Patchwork an der Weihnachtskrippe: Wenn der heilige Josef fehlt, müssen Hirten und Könige aushelfen – Bayern | ABC-Z

Als es für „Blackfacing“ noch keinen Begriff und erst recht kein Bewusstsein gab, wurde jedes Jahr zu Weihnachten einem der Heiligen Drei Könige das Gesicht schwarz angemalt. Ein Bub, der kleinste meistens, wurde zum König Balthasar oder auch Melchior, wer wer ist, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.
Der Engel im Krippenspiel wurde in der Regel mit einem blondlockigen Mädchen besetzt, auch wenn die biblischen Pendants männliche Namen tragen. Der Erzengel Gabriel, der Maria die Sache mit der Schwangerschaft verkündet, kam wohl gelegentlich etwas ätherisch-verklärt rüber und trug auf den meisten Darstellungen die Haare lang, was ihn den durchschnittlichen Krippenspiel-Regisseuren wohl etwas mädchenhaft erscheinen ließ.
Nicht nur wegen des alljährlichen Krippenspiels waren die Figuren der Weihnachtsgeschichte bayerischen Kindern so vertraut wie der Osterhase und die Mainzelmännchen. Immer noch ist dem Personal der Weihnachtsgeschichte auch im öffentlichen Raum zu begegnen, Krippen stehen in vielen Innenstädten, selbst da, wo Glühweinbuden und blinkende Rentier-Haarreifen nicht direkt auf den Anlass des Weihnachtsfestes verweisen.
Gelegentlich gibt es freilich, nun ja, Konfrontationen mit dem modernen Lebensstil. Es ist schon vorgekommen, dass ein Trupp Weihnachtsmarktbesucher nach zu viel Glühwein einen Hirten oder gar das Jesuskind selbst aus der Krippe entführt hat. Meistens sind die Figuren wieder aufgetaucht, irgendwo an einem anderen Ort, war ja eh nur ein Scherz.
Im bayerischen Landtag steht auch eine Krippe, im Steinernen Saal unter dem großen Christbaum. Der Stall von Bethlehem erinnert an ein alpenländisches Ferienchalet, die heilige Familie kann das Jesuskind sogar in einer geschnitzten Wiege schaukeln.
Die Hirten sind da, die Könige auch schon, alle ein bisschen vor der Zeit. Allerdings, waren da kürzlich nur zwei Figuren mit Krone auszumachen, der eine König mit Weihrauchkessel, der andere mit einer goldenen Kiste. Aber der Balthasar-Melchior? Nicht da.
Geklaut vielleicht? Von finsteren Mächten entführt wegen seiner Hautfarbe? Vom ganz anderen Lager entfernt aus politischer Korrektheit? Nun, es war dann doch profaner. Nach einer Veranstaltung war der König weg, mit ihm ein Schaf und ein Stück Zaun. Beim Aufräumen ist alles wieder aufgetaucht. Der heilige Josef allerdings, der geht immer noch ab. Aber all die Hirten und Könige werden der Jungfrau Maria schon helfen, das Kindelein zu schaukeln. Patchwork, ganz zeitgemäß.





















