Biogas und Klimaschutz in Taufkirchen: Herausforderungen und Lösungen – Erding | ABC-Z

Bis Mitte 2028 müssen alle Kommunen Klimaschutzpläne erstellen, wie die jeweilige Gemeinde, der Markt oder die Stadt bis 2045 CO₂-neutral werden soll. Diese Klimaschutzpläne beruhen im Wesentlichen auf drei Säulen: die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die Mobilität und der Umstieg auf CO₂-freies Heizen. Insbesondere bei Letzterem wird es knifflig. Viele Kommunen sind in diese Planungen überdies noch gar nicht eingestiegen, bis Mitte 2028 bleiben immerhin zweieinhalb Jahre Zeit. In Taufkirchen sind indes die Konzepte schon weit gediehen.
Urbane Regionen können zur Umsetzung der Klimaschutzpläne beispielsweise bei der Mobilität den öffentlichen Nahverkehr ausbauen. Im ländlichen Raum Bayerns, auch im Speckgürtel von München, ist der nachhaltige Strom dank vieler großer und kleiner Fotovoltaikanlagen das geringste Problem. Am schwierigsten wird es beim Heizen: Viele Wohngebäude stammen aus der Zeit zwischen 1950 und 1980 und werden vorwiegend noch mit Öl oder Gas beheizt. Insbesondere in Kommunen, die stark landwirtschaftlich geprägt sind, bietet sich deshalb die Versorgung mit Fernwärme an, die mit der Abwärme aus Biogasanlagen gespeist wird. Das kann wunderbar funktionieren, aber ganz ohne Tücken ist diese Zukunftsvision nicht.
Zu den Vorreitern auf dem Gebiet der Versorgung mit Fernwärme zählt die Gemeinde Taufkirchen/Vils im Landkreis Erding, die ihre Vorhaben schon so weit konkretisiert hat, um sie bei Bürgerinformationsabenden vorzustellen. Taufkirchen hat 11000 Einwohner, am Hauptort einen großen Industriebetrieb, ansonsten einen stabilen Mix aus Handel, Dienstleistung und Handwerk. Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle, vor allem der Mais, die hier vorherrschende landwirtschaftliche Kulturpflanze.
Bereits vor 15 Jahren hat die Kommune die Gemeindewerke Taufkirchen gegründet, einen regionalen Energieversorger, der Strom, Wärme und Erdgas anbietet. Taufkirchen verfügt über ein Erdgasnetz sowie schon jetzt über vier Fernwärmenetze, die mit Biogas betrieben werden. Das größte Netz im Hauptort errichteten die Gemeindewerke, drei größere Nebenorte versorgt ein Netz von Landwirten, das Biogasanlagen betreibt. Diese Anlagen erzeugen in erster Linie Strom, die entstehende Abwärme wird eingespeist. Der Energiemix besteht zu etwa 80 Prozent aus Strom und zu 20 Prozent aus dem „Abfallprodukt“ Prozesswärme.
Nach Angaben des Fachverbandes Biogas Bayern mit Sitz in Freising gibt es allein in Oberbayern 688 Biogasanlagen mit einer Leistung von 300 Megawatt. Die Wärmezahlen sind nicht erfasst, weil sie nicht über Vergütungen abgerechnet werden. Der Fachverband geht jedoch davon aus, dass mehr als die Hälfte der Anlagen in Wärmenetze einspeist.
Biogasanlagen haben schon Umweltkatastrophen verursacht
Das Konzept der Gemeinde sieht vor, Prüfgebiete auszuweisen, in denen eine Ausweitung der Fernwärme infrage kommt. Zudem könnte das Gasnetz mit Biomethan oder Wasserstoff genutzt werden. Wer in entlegenen Splittersiedlungen wohnt, soll einen Gutschein für eine kostenlose individuelle Energieberatung erhalten und dann selbst entscheiden, ob er künftig eine Pelletheizung oder eine Wärmepumpe installieren lässt.
Mit den Biogasanlagen hat man in der Region aber auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. In der Nachbarstadt Dorfen gab es in den vergangenen Jahren zwei Umweltkatastrophen, für die Betreiber verantwortlich sind. In zwei Anlagen kippte das Substrat um und daraufhin kam der Gärprozess zum Erliegen. Das übel riechende Gebräu ließen die Verursacher in angrenzende Flüsse und Bäche laufen, in denen daraufhin auf einer Strecke von mehreren Kilometern Fische, Krebse und Wasserinsekten verendeten. Beide wurden zu relativ geringen Geldstrafen verurteilt, einer wegen Vorsatz, der andere wegen grober Fahrlässigkeit.
Das Hauptgeschäft bleibt der Strom
Schlagzeilen machte auch ein Biogasanlagen- und Netzbetreiber in der Gemeinde Ried im schwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg. Von den Anwohnern, die er belieferte, verlangte er, einen neuen Vertrag zu unterzeichnen, zu erhöhten Konditionen samt festgeschriebener Mindestabnahmemengen. Als sie sich weigerten, drehte er ihnen im Dezember 2023 Heizung und Warmwasser ab, und das bei zweistelligen Minustemperaturen. Als ihm die Kartellkammer des Landgerichts München 2025 auch noch recht gab, schürte dies die Scheu, sich in solche Abhängigkeiten zu begeben.
Diese „schwarzen Schafe“, sind nicht repräsentativ für die Branche. Aber auch manche seriöse Betriebe könnten in Zukunft in Schwierigkeiten geraten. Denn das Hauptgeschäft ist der Strom, nicht die Wärme. Den Strom können sie nicht aus eigenem Ermessen einspeisen, sondern sie können nur Kontingente bei der Bundesnetzagentur anbieten, zu Preisen, die ihnen wirtschaftlich erscheinen. Wenn sie dabei nicht zum Zug kommen, ist ihr Geschäftsmodell gefährdet. Das könnte dazu führen, dass sie zum Auslaufen ihrer Fernwärme-Verträge die unternehmerische Entscheidung treffen müssen, den Betrieb einzustellen.





















