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Rathäuser in Starnberg und Pöcking setzen auf Künstliche Intelligenz – Starnberg | ABC-Z

Der Verwaltungsapparat in Städten und Gemeinden ist eine komplizierte Angelegenheit. In vielen Rathäusern stapeln sich noch immer Unterlagen, Anträge, Dokumente und Schriftverkehr auf Papier in unzähligen Aktenordnern. Manch simple Vorgänge ziehen komplizierte Verfahren nach sich, einfache Anfragen geraten zur Geduldsprobe. Der digitale Wandel ist bislang ein oft bemühtes Schlagwort, in der Praxis aber ein zähes Ringen. Im Kampf gegen überbordende Bürokratie und zeitfressende Vorgänge könnte Künstliche Intelligenz (KI) ein hilfreiches Instrument sein.

In Gauting etwa ist neuerdings der KI-Chatbot „Karl“ im Einsatz, der einfache Anfragen ans Rathaus rund um die Uhr schnell beantworten soll. Auf der Homepage der Stadt Starnberg hilft „Bavaria“ dabei, sich im Verwaltungsdschungel zurechtzufinden. Sowohl „Karl“ als auch „Bavaria“ sind allerdings noch in der Lernphase: Nicht immer ergeben die Auskünfte zwingend einen Sinn.

In Starnberg und Pöcking hat man die Zeichen der Zeit schon 2023 erkannt und mit Gründung der Zentrale Informationstechnologie Organisation ZIO GmbH die Belange einer modernen IT-Infrastruktur gebündelt. Der kommunale Dienstleister mit seinen insgesamt 600 Mitarbeitenden, der sich bayernweit in einer Pionier-Rolle sieht, kümmert sich um Wartung, Beratung, Cloud-Services und das IT-Security-Management für Starnberg, die Gemeinden Andechs, Berg, Feldafing, Pöcking und Tutzing sowie das Kommunalunternehmen zur Trinkwasserversorgung für Pöcking und Tutzing. Hier wird sich Entscheidendes ändern: Seit vergangener Woche kommt erstmals das KI-basierte Tool „Basebox“ als Assistenz- und Verwaltungswerkzeug zum Einsatz, das alle Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit erfüllen soll.

Das neue KI-Tool, das Verwaltungen effektiver und schneller arbeiten lassen soll, wurde in den vergangenen Monaten ausgiebig getestet. Im Fokus stand dabei die Frage: Wie kann man KI in Verwaltungen unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben und mit dem Schutz kritischer Daten auf sichere Art nutzen? In Zusammenarbeit mit der Uttinger Firma Basebox entstand ein Produkt, das diese Bedingungen maßgeschneidert zu erfüllen scheint. Neben klassischen KI-Anwendungen – etwa das schnelle Zusammenfassen von Texten, die Erstellung von Posts in Social Media, das Formulieren von Schreiben oder im Einsatz als Sprachassistent – bietet Basebox weitere Möglichkeiten. Dazu gehört das Erstellen von Beschlussvorlagen, die automatisierte Erstellung von Bescheiden, die Durchführung von Wahlabfragen oder die Auswertung von Umfragen.

Ludwig Beck (links) und Sven Neumann stehen als Geschäftsführer der ZIO GmbH an der Spitze des IT- Unternehmens. Die „Zentrale Informationstechnologie Organisation“ wurde 2023 gegründet und betreut die Stadt Starnberg sowie die Gemeinden Andechs, Berg, Feldafing, Pöcking und Tutzing. (Foto: Arlet Ulfers)

Die beiden ZIO-Geschäftsführer Ludwig Beck und Sven Neumann sind jedenfalls überzeugt vom Nutzen des neuen KI-Tools. Als Test stellte Neumann, im Hauptberuf geschäftsleitender Beamter der Gemeinde Pöcking, die KI vor die Aufgabe, eine neue Plakatierverordnung auf Basis bereits bestehender Satzungen, Verordnungen und Gesetze zu entwerfen. Das Ergebnis war verblüffend: „Ich war absolut überzeugt“, sagt er, „es ging auch sehr schnell.“ Zumal die KI auf einen wichtigen fehlenden Aspekt aufmerksam machte: Wo soll man einen entsprechenden Antrag bei der Gemeinde stellen? Der Entwurf der KI wird nach Prüfung durch das Ordnungsamt demnächst im Gemeinderat verhandelt.

Allerdings ist der KI keinesfalls blindlings zu vertrauen. „Man muss das immer prüfen und hinterfragen“, sagt Beck, Chef der Starnberger Rathausverwaltung. Auch hat das Tool keinerlei juristische Kompetenzen und soll laut Beck auch niemals Entscheidungen treffen – das bleibt weiterhin den kommunalpolitischen Gremien vorbehalten. Für den Bürger aber könnten sich Vorteile ergeben: Weil die Verwaltungen mit Basebox effizienter arbeiten, „kann es sein, dass man schneller im Abwägungsprozess ist“, sagt Beck. Das könnte beispielsweise Anfragen ans Rathaus ebenso betreffen wie die oft überlangen Verfahren zu Bauanträgen. Digitalisierte Gemeinden seien klar im Vorteil, sagt Beck.

Die Uttinger Firma Basebox entwickelt auch Anwendungen für Krankenhäuser

Freilich ist das nur der Anfang. „Die Reise hat erst begonnen“, sagt Neumann. Die technischen Möglichkeiten der KI seien noch weitgehend unbekannt, „der Horizont ist noch gar nicht absehbar“, sagt Beck. Für ZIO und Basebox bietet die Zusammenarbeit beiderseitig Vorteile, man sieht sich bayernweit gar in einer Pionier-Rolle. Die junge Uttinger Firma entwickelt KI-Infrastrukturen speziell für Behörden, Krankenhäuser und Versicherungen. Sie soll dabei helfen, „Bürokratie abzubauen und redundante Arbeitsschritte zu eliminieren“ – alles bei höchster Datensicherheit in der eigenen IT-Infrastruktur.

Wie sich die KI-Tools in der täglichen Praxis machen, bleibt noch abzuwarten. Unterschiedliche Anwendungsbereiche sind denkbar, zumal die KI stets dazulernt. Für den Einsatz gibt es ein weites, bislang undefiniertes Feld. Allerdings können Anwender den digitalen Assistenten bislang auch leicht auf Abwege bringen: Unsinnige oder zu unkonkrete Fragen ergeben dann auch unsinnige Antworten von „Karl“ und „Bavaria“.

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