Frankfurt landet im Städtevergleich nur im Mittelfeld | ABC-Z

Niemand zieht in Zweifel, dass sich Frankfurt in den vergangenen Jahrzehnten gut entwickelt hat. Die Stadt ist attraktiv, allein in den Jahren von 2000 bis 2024 ist die Zahl der Einwohner um 17 Prozent gewachsen, die Zahl der Erwerbstätigen ist in ungefähr diesem Zeitraum sogar um 25 Prozent gestiegen. In Frankfurt waren im Jahr 2023 gut 720.000 Frauen und Männer in Lohn und Brot. Das waren fast so viele, wie die Stadt in jenem Jahr Einwohner zählte – 750.000. Hunderttausende pendeln jeden Tag in die Stadt ein, erarbeiten deren Reichtum, der sich am deutlichsten im Steueraufkommen niederschlägt. 3,1 Milliarden Euro hat der Kämmerer im Jahr 2023 aus der Gewerbe- und der Grundsteuer eingenommen; zusammengenommen handelt es sich um die wichtigste Einnahmequelle der Kommune. Nur mit diesen Milliarden ist es möglich, die Infrastruktur zu unterhalten und eine ausdifferenzierte Kulturlandschaft und Sozialpolitik zu finanzieren. Abermals zeigt sich: Frankfurt ist auf Wachstumskurs. 2023 waren die Einnahmen aus der Gewerbe- und Grundsteuer mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2000, das Plus betrug 113 Prozent.
Und doch: Für Selbstzufriedenheit sollte in Frankfurt kein Anlass bestehen. Schaut man auf die zehn größten Städte Deutschlands, so hat die Metropole am Main im ersten Vierteljahrhundert des neuen Jahrtausends mit ihrem Wachstumskurs nicht mehr als Mittelmaß geboten. Für den Städtevergleich auf dieser Seite wurden sechs Kriterien herangezogen, wobei es stets um das Wachstum ging: die Zahl der Einwohner, der Erwerbstätigen, der Kraftfahrzeuge, der Wohnungen, der Plätze in Kindereinrichtungen sowie der Einnahmen aus der Gewerbe- und Grundsteuer. Gemeinsam geben diese Daten einen schlüssigen Hinweis darauf, wie sich die Städte seit dem Jahr 2000 entwickelt haben.
München schlägt sie alle
Die in mehreren Punkten höheren Wachstumsraten Leipzigs mögen noch mit dem Nachholbedarf seit der deutschen Einheit zu erklären sein. Doch auch Hamburg und vor allem München weisen in einer Reihe von Kriterien höhere Zuwächse als Frankfurt aus. Vor allem die bayerische Landeshauptstadt sieht deutlich besser aus.
Schaut man auf die Grafik auf dieser Seite, so lässt sich aus Frankfurter Sicht ernüchtert feststellen: In sämtlichen Kriterien schlägt München die Mainmetropole. An der Isar stieg die Bevölkerungszahl stärker, wuchs die Zahl der Erwerbstätigen in höherem Maße, ebenso die Zahl der Kraftfahrzeuge, was als ein Zeichen des Wohlstands zu sehen ist, sodann die Zahl der Wohnungen, der Kinder in Tageseinrichtungen und schließlich auch das Aufkommen der Gewerbe- und Grundsteuer, dies sogar besonders deutlich. München, so lautet der Befund, läuft Frankfurt und allen anderen davon, setzt die Maßstäbe, wenn es um den Erfolg von Großstädten in der Bundesrepublik geht.
Den größten Gewinn der bayerischen Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren im unausgesprochenen Wettbewerb mit Frankfurt kann jeder nennen: den Umzug der Internationalen Automobilmesse vom Main an die Isar, die dort zum ersten Mal 2021 stattfand. Zwei Jahrzehnte zuvor, 2003, war es noch gelungen, die noch traditionsreichere Frankfurter Buchmesse vor einem Wegzug in den Süden zu bewahren.
So oder so macht die bayerische Landeshauptstadt Frankfurt längst den Titel der Wirtschaftsmetropole Deutschlands streitig. Zwar sind die Banken, die Börse und der größte Flughafen des Landes nach wie vor Alleinstellungsmerkmale Frankfurts, doch zeigt schon der Vergleich der Dax-Konzerne, dass München jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht jedem Vergleich standhält: Mit der Allianz, BMW, MTU, Munich Re, Scout24, Siemens und Siemens Energy kommt die Stadt auf sieben Dax-Adressen, nimmt man Infineon im Umland (Neubiberg) hinzu, sind es acht. Hingegen muss sich Frankfurt mit drei bescheiden: Deutsche Börse, Deutsche Bank und Commerzbank. Mit den Dax-Konzernen Merck in Darmstadt sowie Fresenius und Fresenius Medical Care in Bad Homburg werden es auch nur sechs. Auch bei Technologieunternehmen ist die bayerische Landeshauptstadt vorn, so hat dort Microsoft seinen Deutschlandsitz. Sollte München auch noch mit seiner Bewerbung um die Olympischen Spiele erfolgreich sein, dürfte der Abstand noch größer werden, weil dies eine erstklassige Werbung für die Stadt wäre.
Alle Städte wachsen
Interessanterweise zeigen die für diesen Städtevergleich zusammengestellten Zahlen, dass alle der zehn größten Orte der Bundesrepublik in sämtlichen Kriterien Wachstumszahlen aufweisen, auch wenn sie sehr unterschiedlich ausfallen. Das gilt selbst für Dortmund im krisengeschüttelten Ruhrgebiet und das strukturschwache Bremen. Großstädte scheinen einen guten Teil der Zuwanderung nach Deutschland aufzunehmen und zugleich als Standorte für die Wirtschaft weiterhin attraktiv zu sein, auch wenn sie für die Unternehmen teuer sind.
Warum ein Vergleich der Wachstumszahlen? Weil die Welt nicht statisch ist, sondern Städte wie auch Ballungsräume, ganze Länder oder gar Kontinente ständig in Bewegung sind. Das Schrumpfen eines Ortes verringert die Chancen der Bevölkerung am Arbeitsmarkt, Wachstum erhöht sie. Schrumpfen verkleinert die kommunalen Spielräume und führt womöglich zum Rückbau der Infrastruktur, Wachstum aber vergrößert sie, und im Idealfall nährt der Erfolg den Erfolg. Eine ambitionierte Kultur-, Sozial- und selbst Umweltpolitik wird man zuerst dort finden, wo eine florierende Wirtschaft zu steigenden Steuereinnahmen führt, aus denen all dies finanziert werden kann.
Frankfurt ist in diesem Sinne seit Langem auf der Erfolgsspur, doch zeigt der Vergleich, dass auch andere Städte erfolgreich, sogar erfolgreicher sind. Es stimmt schon: Wachstum bereitet Schmerzen, die wachsende Stadt wirft viele Schwierigkeiten auf, die zu lösen sind. Die Schmerzen in schrumpfenden Orten sind aber ungleich größer.





















