Kokain-Affäre: Neubibergs Bürgermeister will trotz Strafbefehl weitermachen – Landkreis München | ABC-Z

Die Ermittlungen gegen Neubibergs Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU) wegen illegalen Drogenbesitzes sind nach gut zwei Monaten zu einem Abschluss gekommen. In der Folge hat das Amtsgericht München einen Strafbefehl erlassen, teilt Pardeller selbst in einer persönlichen Erklärung auf seiner eigenen Homepage mit. Er muss demzufolge eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zahlen, in seinem Fall insgesamt 11400 Euro. Damit gilt Pardeller nicht als vorbestraft. Wie die Staatsanwaltschaft München I am Mittwoch auf SZ-Anfrage mitteilte, wird dem CSU-Politiker der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln zur Last gelegt. Pardeller war im Oktober von der Polizei vor einem Münchner Nachtclub mit „0,06 Gramm eines Kokaingemischs“, wie er selbst schreibt, aufgegriffen worden.
Pardeller nimmt die Strafe an. „Ich stehe zu meinem Fehler“, schreibt der 38-Jährige in seiner Erklärung. „Die Entscheidung des Gerichts werde ich daher akzeptieren und keinen Einspruch einlegen.“ Konsequenzen aus dem Strafbefehl will er zugleich nicht ziehen. Er gehe gestärkt aus den für ihn persönlich sehr lehr- und erkenntnisreichen Wochen hervor und habe die nötige Energie sammeln können, „um die Herausforderungen unserer Gemeinde anzugehen. Aus diesem Grund werde ich erneut für das Amt des Ersten Bürgermeisters von Neubiberg kandidieren“. Pardeller hatte sich nach dem Vorfall krankschreiben lassen, in therapeutische Behandlung begeben und ist erst seit 1. Dezember wieder im Amt.
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Seine Partei gewährt ihm weiterhin Rückhalt. „Selbstverständlich hält der CSU-Ortsverband Neubiberg an Herrn Thomas Pardeller als Bürgermeisterkandidaten fest“, erklärt der Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat und stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende Leon Bogner schriftlich auf Nachfrage der SZ. In den vergangenen Jahren seien viele wichtige Vorhaben für die Gemeinde umgesetzt worden. „Dies wäre ohne die exzellente und engagierte Arbeit unseres Ersten Bürgermeisters nicht möglich gewesen.“
Selbst die kritischen Stimmen aus der CSU werden nach Bekanntwerden des Strafbefehls leiser. „Ich nehme die strafrechtliche Entscheidung zur Kenntnis und die schnelle Abwicklung des Verfahrens, möchte mich aber weiter dazu nicht äußern“, sagt etwa Gemeinderat Tobias Thalhammer. Am Montag hatte Thalhammer, der ein parteiinterner Kritiker Pardellers ist, in der Sitzung des Gemeinderats – der ersten nach der Rückkehr Pardellers – noch mehr Transparenz vom Rathauschef gefordert. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht, auf die vielen Fragen eine Antwort zu bekommen. Er könne sich nicht erinnern, dass Pardeller dem Gemeinderat gegenüber eine vollumfängliche Stellungnahme zu der Angelegenheit abgegeben habe, so Thalhammer am Mittwoch. Pardeller verwies dagegen im Gemeinderat darauf, dass er vor zwei Wochen den Fraktionssprechern in einer Runde Raum für Fragen gegeben habe. Darüberhinaus bot er „persönliche Gespräche“ an.
Die SPD ruft nach Landrat Göbel und der Dienstaufsicht
Die Reaktionen aus den anderen Fraktionen des Gemeinderats auf die Gerichtsentscheidung fallen unterschiedlich aus. „Es ist ein Vorgang im privaten Bereich und man wusste, es wird ein Strafmaß geben. Jetzt ist es da“, sagt Reiner Höcherl von den Unabhängigen, der zugleich Dritter Bürgermeister ist. Ob es sich um zehn oder 60 Tagessätze handle, mache für ihn keinen Unterschied. „Die gemeinsame Arbeit wird hoffentlich gemeinsam weitergehen“, so Höcherl. Die Grünen, die in Kilian Körner den Zweiten Bürgermeister stellen, halten sich bedeckt. „Wir äußern uns dazu nicht und konzentrieren uns auf die Sacharbeit. Wir finden es aber bemerkenswert, dass es sogar innerhalb der CSU noch Redebedarf gibt“, sagt Fraktionsvorsitzende Ulrike Dowie.
FDP-Gemeinderatsmitglied Michael Weigle, der am Montag im Gemeinderat ebenfalls Transparenz gefordert hatte, würdigt Pardellers Umgang mit dem Abschluss des Verfahrens. „Ich finde es gut, dass er es veröffentlicht hat und er klar sagt, was passiert ist und was die Folgen sind.“ Weigle hebt hervor, dass dem Bürgermeister nur der Besitz von Betäubungsmitteln zur Last gelegt werde und nicht Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Dieser Verdacht stand im Raum, weil Pardeller sich bei dem Vorfall im Oktober zunächst geweigert haben soll, das Päckchen auszuhändigen, und laut Polizei deshalb zu Boden gebracht und gefesselt wurde.

:„Man wird erpressbar, kann unter Druck gesetzt werden“
Der Neubiberger Bürgermeister hat eingeräumt, mit Kokain erwischt worden zu sein. Was bedeutet das und was könnte es für Folgen haben? Ein Suchtmediziner, eine Drogenberaterin und ein Jurist beantworten die wichtigsten Fragen.
Kritischer beurteilt die SPD-Fraktionsvorsitzende Elisabeth Gerner die Situation. „Ich finde es ärgerlich, wie die CSU mit zweierlei Maß misst, weil sie einerseits legale Drogen wie Cannabis angreift, es aber kleinredet, wenn der eigene Bürgermeister eine Straftat mit einer illegalen Droge begeht“, so Gerner zur SZ. Auch wenn der Bürgermeister sage, er erhalte viel Zuspruch – „ich höre auch andere Stimmen“. Gerner sieht nun Landrat Christoph Göbel (CSU) als Leiter der Rechtsaufsichtsbehörde in der Pflicht, die Dienstfähigkeit des Neubiberger Bürgermeisters zu beurteilen. „Es sollte immer wieder überprüft werden, inwieweit er stabil ist und bleibt.“ Die Rücktrittsforderung, wie sie der SPD-Ortsverein im Oktober ausgesprochen hatte, hält die Fraktionsvorsitzende aktuell nicht mehr für sinnvoll. Die Bürgerinnen und Bürger würden bei der Wahl im März entscheiden, ob sie einen Bürgermeister mit Strafbefehl wollen oder nicht.
Pardeller will nach eigenen Worten in den verbleibenden Wochen bis zur Wahl seine volle Kraft der Gemeinde widmen. Er hoffe, schreibt er in seinem Statement an die Bürger, „Sie davon überzeugen zu können, mir am 8. März erneut Ihr Vertrauen zu schenken“.





















