Urteil in Traunstein: Hohe Haftstrafen für Mitglieder eines syrischen Schleuser-Clans – Bayern | ABC-Z

Der aufwendige Schleuserprozess am Landgericht Traunstein gegen vier Mitglieder des syrischen Al-Sarawi-Netzwerks ist früher als geplant und mit teilweise hohen Haftstrafen zu Ende gegangen. Das Gericht hat den Hauptangeklagten als führenden Kopf des international agierenden Clans am Dienstag zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Er ist demnach als Auftraggeber direkt für zahlreiche, teils lebensgefährliche Schleusungen verantwortlich – in einem Fall mit tödlichem Ausgang.
Zudem hat er nach Überzeugung des Gerichts zwei Morde an seiner Ex-Frau und an deren jetzigem Mann in Auftrag gegeben, die jedoch nach dem Auffliegen der Gruppe nicht mehr ausgeführt wurden. Ein mutmaßlicher weiterer, am Ende nicht tödlicher Mordanschlag auf seinen einstigen Schwiegervater in Syrien ließ sich für das Gericht aus der Ferne nicht zweifelsfrei aufklären.
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Das weitverzweigte Al-Sarawi-Netzwerk machen Ermittler seit einer Weile für einen großen Teil der Schleusungen aus Syrien über die sogenannte Balkanroute nach Europa verantwortlich. Den vier selbst in Syrien geborenen Männern, die zuletzt im Norden Deutschlands lebten und nun in Traunstein vor Gericht standen, warfen die Staatsanwälte vor, insgesamt mehrere Hundert Menschen nach Europa geschmuggelt zu haben.
Bei einer Schleusung sollen im Grenzgebiet zwischen Belarus und Lettland zwei Schwestern ums Leben gekommen sein. Eine von ihnen starb demnach völlig entkräftet in einer lettischen Klinik, die andere kurz nach ihrer Zurückweisung aus Lettland in einem Wald in Belarus. Als bewiesen sahen die Richter aber nur einen dieser beiden Todesfälle an.
In dem Mammut-Prozess, der bereits im September begonnen hatte und unter größten Sicherheitsvorkehrungen stattfand, musste sich das Gericht auch darüber hinaus mit zahlreichen einzelnen Schleusungen befassen. Pro geschleuster Person verlangte der Clan mehrere Tausend Euro – bei garantierter Ankunft in Europa.
Einer der Angeklagten hat für die Gruppe als sogenannter Hawaladar den Zahlungsverkehr abgewickelt. Er erhielt dafür zwei Jahre Haft auf Bewährung. Zugutehielten ihm die Richter dabei, dass er im Prozess genaue Angaben zu dem informellen Zahlungssystem gemacht hatte, dass ihm keine direkte Beteiligung an einzelnen Schleusungen nachgewiesen werden konnte – und dass er schließlich selbst zum Opfer seiner Komplizen geworden ist.
Denn der Haupttäter und ein weiterer Angeklagter, der für sieben Jahre und neun Monate ins Gefängnis muss, haben einen gewalttätigen Raubüberfall auf ihn begangen. Der vierte Angeklagte erhielt für mehrere, teils lebensgefährliche Schleusungen vier Jahre und neun Monate Haft.
Ausgangspunkt war eine Fahrzeugkontrolle am Samerberg im Mai 2022
Der ganze Prozess war ursprünglich auf mehr als 20 Verhandlungstage angesetzt und hätte sich demnach noch bis kurz vor Weihnachten hinziehen können. Das Gericht hat Dutzende Zeugen vernommen, doch drei der vier Angeklagte im Alter von 28 bis 44 Jahren hatten sich zunächst kaum geäußert. Zuletzt hatten sich alle Prozessbeteiligten jedoch auf einen gewissen Strafrahmen im Gegenzug für Geständnisse geeinigt, was dem Gericht nun weitere aufwendige Verhandlungstage erspart und den Prozess deutlich verkürzt hat.
Der Vorsitzende Richter lobte in seinem Urteil nach Angaben einer Gerichtssprecherin ausdrücklich die „herausragende“ Ermittlungsarbeit, die in diesem Fall nicht nur zu einzelnen Schleuserfahrern geführt hat, sondern auch zu den Hintermännern des ganzen Netzwerks. Diese Ermittlungen hatten sich nach früheren Angaben der Traunsteiner Staatsanwälte auf insgesamt 13 Länder erstreckt. Ausgangspunkt war demnach eine Fahrzeugkontrolle auf der Raststation Samerberg an der A8 im Mai 2022, bei der bayerische Grenzpolizisten in einen BMW mit Hannoveraner Kennzeichen drei eingeschleuste Syrer entdeckt hatten.





















