Berg: Protest gegen Abschiebung nigerianischer Familie – Starnberg | ABC-Z

Empört, fassungslos, traurig und auch wütend: Das sind nicht nur Michael Schäfer und Claudia Brustmann, die am Dienstagmittag mit circa hundert anderen Teilnehmern ihre Solidarität mit der in der vergangenen Woche mitten in der Nacht abgeschobenen nigerianischen Familie in Berg demonstrieren. Sie gehen von Aufkirchen aus, wo der siebenjährige Sohn der abgelehnten Asylbewerberin in die Schule gegangen ist, den Weg hinunter an der Container-Unterkunft vorbei, um an der Protestkundgebung am Sportverein gegen die „unwürdige Abschiebung“ teilzunehmen. Der Helferkreis Asyl und Integration hat die Demo mit Eltern und engagierten Bürgern organisiert, um ein klares Zeichen für Menschlichkeit zu setzen – und darauf hinzuweisen, dass Nigeria kein sicheres Land sei, insbesondere für Frauen.
So etwas wie in besagter Nacht habe er seit der Gründung des Helferkreises in Berg noch nicht erlebt, sagt Iradj Teymurian. „Es tut mir in der Seele weh, was passiert ist.“ Er hoffe, dass diese Solidaritätsaktion die Menschen aufrütteln werde. Auch eine Nigerianerin, Mitbewohnerin der Flüchtlingsfamilie, ergreift das Wort. Sie trägt ihr Kleinkind auf dem Rücken, ist verzweifelt und hat Angst, das gleiche Schicksal zu erleben. „My home is here“, sagt sie mit bebender Stimme und wird umarmt.
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Auch Alina Stroiu kennt die nun abgeschobene alleinerziehende Mutter, deren Kinder zwei Jahre bei ihrem Sportprojekt mitgemacht haben und dabei Tennis spielten und paddelten. Die Mutter sei stark und verantwortungsbewusst gewesen und das habe man ihren Kindern angesehen, erzählt die Projektleiterin, die ebenso von dieser Abschiebung geschockt ist. Die Kinder seien fabelhaft integriert gewesen und müssten jetzt in einem Land zurechtkommen, „das sie nicht kennen und ihnen keine Zukunft bietet“, erklärt eine weitere Rednerin. Und es wird auch die Frage aufgeworfen, wie denn das plötzliche Verschwinden dieser Familie den Mitschülern erklärt werden solle. Überdies habe das elfjährige Mädchen an einem Förderprogramm der Stiftung Startchance teilgenommen, sagt Verena Machnik vom Helferkreis. Und diese Stiftung sei ausgerechnet von der Regierung von Oberbayern mit dem Integrationspreis bedacht worden.
Beim Helferkreis ist unter anderem auch eine Rentnerin aus dem Ortsteil Höhenrain aktiv, die die nigerianische Familie auf einem Flohmarkt näher kennengelernt hatte. Sie sei erschüttert über die „verschärften Asylgesetze ohne Herz und Hirn“, empört sich die 78-Jährige. Inzwischen äußerte sich auf Anfrage der SZ auch die Regierung von Oberbayern zu dieser Abschiebung aus Berg.


Die Familie sei vor sieben Jahren nach Deutschland eingereist und habe insgesamt drei Asyl- und Asylfolgeanträge gestellt. Diese seien vom zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geprüft und abgelehnt worden – zuletzt am 19. September 2025, wie Pressesprecher Wolfgang Rupp mitteilte. Die Familie sei nach den Entscheidungen des Bundesamtes und Verwaltungsgerichts Augsburg „vollziehbar ausreisepflichtig“ gewesen – der mehrfachen Aufforderung, freiwillig auszureisen, aber nicht nachgekommen, so Rupp. Nach seinen Angaben leben in den Asylunterkünften im Landkreis Starnberg derzeit 2079 Personen, davon stammten 276 Menschen aus Nigeria. Bei der jetzt erfolgten Rückführung der 41-jährigen Mutter mit ihren beiden Kindern war das Landratsamt Starnberg nicht eingebunden, weil es diese Unterkunft mit Asylbewerbern in Berg nicht betreut.

Im August hatte eine Anfrage der Linken ergeben, dass elf Prozent der Abgeschobenen bundesweit Kinder und Jugendliche seien. Linken-Chef Bartsch kritisierte, dass im ersten Halbjahr 2025 mehr schulpflichtige Kinder abgeschoben wurden als noch vor wenigen Jahren im gesamten Jahr. „Welchen Sinn soll es haben, Kinder, die hier lernen, die hier aufwachsen, die hier integriert sind – die Fachkräfte von morgen – und ihre Familien abzuschieben“, fragte Bartsch, „Kinder gehören in die Schule – nicht in den Abschiebeflieger.“
Eine Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Nicole Bäumler an die bayerische Landesregierung ergab genauere Zahlen für die Abschiebung der Jüngsten: 2024 wurden 222 schulpflichtige Kinder, 87 Kindergartenkinder und 38 Kleinkinder im Alter von bis zu drei Jahren aus Bayern abgeschoben. Für das laufende Jahr zeigen die Zahlen eine Steigerung an, bis Mitte September 2025 waren es schon mindestens 182 schulpflichtige Kinder, 51 Kinder im Kindergartenalter und 45 Kinder zwischen 0 und 3 Jahren.





















