Generaldebatte: Vertane Chance | ABC-Z
Es wäre für die CDU/CSU die falsche Entscheidung gewesen, als Merz-Löwe zu springen und als Merkel-Bettvorleger zu landen. Darauf wäre es hinausgelaufen, wenn die Unionsfraktion sich auf die Vorschläge eingelassen hätte, die Innenministerin Faeser zur Intensivierung von „Zurückweisungen“ gemacht hatte.
Genaugenommen handelt es sich dabei um eine Intensivierung der bisherigen Praxis, ohne dass die Regeln für Asylverfahren von den EU-Partnern mit Rücksicht auf Deutschland viel ernster genommen werden müssten als bisher. Faeser liegt ganz auf der Linie der Migrationspolitik, die Angela Merkel verfochten hat und die einen auch nur vorübergehenden Stopp an der deutschen Grenze, um EU-Recht durchzusetzen, für unmöglich erklärt. Das ist es aber, was die CDU/CSU in einer klaren Abkehr von dieser Linie unter einer Asylwende versteht – mit Zurückweisungen im großen Stil.
Der Kanzler spricht von einer „Theateraufführung“
Im Bundestag nannte Kanzler Olaf Scholz die Absage der Union eine „Theateraufführung“ der Opposition, die sich in die Büsche geschlagen habe. Merz nannte den Vorwurf „infam“, schließlich sollte er auf eine ganz andere Theateraufführung hereinfallen, die der Bundesregierung.
Die hatte den Eindruck erweckt, sie mache nach dem Mordanschlag von Solingen tatsächlich ernst mit einer neuen Sicherheits- und Asylpolitik. Die Gesichter in der Unionsfraktion müssen lang gewesen sein, als sie das Ergebnis sahen, das Scholz nun als die „größte Wende“ in der Migrationspolitik verkaufte. Das hätte sie werden können, wenn Grüne und Teile der SPD sie nicht blockiert hätten. Vom Aufbruch blieb nur übrig, dass FDP-Chef Lindner eine kleine Männerrunde vorschlug, um doch noch Fortschritte zu erzielen.
Die Chance ist vertan. Die Verfechter einer 2015-Politik mögen das Faeser-Papier als Rettungstat hochhalten. Sicher aber ist es keine Rettung im Kern des Problems, der nach mehr als einem Dutzend Wahlen immer wieder beschworen wird: die Stabilität der Demokratie. Scholz und die Ampelkoalition pflegten in der Generaldebatte vielmehr die alte Rollenverteilung, die ihr zum Verhängnis wird. Sie halten sich zwar für besonders kompetent, die Stärke der AfD zu verurteilen. Der Union überlassen sie es aber, daraus Konsequenzen zu ziehen. Die Büsche, die Scholz meinte, stehen direkt am Kanzleramt.