Christstollen in Indien – Dina begeistert mit deutschen Leckereien | ABC-Z

Es braucht schon eine gewisse Abenteuerlust und Risikobereitschaft, um ein eigenes Business zu starten, insbesondere wenn man es tausende Kilometer von der eigenen Heimat entfernt wagt. Zwei Eigenschaften, an denen es Dina Weber aus Bielefeld nicht gerade mangelt. Ihre Erfolgsgeschichte ist außergewöhnlich, genauso wie es ihre „Sapa Bakery“ im südindischen Bundesstaat Karnataka ist. Kaum irgendwo lieben die Menschen die eigene Landesküche so sehr wie in Indien – und genau hier fing Weber an, Sauerteigbrot und Christstollen zu backen.
Was als kleines Home-Business in der Stadt Mysore anfing, entwickelte sich schnell zu einem großen Café-Betrieb mit einem Team aus heute 70 Mitarbeitern. Zunächst gab es vor allem Brot und Kuchen, heute können Kunden zwischen süßen Teilchen und Torten wählen. Außerdem gibt es warme Küche wie Clubsandwiches oder Pasta-Gerichte. Der Dauerbrenner, dem die indische Kundschaft einfach nicht widerstehen kann: Berliner Ballen, auch Krapfen oder Berliner Pfannkuchen genannt. Als „gefüllte Donuts“ deklariert, um die Café-Gäste möglichst wenig zu verwirren, haben sich ihre Berliner zum echten Verkaufsschlager entwickelt.
Café-Besitzerin in Indien: Das Land ließ sie nicht mehr los
Dabei war der Weg zur erfolgreichen Café-Inhaberin für Weber alles andere als geradlinig. „Eigentlich wollte ich nach dem Abitur nur ein Jahr Pause machen“, erzählt sie. Schon damals zog es sie weg von Deutschland: erst nach Mailand als Au-pair, dann in die Toskana und nach Südostasien, wo sie in verschiedenen Permakultur-Projekten auf Farmen arbeitete. Freunde und Familie hätten erwartet, dass sie nach einer kurzen Auszeit zurückkommt und ein Studium beginnt. „Ich habe gemerkt, dass ich keine Lust dazu habe, lieber meinen eigenen Weg suchen will und herausfinden will, was ich gut kann und wofür ich stehe“, sagt Weber.
Nach einer ersten Reise nach Indien vor über zehn Jahren ließ die 31-Jährige das Land nicht mehr los. Sie kam immer wieder zurück, arbeitete auch dort in landwirtschaftlichen Projekten mit oder unterrichtete Nachhaltigkeit in Schulen. Doch eigentlich lag ihre große Leidenschaft schon immer woanders: „Ich arbeite gerne mit den Händen, aber lieber feinmotorisch.“ Sie stellte fest: Kochen und Backen ist das, was sie gut kann und wofür sie stehen will.
Dina Weber aus Bielefeld hat in Südindien die „Sapa Bakery“ eröffnet und bietet dort unter anderem viele deutsche Brotsorten, Brezeln, Berliner Ballen oder Linzer Torte an.
© Saina Jayapal | Privat
Haustür-Geschäft wurde zum lokalen Geheimtipp
Weber fasste den Entschluss, sich dauerhaft in Mysore niederzulassen, wurde Mutter einer Tochter. Schon in der Schwangerschaft begann sie, verschiedene Brotsorten und Kuchen in der eigenen Küche zu backen, die Kunden aus der Nachbarschaft dann an ihrer Haustür abholen konnten. Es dauerte nicht lange, bis sich ihr Back-Business das erste Mal vergrößerte: Eine befreundete Architektin bot ihr an, gemietete Geschäftsräume gemeinsam zu nutzen. Eine Hälfte Backstube, die andere Hälfte Architekturbüro.
Von da an bot die junge Mutter dort jeden Donnerstag und Samstag ein wechselndes Angebot an Brot, Kuchen und anderen Backwaren an. „Ich habe das selbst gar nicht richtig ernst genommen. Für mich war das einfach meine Experimentier- und Passionsküche“, erzählt Weber. Nebenbei bot sie in den großen Metropolen Indiens wie Mumbai und Bangalore Kurse zum Sauerteigbacken an und baute sich so Stück für Stück einen Namen in der kulinarischen Szene auf.
