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Gefeierte Premiere am Hoftheater Bergkirchen für einen Bühnenneuling – Dachau | ABC-Z

Da sitzt ein alter Knacker in seinem Sessel, eingemümmelt in eine karierte Wolldecke und schaut mit verkniffenem Gesichtsausdruck und starrem Blick scheinbar ins Nirgendwo. Kümmert den rotzigen 16-jährigen, der da gerade die geschlossene Station eines Altenheims betritt, aber nicht die Bohne. Mit aufgesetzter Nonchalance erklärt er dem Alten, er sei zu Sozialstunden verdonnert worden, weil er ein Moped geklaut habe; er kommentiert alles und jeden in diesem trostlosen Ambiente – und wird immer nervöser, weil der Mann so gar nicht reden will.

Das ist der Auftakt zu einer irrsinnig schönen Geschichte um und mit dem Boxer Leo (Ansgar Wilk) und dem Sprücheklopfer Jojo (Noa Kaiser). „Das Herz eines Boxers“ hat Autor Lutz Hübner dieses Stück genannt. Vor kurzem war die ausgelassen gefeierte Premiere im Hoftheater Bergkirchen. Der begeisterte Applaus galt nicht nur dem erfahrenen Schauspieler und Regisseur Ansgar Wilk, sondern zu gleichen Teilen dem jungen Noa Kaiser. Denn für ihn war „Das Herz eines Boxers“ gleichfalls die lang ersehnte Premiere in einem professionellen Theater.

Wie war das für ihn? „Es geht alles viel leichter mit einem Oberprofi. Ansgar war wie ein Fels in der Brandung“, resümiert Noa Kaiser. Was ziemlich gut den Gemütszustand des 23-Jährigen in der anstrengenden Probenphase beschreibt. „Wir haben das Stück gemeinsam erarbeitet, das war aufregend und eine tolle Erfahrung“, sagt er. Nun aber strahlt er vor Glück ob des Erfolgs beim Publikum, dessen Herz er im Sturm erobert hat, wie die Kommentare nach Ende der Vorstellung zeigen.

„Ich will überall den Kopf hinhalten.“

Noa Kaiser ist in Vaduz/Liechtenstein aufgewachsen. Er lebt jetzt in München, hat aber immer noch viele Verbindungen in seine Heimatstadt. Das sei ihm wichtig, sagt er. „Mein erster Traum war, ein Rockstar zu werden“, erzählt der junge Schauspieler. Doch schließlich hat er sich fürs Theater entschieden, obwohl er in Jugendbands und im Studio reichlich Musikerfahrung gesammelt hat. Warum? „Ich will spielen, spielen, spielen. Ich will überall den Kopf hinhalten“, sagt er. Und weiß ganz genau, dass er sich „den schönsten Beruf, den man aber nicht weiterempfehlen kann“, ausgesucht hat.

Im vergangenen Jahr hat Noa Kaiser seine Ausbildung an der Neuen Schauspielschule München erfolgreich abgeschlossen, hat in Kindertheater-Produktionen gespielt – und nun sein erstes festes Engagement. Wie es dazu kam? „Ich habe ungefähr 60 Bewerbungen geschrieben. Und das Hoftheater hat sogar geantwortet,“ sagt Noa Kaiser lachend. Anders als beispielsweise an städtischen Bühnen muss er sich im Hoftheater aber gleich auf mehrere sehr unterschiedliche Rollen vorbereiten. So wird er in der Silvesterproduktion in Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ den Orpheus singen und spielen. In Goethes „Faust“ ist er Mephisto, und in Heinrich von Kleists „Der zerbrochene Krug“ gibt er dem „Schreiber Licht“ Gestalt und Stimme.

Große Bandbreite in der ersten Saison

Eine ziemliche Bandbreite für die erste Theatersaison. Doch damit nicht genug. Das Hoftheater firmiert als „Neue Werkbühne“ auch als Schultheater. Was nicht nur Tourneen im gesamten bayerischen Raum bedeutet, sondern auch tätige Mithilfe beim Auf- und Abbau heißt. Wie ist das für Noa Kaiser, einmal vor „klassischem“ Theaterpublikum zu spielen und am nächsten Tag womöglich in der Schulaula zu stehen? „Kinder und Jugendliche sind viel direkter als Erwachsene. Da muss man selbst klar und direkt sein. Meine Aufgabe ist es, ihnen Geschichten zu erzählen, in denen sie sich wiederfinden können“, sagt er – und freut sich schon tierisch, die Geschichte von Jojo und dem als „Roter Leo“ agierenden ehemaligen Boxer zu erzählen.

Denn, so erheiternd der Beginn dieser Theater-Story auch ist, so ernst ist der Hintergrund: Generationenkonflikte und ihre Auflösung, gewaltbereites Mobbing und friedliche Gegenstrategien auf dem Sportplatz, Tristesse im Heim und was man dagegen tun kann, Mut und Wagemut – das sind die Stichworte, die Noa Kaiser und Ansgar Wilk auf der Bühne mit Leben erfüllen. Bleibt noch die Frage, ob der junge Schauspieler eigentlich Lampenfieber hat. Hat er. „Die Angst vor dem ersten Satz ist immer Tod und Verderben. Aber dann flutscht es“, sagt er und widmet sich endlich der Premierenfeier.

Der Spielplan des Hoftheaters in Bergkirchen ist unter hoftheater-bergkirchen.de/spielplan zu finden.

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