Ratgeber: Wie die Pflegeeinrichtung zur Wohlfühloase wird – Landkreis München | ABC-Z

„Gibt’s in dem Haus eine Seele?“, lautet eine Leitfrage, die man sich stellen sollte auf der Suche nach einer passenden Pflegeeinrichtung. Der Tipp stammt von einem, der es wissen muss: Peter Distler-Hohenstatt war selbst Pfleger, hat Pflegeeinrichtungen geleitet und ist nun im Landratsamt München unter anderem für die Überprüfung der 29 Einrichtungen im Landkreis zuständig. Nur in einem Haus mit Atmosphäre, Bildern und Farben, die einen ansprechen, kann man sich auch wohlfühlen, ist die Botschaft hinter der Frage. Und ja, man darf den Anspruch haben, sich in einer Pflegeeinrichtung wohlzufühlen. Damit man selbst oder auch Angehörige mal in einer Einrichtung landen, die das Potenzial zum Wohlfühlen hat, sollte man die richtige wählen. Wie das gelingt, verriet der Pflegeexperte in einem Vortrag der Volkshochschule Würmtal.
Eines vorweg: In Bayern spreche man nicht mehr von Pflegeheimen, sondern von Pflegeeinrichtungen, erklärte Distler-Hohenstatt. Das Wort „Heim“ sei stark stigmatisiert. Auch wenn die meisten Menschen nicht den Wunsch hegten, eines Tages in einer stationären Einrichtung versorgt zu werden, lasse es sich manchmal nicht vermeiden, weiß der Pflegeexperte. Gut, wenn man dann schon mal über seine Erwartungen an so eine Unterbringung nachgedacht hat. Der erste Schritt, die richtige Einrichtung zu finden, beginnt deshalb mit einem leeren Blatt Papier. Auf dem notiert man, was einem wichtig ist. „Das hilft später den Angehörigen, wenn sie für einen entscheiden müssen.“
Wichtig könnte einem etwa ein Einzelzimmer sein, ein eigenes Bad mit Toilette, ein flexibler Tagesablauf, der sich auch nach individuellen Bedürfnissen richtet, etwa, was Aufstehens-, Essens- und Schlafenszeiten angehe, meint Distler-Hohenstatt. In manchen Heimen gelte der Glaubenssatz: „Wenn der Nachtdienst kommt, sind alle im Bett“. Der Nachtdienst käme aber schon um 18.30 Uhr. Auch pflegebedürftige Menschen wollten dann nicht unbedingt schon ins Bett. Auch an eine gute Palliativversorgung sollte man denken. Das Thema könne schnell relevant werden, denn die meisten Menschen kämen erst im hohen Alter – zwischen 82 und 85 Jahren – in die Einrichtungen und verweilten dort laut Statistik durchschnittlich nur bis zu sechs Monate.

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Sind die eigenen Erwartungen geklärt, sollte man sich zwei bis drei Einrichtungen anschauen. Über die Homepage www.pflegelotse.de oder www.pflege-navigator.de kann man über die Postleitzahleneingabe nach Einrichtungen suchen. Oft helfe auch Mund-zu-Mund-Propaganda, sagt Distler-Hohenstatt: Haben Freunde und Nachbarn Erfahrungen? Das wichtigste sei, die Einrichtung selbst kennenzulernen und bei einem Besichtigungstermin viele Fragen zu stellen. „Eine gute Einrichtung nimmt sich Zeit dafür“, erklärt der Pflegeexperte.
Wenn er selbst eine Einrichtung besuche, fahre er als erstes Lift, verrät er. Hier erfährt man, wie transparent ein Haus mit Informationen umgeht: Hängt dort ein Speiseplan aus? Ist etwas über Freizeitangebote zu lesen? Bei der Besichtigung der Wohnbereiche sollte man darauf achten, was dort mit den Bewohnern geschehe. Ist mal jemand auf der Tischplatte eingeschlafen, sei das nicht gleich ein schlechtes Zeichen, Menschen mit einer Demenzerkrankung ermüdeten schnell. Allerdings sollte der Bewohner dort keinesfalls für länger ausharren müssen.
Wie wird mit Bewohnern umgegangen, die nicht ins Schema passen?
Auch ein Blick auf die Zimmertüren lohne sich: Stehen die Türen offen und jeder Fremde kann intime Einblicke erhalten, spreche das nicht gerade für die Wahrung der Privatsphäre. Auch die Ohren zu spitzen, lohnt sich. Wie wird miteinander gesprochen? „Respektvoll und auf Augenhöhe“, sei der Maßstab, sagt der Pflegeexperte. Auch Angebote zur Beschäftigung sollten eine Rolle spielen. „Wird hier gestaltet oder nur verwaltet?“, gibt Distler-Hohenstatt mit auf den Weg. Nicht für jeden passe das Gruppenangebot, deshalb sei es wichtig nachzuforschen, ob es auch Einzelangebote gebe.
Wie gut ein Heim ist, zeige sich auch daran, wie mit den wenigen Bewohnern umgegangen werde, die sich nicht ins Schema einfügten und ihre eigenen Bedürfnisse stärker auslebten: die nur mit Musik einschlafen können; die lieber auf dem Sofa im Wohnbereich schlafen, weil sie ein paar Geräusche um sich brauchen; die ihren Kaffee gerne schon morgen um sechs Uhr trinken. Eine Zuhörerin schilderte, wie in einer Einrichtung in einem anderen Landkreis ein solcher Bewohner sediert worden sei. Der Pflegeexperte riet, sich in so einem Fall an die Aufsichtsbehörde zu wenden, für den Landkreis München sei er das selbst.
Wenn es dann an die Entscheidung für eine Einrichtung geht, heißt es abzuwägen. Keine Einrichtung wird alle Bedürfnisse decken, aber die unverzichtbaren Kriterien, sollten erfüllt sein. Beratung rund um das Thema Pflege finden Landkreisbürger auch beim Pflegestützpunkt des Landkreises. Die Berater machen auch Hausbesuche.





















