogenannten Alien Enemies Act für Kriegsgegner aus dem 18. Jahrhundert, dieses Recht war zuletzt in den Weltkriegen angewandt worden.
Damals wurden Japaner, Italiener und Deutsche interniert, nun lassen Trumps Leute Immigranten ohne Papiere als angebliche Schwerverbrecher in einem Drittland einsperren. Nach Klagen von betroffenen Familien ging zwar noch am Tag des Abflugs sofort ein US-Bezirksrichter dazwischen. Er entlarvte das Manöver als klaren Bruch der Verfassung und ordnete eine Umkehr der Maschinen an. Doch Nayib Bukele, der Präsident von El Salvador, postete am Morgen des 16. März ein Video der Ankunft und schrieb spöttisch in einem anderen Post zu dem Thema: „Oops, zu spät!“
Das Video zeigt, wie Soldaten die Gefangenen auf dem Rollfeld die Gangways hinab in Panzerwägen und Busse führen, die Köpfe nach unten gedrückt, Arme und Beine an Ketten. Unterwegs werden Bärte und Haare abrasiert, es ist eine Inszenierung von Erniedrigung und Macht. Die Reise endet in weißen Klamotten im berüchtigten Centro de Confinamiento del Terrorismo in Tecoluca, kurz CECOT.
40 000 Menschen passen in diese Haftanstalt, der Rechtspopulist Bukele hatte sie 2022 bauen lassen. In jeder Zelle sitzen bis zu Hundert Häftlinge, und das jeweils 23,5 Stunden am Tag, das Licht brennt immer. Oft genügt der kleinste Verdacht, um als Terrorist eingekerkert zu werden. Bukele hat die Zahl der Verbrechen in El Salvador zwar ganz erheblich gesenkt, allerdings im Zweifel mit Willkür und üblen Methoden. Trotzdem überweisen die USA mittlerweile Geld, wenn er auch jene wegschließen lässt, die sie ihm schicken.
Trump macht Druck
Der Kollege Trump hatte die Wahl ja unter anderem mit dem Thema Immigration gewonnen, er versprach die größte Abschiebung der amerikanischen Geschichte. Millionen Ausländer leben und arbeiten seit Jahrzehnten in den USA, obwohl ihnen die offizielle Genehmigung fehlt. Andere kamen in den vergangenen Jahren, worauf die Stimmung in der Wählerschaft kippte. Trump macht derzeit Druck, weil die Ausweisungen nicht nach seinen Wünschen vorankommen. Selbst Steuerdaten will er bei der Fahndung verwenden und Sozialversicherungsnummern entziehen lassen.
So herrscht zunehmend ein Klima der Angst, damit möglichst viele unerwünschte Einwanderer freiwillig das Weite suchen. Besonders abschreckend sind nun diese Flüge, erst nach Guantanamo, mittlerweile also nach El Salvador, die Gruselbilder machen die Runde. Verdächtig ist offenbar bereits, wer irgendwo mit Tattoos erwischt wird. Der Sender CBS hat ermittelt, dass die Mehrheit der 239 Venezolaner, die Trumps Team in das zentralamerikanische Mega-Gefängnis verfrachten ließ, weder angeklagt noch verurteilt sind.
Da ist zum Beispiel Andry Hernández Romero, 31, homosexuell, Visagist, Theaterfreund – und tätowiert, aber offenkundig alles andere als ein Verbrecher. Seine Mutter erkannte ihn nur zufällig in diesem Video von El Salvadors Präsident Bukele. Oder eben Kilmar Armando Abrego Garcia, 38, der aus El Salvador in die USA gekommen war und nun in den gefürchteten Kerker seiner alten Heimat gezwungen wurde. Dass ein Richter die ganze Aktion verboten hatte, war Trumps Riege egal. Ein Regierungsanwalt gab sogar zu, dass es sich im Fall Abrego Garcia um einen „adminstrative error“ gehandelt habe. Einen Verwaltungsfehler.
Die Zuständigen taten so, als sei da halt leider nichts mehr zu machen. Too late, wie Bukele sagen würde. Eine Richterin verfügte dann am Freitag, dass Abrego Garcia bis zum vergangenen Montagabend um 23:59 Uhr wieder in die USA gebracht werden müsse. Sie nannte seine Entführung „völlig gesetzlos“ und einen „schweren Fehler“. Das US-Justizministerium rief ein Berufungsgericht an, das bestätigte die Deadline. Der Oberste Gerichtshof hob sie danach fürs Erste auf, um sich die Sache genauer anzusehen, und lässt auch den Einsatz dieses Kriegsrechts namens Alien Enemies Act von 1798 zu.
Unterdessen hat Heimatschutzministerin Kristi Noem das Gefängnis CECOT in El Salvador besucht, um noch mehr Ausweisungen dieser Art anzukündigen. Kahl geschorene Insassen, 14 000 sollen es gegenwärtig sein, saßen und standen derweil hinter Gittern – in erster Reihe mit nacktem Oberkörper und Tattoos, wie ausgestellt. MS war da natürlich zu lesen, das Kürzel der kriminellen Mara Salvatrucha. Die Besucherin Noem, die sich im Amt auch mal mit Maschinenpistole filmen lässt, ging wie in einem Zoo auf und ab.
Diejenigen, die da inhaftiert seien, sollten hier bleiben, „und zwar für den Rest ihres Lebens“, sagte sie. „Wenn Sie illegal in unser Land kommen, ist dies eine der Konsequenzen, die Sie erwarten können.“ Irgendwo muss da auch Kilmar Armando Abrego Garcia gewesen sein, als die US-Ministerin vorbeischaute. An diesem Donnerstagabend schließlich, fast einen Tag nach seiner Verhaftung, sprach der Supreme Court dann doch ein Machtwort: Die US-Regierung solle sich um Abrego Garcias Entlassung kümmern und ihn so behandeln, als ob er nicht unrechtmäßig nach El Salvador geschickt worden wäre.