Empfohlener externer Inhalt
Schnell sprach sich ihre kleine Backstube als Geheimtipp im Ort herum. „Ich wurde teilweise sogar im Supermarkt von Leuten angesprochen, die wissen wollten, wie sie Mitglied in der Whatsapp-Gruppe werden können, in der jede Woche das Menü gepostet wird.“
Zweifel am Café-Erfolg: „Das wird nicht funktionieren“
Das Abhol-Geschäft lief so gut, dass die 31-Jährige zwei Mitarbeiter einstellen musste. „Das war sonst nicht mehr zu schaffen“, sagt Weber. Immer mehr störte sie aber, dass ihre Kunden bei ihr nicht gemütlich verweilen, das Stück Kuchen nicht bei einer Tasse Kaffee genießen konnten. „Das ist, was für mich Gastronomie bedeutet: Ein Ambiente und einen Service zu schaffen, wo sich jeder willkommen fühlt und man gerne Zeit verbringt.“ Lange überlegen und erstmal abwarten, kam für Weber nicht infrage. Sie mietete eine Garage und Räumlichkeiten im dazugehörigen Haus an, gestaltete alles liebevoll zu einem kleinen Café um.
„Alle haben gesagt: ‚Das wird nicht funktionieren. Du kannst hier nicht etwas aufmachen, das vom Konzept her so neu ist.‘“ Doch Weber war sich sicher: „Mysore hat zu der Zeit so etwas gebraucht.“ Ein kleines, alternatives Café mit gänzlich anderem Angebot als die traditionelle südindische Küche. Und sie sollte recht behalten, auch wenn sie mit ihrer „Sapa Bakery“ wohl zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt an den Start ging. „Zwei Wochen nach unserer Eröffnung kam der Corona-Lockdown“, erinnert sich Weber. Irgendwie überstand sie die Zeit, hielt sich auch durch das Leiten von Online-Back-Kursen finanziell über Wasser.
Ein FUNKE Liebe
Alle zwei Wochen sonntags: Antworten auf Beziehungsfragen – ehrlich, nah und alltagstauglich.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der
Werbevereinbarung
zu.
Als nach dem ersten Lockdown der nationale Tourismus in Indien zurückkam, boomte plötzlich auch Webers Geschäft mehr denn je. Einen Teil davon schreibt sie auch ihrem Auftritt in den sozialen Medien zu. Vor allem auf Instagram nimmt die 31-Jährige die Leute regelmäßig mit hinter die Kulissen ihres Cafés. Sie stellte mehr Leute ein, kaufte einen größeren Ofen, fing an, auch warme Küche anzubieten, verlängerte ihre Öffnungszeiten. „Wir waren jeden Tag zwischen 17 und 18 Uhr schon ausverkauft.“
Der zweite Lockdown kam und konnte Webers Erfolg kaum noch etwas anhaben. Anstatt die Gäste bei sich zu empfangen, konzentrierte sie sich mit ihrem stetig wachsenden Team darauf, die Menschen in Mysore mit Essen und Backwaren zu beliefern. Als auch diese Einschränkungen überstanden waren, strömten die Besucher wieder ins Café und schnell stand fest: Die Gäste brauchen mehr Platz. Weber investierte in einen alten, schön gelegenen Bungalow, renovierte und sanierte alles, und feierte im Februar 2022 große Eröffnung.
Verkaufsschlager im Dezember sind die Christstollen
In genau diesem Bungalow ist ihre „Sapa Bakery“ heute noch beheimatet, einen weiteren Anbau hat es aber auch dort schon wieder gegeben. Für Dina Weber reißt der Erfolg in Indien seitdem nicht ab: Mit Pop-up-Events, Catering-Aufträgen und Backkursen zieht es sie regelmäßig auch nach Bangalore und Mumbai. Oktoberfeste mit Bratwurst, Leberkäse und Spätzle hat sie dort ebenfalls schon für begeistertes Publikum veranstaltet. Besonders beschäftigt ist die 31-Jährige immer im Dezember: Dann verschickt sie tausende selbstgebackene Christstollen an Kunden in ganz Indien.
Im Dezember verkauft Dina massenweise Christstollen an ihre indischen Kunden.
© Saina Jayapal | Saina Jayapal
Mittlerweile ist Weber zu einem kleinen Star am Himmel der kulinarischen Szene aufgestiegen: Im November 2024 wurde ihr Café als eines der besten 50 Restaurants Indiens ausgezeichnet, in diesem Jahr porträtierte das bekannte Magazin „Harper’s Bazaar“ Weber als eine von 25 Gastronomen, die man 2025 im Auge behalten sollte. Große Investoren würden regelmäßig anklopfen, um die „Sapa Bakery“ mit vielen weiteren Filialen in andere Städte Indiens zu bringen.
Für Weber kommt das vorerst jedoch nicht infrage: „Ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, wo ich sage: ‚Ich möchte nicht noch mehr.‘“ Verschiedene Events planen, neue Konzepte entwickeln, und ihr Herzblut in ihr Café in Mysore stecken – darauf wolle sie sich konzentrieren. Dass sie mit ihrem Konzept, deutsche Backtradition nach Indien zu bringen, voll ins Schwarze getroffen hat, hat Weber mehr als bewiesen.
















