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Wetterprognosen für Deutschland: Polarwirbel und Wintertemperaturen – Wissen | ABC-Z

Wenn vom „Jahrhundertwinter“, einer „Wetterachterbahn“, oder gar dem „eiskalten Winterhammer“ zu lesen ist, scheint etwas los zu sein mit dem Wetter. Oder steht dahinter nur die Sehnsucht nach, hach, weißen Weihnachten?

Grund für den ganzen Wirbel ist ein anderer, der Polarwirbel rund um den Nordpol. Er entsteht während der Herbst- und frühen Wintermonate. Durch die Polarnacht kühlt sich die Luft hoch oben in der Stratosphäre über der Polarregion stark ab. Das Abkühlen in dieser Schicht zwischen zehn und 50 Kilometern Höhe führt dazu, dass sich die Luft zusammenzieht und absinkt.

So bildet sich weiter unten, in der Troposphäre nämlich, wo im Wesentlichen das Wetter entsteht, ein Hochdruckgebiet. Und darüber in der Stratosphäre ein Tiefdruckgebiet, das Luft aus südlichen Regionen anzieht. Diese Winde werden durch die von der Erdrotation verursachte Corioliskraft nach Osten abgelenkt. Es entsteht ein Starkwindband mit Windstärken von etwa 200 Kilometern pro Stunde – der Polarwirbel. Normalerweise sind diese Winde rund um den Nordpol über das Winterhalbjahr recht stabil.

Man kann sich die Wirkung des Polarwirbels auf die Troposphäre und das Wetter am Boden wie einen Luftvorhang im Eingang eines Kaufhauses vorstellen. Der Ausgleich zwischen kalter und warmer Luftmasse wird durch einen starken Luftstrom verhindert. Durch den Polarwirbel bleibt die kalte Polarluft über der Polarregion gefangen.

Es kann jedoch durch bestimmte Prozesse in der Atmosphäre vorkommen, dass sich die Stratosphäre im Winter plötzlich stark erwärmt. Dadurch kann der Wirbel gestört werden und sich abschwächen, manchmal sogar ganz zusammenbrechen; man spricht von einem „Major Warming“. Dabei kann er verschoben werden, weg vom Pol, oder sich in zwei kleinere Wirbel aufspalten. Diese Störung kann sich in den folgenden Wochen nach unten fortsetzen, in die Troposphäre. Damit ist die Luftbarriere dahin, und kalte Polarluft kann nach Süden schwappen.

Störungen des Polarwirbels treten immer öfter auf

Der Deutsche Wetterdienst prognostizierte Anfang vergangener Woche ein solches Abschwächen des Polarstroms im Zeitraum zwischen Ende November und Anfang Dezember. Wenige Tage später berichteten erste Experten von einer beginnenden Störung des Polarstroms in der Stratosphäre.

„Tatsächlich haben die Prognosen und Modelle so ein Major Warming gezeigt“, sagt DWD-Meteorologe Oliver Reuter. Dass so eine Störung schon im November auftrete, sei dabei ungewöhnlich. Laut einer Analyse des Wetterportals Severe Weather Europe kam das in den vergangenen 70 Jahren so früh erst dreimal vor, 1958, 1968 und 2000. „Seit den 2000er-Jahren kommt es aber immer häufiger vor, dass diese plötzlichen Erwärmungen in der Stratosphäre zu beobachten sind“, sagt Reuter.

Für Deutschland halten sich Auswirkungen jedoch in Grenzen. „Nach meiner Datenlage ist von der aktuellen Erwärmung nicht mehr allzu viel übrig, sodass sich der Polarwirbel in den kommenden Tagen und Wochen wieder regenerieren sollte“, sagt Reuter. Auch die aktuelle Kältewelle in Deutschland habe nichts mit dem kurzzeitig gestörten Polarwirbel zu tun.

Die saisonale Klimavorhersage des DWD gibt Prognosen über die kommenden drei Monate ab, verglichen mit dem langzeitigen Mittel. Die aktuelle Vorhersage bis Februar zeigt mit einer Wahrscheinlichkeit von 86 Prozent eine starke Tendenz für einen normalen bis wärmeren Winter zwischen Dezember und Februar, verglichen mit dem Durchschnitt der Winter im Zeitraum von 1991 bis 2020.

Laut Oliver Reuter gibt es momentan auch keine Anzeichen, dass sich an dieser Prognose etwas ändern wird. „Allerdings ist das ja nur eine Trendprognose: Wie sich das Wetter dann im Einzelnen gestaltet, steht auf einem anderen Blatt“, sagt er. Winterliche Episoden mit Schnee, Eis und vielleicht auch Dauerfrost seien trotzdem möglich. Aber wer schon jetzt Prognosen über weiße Weihnachten macht – der ist auf sehr dünnem Eis unterwegs.

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